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Mission Spyflight

Mission Spyflight

Titel: Mission Spyflight
Autoren: Ilkka Remes
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…«
    »Wenn man ein Foto ins Netz stellt, muss es einen angemessenen Hintergrund haben. Und was wäre würdiger als der Dom? Fang schon an zu knipsen«, sagte Niko und reichte Aaro die Digitalkamera. Er selbst machte die |36| obersten Knöpfe seines Hemds auf und posierte bei offenem Fenster am Steuer.
    »Wir können bei der Gelegenheit auch gleich eine Partnersuche-Anzeige für dich machen«, rief Aaro hinter der Kamera. »Ehemaliger Mercedesbesitzer sucht Begleitung mit Kenntnissen im Wagenwaschen.«
    Nikos sonniges Lächeln war aber durch keinen Spott der Welt zu beeinträchtigen. Nachdem Aaro eine akzeptable Aufnahme zustande gebracht hatte, sprang er wieder in den Wagen und Niko brauste davon, gerade als sich zwei misstrauische Politessen näherten.
    Vor dem Naturkundemuseum stieg Aaro aus und verschwand nebenan im Inneren des unterirdischen Busbahnhofs. Sie hatten ausgemacht, dass er mit dem Bus nach Porvoo fahren sollte, um das Verkaufsinserat ins Netz zu stellen, und Niko sich inzwischen in Helsinki um die Autoimport-Bürokratie kümmerte.
    Als Aaro wenig später im Bus saß, kehrte das unangenehme Gefühl in seinem Magen zurück. Alles war ein bisschen
zu gut
gelaufen. Irgendetwas ließ ihm keine Ruhe. Aber was war das nur? Hatte die seltsame Ahnung am Ende doch mit dem dubiosen Mann zu tun, der ihnen das Auto verkauft hatte?

|37| 7
    Major Andrej Sabalin stand in der Organisationszentrale für Auslandsoperationen im zweitobersten Stock des Aquariums. Bei gutem Wetter konnte man von hier die bunten Türme des Kreml erkennen, aber jetzt lag durch die frühe Hitze und die Abgase Smog über der Stadt.
    Der Leiter des Nahbereichs Nordwest nahm einen weinroten finnischen Pass aus seiner Schreibtischschublade und schob ihn zu Sabalin hinüber. Der Pass war auf den Namen Karl Mäyrä ausgestellt und zwischen seinen Seiten ragte ein frisches Finnlandvisum heraus.
    »Du darfst wieder mal ein Ingermanland-Finne sein«, sagte der Einsatzleiter und zündete sich einen übel riechenden Zigarillo an. »Lebst seit zehn Jahren in Finnland. Du kannst ja die Sprache ein bisschen, die Tarnung ist also perfekt. Die Legende findest du in dem Umschlag hier. Frau und zwei Kinder in Joensuu, angestellt im Büro eines Metall verarbeitenden Betriebs.«
    »
Selvä «
, antwortete Sabalin prompt auf Finnisch: alles klar.
    »Du nimmst dir ein Hotelzimmer in Helsinki. Dort bekommst du Unterstützung von zwei echten Ingermanländern aus unserer operativen Abteilung.«
    |38| »Ich reagiere also spontan aufgrund der Informationen und Abhörberichte, die ich von unserer Botschaft in Helsinki bekomme?«
    »Genau. Du solltest dich auf alles vorbereiten. Auch darauf, dass du zum Beispiel Festplatten von schwierigen Orten beschaffen musst. Etwa aus dem Tresor einer finnischen Firma.«
    Sabalin nickte überrascht. Die Nordwest-Abteilung des GRU vermied normalerweise Operationen, bei denen die Gesetze des Nachbarlandes gebrochen wurden   – außer in einer Notlage oder wenn es für das nationale Wohl Russlands unumgänglich war. Das nationale Wohl war neuerdings eine anspruchsvolle Angelegenheit, denn die Energiemilliarden, die aus dem Ausland nach Russland flossen, brachten dem Land allmählich seine Großmachtstellung zurück. Und in dem Zusammenhang erhielt die Armee eine wichtige Bedeutung.
    Das Beschaffen von Informationen, die mit »Hermes« zu tun hatten, wurde eindeutig hoch eingestuft. Sabalin war zufrieden, weil seine zwei Mitarbeiter vor Ort die Sprache des Ziellandes fließend sprachen. Sie hatten schon vor zehn Jahren mühelos die finnische Staatsbürgerschaft erhalten und lebten seitdem im Land, wobei sie sich, wie viele Kollegen, ständig für den GRU in Reservebereitschaft hielten. Die Entscheidung der finnischen Regierung, die Immigration der rund um Sankt Petersburg lebenden Ingermanland-Finnen zu erlauben, war für die russischen Geheimdienste ein unvorhergesehener Lottogewinn gewesen.
    |39| »Das dürfte alles sein«, stellte Sabalin fest. Er wollte so schnell wie möglich hinaus, denn die penible, kühle Intelligenz des Einsatzleiters hatte immer etwas an sich, das ihm Kälteschauer über den Rücken jagte.
    »Das ist alles, Genosse Major«, sagte der Einsatzleiter. »Deine Mutter wird doch sicherlich eine Begleitung finden für die Vorstellung heute Abend im Bolschoi?«
    »Doch, doch, ihre Schwester wird mitgehen. Aber das weißt du sicherlich längst«, gab Sabalin zurück und schloss die Tür hinter sich etwas lauter
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