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Mistreß Branican

Mistreß Branican

Titel: Mistreß Branican
Autoren: Jules Verne
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die Trennung mußte beiden schwer fallen!
    – Sehr schwer, John, fuhr Len Burker fort, aber nach einigen Jahren kam der Tag, wo die Trennung ein Ende nahm. Vor ungefähr elf Monaten trafen wir Vorbereitungen, Australien zu verlassen und nach San-Diego zurückzukehren, als eine unerwartete Nachricht unsere Abreise aufhielt. Man hatte soeben erfahren, was aus dem »Franklin« geworden war, wo er scheiterte, und zu gleicher Zeit entstand das Gerücht, daß der einzige Ueberlebende des Schiffbruches als Gefangener bei einem australischen Stamme sich aufhalte, und das waren Sie, John!…
    – Aber wie hat man dies erfahren können, Len?… Hat Harry Felton?…
    – Ja, diese Nachricht brachte Harry Felton… fast am Ziele, wurde Ihr Gefährte ganz erschöpft an den Ufern des Parrn, im Süden von Queensland, gefunden und nach Sydney gebracht…
    – Harry… mein braver Harry… rief der Capitän John aus. Ach, ich wußte, daß er mich nicht vergessen würde… Als er in Sydney ankam, organisirte er gewiß gleich eine Expedition?
    – Er ist todt… gestorben an den Strapazen!…
    – Todt!… wiederholte John. Mein Gott!… Todt!… Harry Felton… Harry… Thränen stürzten aus seinen Augen.
    – Doch bevor er starb, fuhr Len Burker fort, konnte Harry Felton noch Alles erzählen, was nach dem Schiffbruche des »Franklin« vorgefallen war… Ich stand an seinem Bette… Ich hörte Alles… Alles aus seinem Munde… Dann schlossen sich seine Augen, John, indem er noch einmal Ihren Namen aussprach…
    – Harry!… Mein armer Harry!… murmelte John bei dem Gedanken an die furchtbaren Leiden, denen dieser treue Freund, welchen er nie mehr sehen würde, zum Opfer gefallen war.
    – John, sagte Len Burker weiter, der Schiffbruch des »Franklin,« über den man vierzehn Jahre hindurch ohne jede Nachricht war, brachte eine tiefe Bewegung hervor. Sie können sich daher vorstellen, welche Sensation es machte, als es auf einmal hieß, daß Sie lebten… daß Harry Felton Sie einige Monate vorher in der Gefangenschaft eines nördlichen Stammes zurückgelassen habe… Ich telegraphirte sofort an Dolly, indem ich sie zugleich in Kenntniß setzte, daß ich mich auf den Weg mache, um Sie den Händen der Indas zu entreißen, was etwas ganz Leichtes wäre, da es sich, nach den Berichten Harry Felton’s, nur um ein Lösegeld handle… Dann organisirten wir eine Expedition, deren Führung ich übernahm, und so brachen denn ich und Jane von Sydney auf. Seitdem sind sieben Monate verflossen… während der wir den Fitz-Roy erreichten… Endlich kamen wir mit Gottes Hilfe in das Lager der Indas…
    – Tausend Dank, Len, tausend Dank… rief der Capitän John aus. Was Sie da für mich thaten…
    – Hätten Sie unter gleichen Umständen auch für mich gethan, antwortete Len Burker.
    – Gewiß!… Und wo ist Jane, diese muthige Frau, welche sich nicht gescheut hat, so vielen Gefahren zu trotzen?
    – Drei Tagereisen von hier entfernt, bei zweien meiner Leute, erwiderte Len Burker.
    – Ich will sie sehen…
    – Ja, John, und ich habe sie nur deshalb nicht mit hierhergenommen, weil ich nicht wußte, welche Aufnahme ich bei den Indas finden würde…
    – Aber Sie sind doch nicht allein hier?
    – Nein, ich habe meine Escorte hier, die aus etwa zwölf Schwarzen besteht. Ich bin seit zwei Tagen in diesem Thale…
    – Seit zwei Tagen?
    – Ja, und ich habe sie wohl zu verwenden gewußt, denn dieser Willy hing sehr an Ihnen, lieber John… Er kannte Ihren Werth… Ich mußte lange mit ihm unterhandeln, bis er einwilligte, Sie gegen ein Lösegeld freizugeben.
    – So bin ich also frei?
    – So frei wie ich selbst.
    – Aber die Indas?
    – Sind mit ihrem Häuptling weitergezogen und nur wir sind noch im Lager.
    – Fort?
    – Seht selbst.«
    Der Capitän stürzte aus der Hütte.
    In diesem Augenblicke waren am Ufer des Flusses nur die Schwarzen der Escorte; nirgends war einer der Indas zu sehen.
    Wir erkennen, was in dem Berichte Len Burker’s Wahrheit und Lüge war. Von dem Wahnsinne der Mrs. Branican sagte er kein Wort; die große Erbschaft, die Dolly durch den Tod Edward Starter’s zugefallen war, verschwieg er; die erfolglosen Fahrten des »Dolly-Hope« durch die Gewässer der Philippinen und die Meerenge von Torres im Jahre 1879 und 1880 existirten nicht für ihn. Kein Wort von der Unterredung der Mrs. Branican mit Harry Felton! Nichts von dem furchtbaren Marsche dieser muthigen Frau durch die Große Wüste! Nur er allein hatte mit
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