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Mission Munroe. Die Sekte

Mission Munroe. Die Sekte

Titel: Mission Munroe. Die Sekte
Autoren: Taylor Stevens
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den Rückweg schon spürbar sicherer zurückgelegt hatte als den Hinweg, legte sie sich wieder ins Bett, schloss die Augen und sagte: »Wo bin ich?«
    »In Montevideo«, erwiderte Munroe. »Hast du Hunger?«
    »Schrecklichen Hunger«, flüsterte sie.
    Munroe stellte das Tablett dicht ans Bett, damit Hannah es sehen und sich bedienen konnte.
    »Wer sind Sie?«, wollte Hannah wissen, doch dann entdeckte sie das reichhaltige Sortiment an facturas auf dem Tablett, und ihre Frage verlor rasch an Bedeutung.
    »Ich heiße Miki«, sagte Munroe. »Wir haben doch den ganzen Tag lang zusammen in der Küche gestanden, weißt du noch?«
    Es gab keinen Grund zu erwähnen, wie viel Zeit seither verstrichen war. Eine künstliche Betäubung war etwas anderes als Schlaf. Hannah hatte keine Ahnung von den Stunden, die sie verloren hatte. Für sie war es jetzt einfach der Tag danach.
    Hannah nickte. Während die Nebelschleier in ihrem Kopf sich nach und nach lichteten, traten Sorgenfalten auf ihr Gesicht, aber keine Panik. Dieses Kind war sein Leben lang von einem Ort zum anderen geschafft, war ständig irgendwelchen Fremden anvertraut worden.
    »Du siehst irgendwie anders aus«, sagte Hannah. »Was ist denn mit deinem Gesicht passiert?«
    »Ich hatte einen schlimmen Streit«, erwiderte Munroe und grinste. »Der andere war ungefähr drei Meter groß.
Ich musste auf einen Stuhl klettern, damit ich überhaupt an ihn rangekommen bin, aber ich hab ihm trotzdem eine ordentliche Tracht Prügel verpasst.«
    Hannah lächelte. »Vielleicht mit einer Leiter«, sagte sie und aß. Zwischen den einzelnen Bissen kamen die Fragen. »Wo sind wir? Warum sind wir hier? Wo ist Sunshine?«
    Sunshine ? Ach so, Sunshine hieß die Frau, hinter der Gideon her war.
    »Sie ist nicht mitgekommen«, erwiderte Munroe, was nur die freundlichere, behutsamere Version war von: Sie hatte kein Recht, dich mitzunehmen .
    Hannah nahm einen Bissen und dann noch einen, hatte den Blick gesenkt, verarbeitete, dachte nach. »Wieso bin ich hier?«, sagte sie. »Ich darf eigentlich gar nicht hier sein. Ich habe keine Erlaubnis. Wo ist Elijah, wo ist Morningstar? Wo ist meine Mom?«
    »Es gibt da ein paar Menschen, die dich sehr lieb haben und die sich gerne mit dir treffen möchten.«
    Hannah schwieg erneut und aß weiter, verschlang viel mehr, als ein Kind von ihrer Größe eigentlich verkraften konnte. Aber solche Speisen waren in den Oasen eine absolute Rarität. Das war einer der Gründe, warum Munroe genau das bestellt hatte.
    Als Bestechung.
    »Haben sie mich wegen dir aus der Oase weggeschickt? Hast du mich entführt?«
    »Ja«, antwortete Munroe. »Das habe ich.« Ihre Stimme klang sanft. Weich. Das, was sie jetzt tun würde, war alles andere als einfach, aber sie musste es tun.
    Hannah lief rot an. Tränen drangen ihr in die Augen. »Warum? Warum hast du das getan? Ich muss wieder zurück.«
    »Erzähl mir was über deinen Dad«, sagte Munroe.
    Hannahs Stimme wurde einen Tick höher. Die Tränen wurden von der Wut abgelöst. »Von mir erfährst du ganz bestimmt nicht, wo er lebt, falls es darum geht. Ich weiß nicht, wo er ist, aber selbst wenn, ich würde es dir nicht verraten. Niemals. Das wäre …« Ihre Stimme brach, als würde sie nach den richtigen Worten suchen. »Das wäre illoyal gegenüber Gott und dem PROPHETEN .«
    »Also gut«, meinte Munroe. »Dann erzähl mir was über deine Mom.«
    »Welche?«
    »Deine richtige Mom.«
    Hannah verfiel in Schweigen. Jetzt war sie weder die selbstbewusste, aufmüpfige Jugendliche aus der Küche noch das wütende Mädchen, das sie noch vor wenigen Sekunden gewesen war. »Meine Mom hat mich verstoßen«, sagte sie.
    »Kannst du dich an sie erinnern?«
    Hannah fing erneut an zu weinen. Dicke Tränen liefen ihr über die Wangen und den Hals hinab. In der Küche hatte sie eine innere Stärke vorgetäuscht, die sie gar nicht besaß. In Wirklichkeit war sie ein verlassenes, kleines Mädchen, das sich mit jeder Faser danach sehnte, gewollt und angenommen zu werden. Munroe zog sie an sich und hielt sie fest, bis ihre Tränen versiegt waren. Dann flüsterte sie: »Und wenn ich dir sagen würde, dass deine Mutter dich bei sich haben will? Dass sie sich nichts mehr wünscht als das?«
    Hannah richtete sich auf und schob Munroe weg, wischte sich trotzig mit der Hand übers Gesicht. »Das wäre mir egal«, sagte sie. »Sie ist ein Teil der LEERE .«
    »Die LEERE ist ein furchterregender Ort, nicht wahr?«, entgegnete Munroe.
    »In der
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