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Missbraucht

Missbraucht

Titel: Missbraucht
Autoren: Reinhard Berk
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Spiel stand. Es war seine Stadt, er war mächtiger als der Bürgermeister. Er war einer der reichsten Männer im Ort, als Einzelunternehmer der größte Arbeitgeber und der wichtigste Steuerzahler. Er war im Vorstand vom TuS und vom Musikverein. Baumel stand, obwohl kinderlos, dem Förderverein des örtlichen Gymnasiums vor und spendete jedes Jahr eine nicht unerhebliche Summe für das Jugendheim, das der Kreis hier in Montabaur unterhielt . Zum Direktor der Einrichtung war Dr. Friedhelm Heb ernannt worden, der ohne den Einfluss von Frank Baumel diese Stelle nie hätte einnehmen können. Beide waren Jahrgang 1948 und bis zu ihrem Abitur verbrachten sie den größten Teil ihrer Zeit zusammen. Nichts konnte sie auseinander treiben, wie es schien. Baumel war außerdem der frisch ausersehene Wunschkandidat der FSU, die er in zwei Monaten als Fraktionsvorsitzender, anstelle des an Krebs erkrankten Dr. Westerberger, im Mainzer Landtag führen sollte. Seine Wahl war lediglich noch eine Formsache, die Chancen dafür standen sehr gut, zumal der Gegenkandidat eigentlich nur aus formellen und taktischen Gründen gegen ihn antrat. Die FSU wollte mit Jürgen Malchow, einem 68-jährigen Rechtsanwalt aus Bitburg, ihren Wählern und Anhängern lediglich demonstrieren, wie demokratisch die Posten in der Partei vergeben werden. Jürgen Malchow selbst würde, kurz vor der Abstimmung, seinen Verzicht auf den Fraktionsvorsitz aus privaten Gründen bekannt geben. Im Gegenzug hatten ihm die Entscheidungsträger den lukrativen Vorsitz der parteinahen Walter Bock Stiftung angetragen. Mit der Vorstellung, sein Polit-Rentner-Dasein auf diesem finanziell gut gepolsterten Sessel des Vorsitzenden zu verbringen, konnte sich der honorige Anwalt aus der Eifel sehr gut anfreunden. Frank Baumels politischer Aufstieg war durch dieses kleine Postengeschacher richtig ins Rollen gekommen. Bis dahin beschränkte sich seine politische Arbeit nur auf die kommunale Ebene, jetzt stand ein Quantensprung bevor.
    Seine Präsenz im Ort war allgegenwärtig und seine joviale Art hatte ihm viele Freunde und Sympathisanten eingebracht. Seit dem Tod seiner Mutter wohnte er alleine in einem schmucken, vollständig renovierten Altbau ganz in der Nähe des Jugendheims. Über irgendwelche Frauengeschichten wurde eigentlich nicht gesprochen, da niemand etwas zu berichten wusste. Nur Dr. Friedhelm Heb, als bester Freund, äußerte ab und an in fröhlicher Runde, dass Baumel es doch dicker hinter den Ohren hätte, als allgemein angenommen. Dann dachten die meisten an die vielen Reisen von ihm, nach Thailand oder auf die Philippinen und dass er sich dabei schon das ein oder andere Vergnügen leisten würde. Zumal er bei öffentlichen Auftritten gerne die weibliche Nähe suchte. Niemand konnte sich vorstellen, dass er ein Pädophiler war. Außer Dr. Heb und Uwe Stromberg.

    *

16.06.1994
    Also darum hatte ihn Friedhelm heute Abend hierhin bestellt. Deshalb sollte er 10000 Mark in bar mitbringen und deshalb tat der Doktor so geheimnisvoll am Telefon . Baumel wurde sofort klar, dass die Frau bei ihrem Treffen Regie führte, dass Uwe ihr williger Handlanger war und dass Friedhelm sich scheinbar schon an diese Nicoletta ausgeliefert hatte. Seine Lage war zum jetzigen Zeitpunkt aussichtslos. Er suchte verzweifelt nach einer Lösung, stellte aber fest, dass er diese erste Runde verloren geben musste. Das passte so gar nicht zu ihm. Ein Frank Baumel gehörte nicht zu den Loosern. Er war es, der Anderen sagte, wo es lang geht. In dieser Art und Weise und in diesem Ton war seit dem Tod seines Vaters nie jemand mit ihm umgesprungen. Irgendwie musste er sich die Drei früher oder später vom Hals schaffen, zumindest Uwe und die Hexe. Friedhelm würde er noch brauchen, denn auf das Zusammensein mit dem Kleinen wollte er nicht verzichten. Er liebte ihn doch.
    Baumel stand auf, drehte sich Richtung Stromberg und fummelte nervös an seinem Hemdkragen.
    "Okay, hier ist das Geld, aber ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass ihr mich weiterhin erpressen könnt. Nehmt das Geld und dann würde ich sagen Uwe, du legst deinem Herzblatt nahe, dass sie die Kurve kratzt und sich hier nicht mehr blicken lässt . Am besten, du gehst gleich mit." Er merkte, diese versteckte Drohung würde verpuffen, aber es verschaffte ihm doch ein gutes Gefühl, ihnen gesagt zu haben, dass sie sich nicht zu sicher vor ihm fühlen sollten.
    Dr. Heb wusste, dass ab diesem Abend nichts mehr so sein würde, wie er es bisher
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