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Miss Winbolt ist schockiert

Miss Winbolt ist schockiert

Titel: Miss Winbolt ist schockiert
Autoren: Sylvia Andrew
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William wunderte sich nicht, dass sie dabei keinen Erfolg hatte, denn das gesuchte Gemälde befand sich in Shearings. Er beschloss, dem Theater ein Ende zu bereiten.
    „Mrs. Fenton, würden Sie mir freundlicherweise verraten, was Sie tatsächlich in meinem Haus suchen?“, fragte er in einem ganz anderen Ton als zuvor.
    Sie erschrak. „Ich … ich bin nicht sicher, was Sie meinen.“
    „Sie haben mir Ihre Hilfe angeboten, aber Sie scheinen sich gar nicht für meine Pläne zu interessieren.“
    „Wollen wir hinausgehen?“, schlug sie verunsichert vor. Schweigend hielt er ihr die Tür auf. Sie gingen durch die Eingangshalle. Draußen blickte sie ihn verwegen an, und er überlegte, was sie ihm gleich erzählen würde.
    Sie lachte leise und zuckte mit den Schultern. „Ich sehe, man kann Sie nicht täuschen. Es war dumm von mir, das zu denken. Aber Ihre gute Meinung ist mir viel wert, und ich fürchtete, Sie würden mich für sentimental halten.“
    „Das würde ich nie von Ihnen denken“, versicherte William.
    „Ich habe nach etwas gesucht“, gestand sie.
    „Wonach?“
    „Nach einem Bild. Einem sehr kostbaren Bild.“ Sie seufzte. „Ich habe meinen verstorbenen Mann sehr geliebt, müssen Sie wissen. Und Edric hat mit mir in seinen letzten Stunden viel über die Vergangenheit und über seine Kindheit gesprochen. Der arme Edric!“ Sie zog ein Taschentuch hervor und hielt es sich vor die Augen.
    „Und?“, fragte William, bemüht, so mitfühlend wie möglich zu klingen.
    Sie fuhr fort: „Er sprach von einem Sommer, den er in Charlwood verbracht hat. Wussten Sie, dass sein Onkel hier vor vielen Jahren gelebt hat?“
    „Ja, ich habe davon gehört.“
    „Sein Onkel besaß offenkundig eine Bilderserie von den Gärten Charlwoods, und eins davon war Edrics Lieblingsbild. Darauf war der Brunnenhof zu sehen. So viele Jahre später hat er sich krank und von Schmerzen betäubt daran erinnert und es mir genau beschrieben. Mir hallt noch seine schwächer werdende Stimme in den Ohren wider. Er erzählte mir, dass die Statue in der Bildmitte genau wie ich ausgesehen habe. Er nannte sie den Engel von Charlwood. Es bedeutete ihm so viel, dass er sogar im Sterben davon sprach. Seinetwegen wollte ich das Bild erwerben. Wenn ich es heute gesehen hätte, hätte ich Sie gebeten, es mir zu verkaufen.“ Sie lächelte, schien jedoch zu bemerken, dass er alles andere als überzeugt von ihrer Erklärung war. Erneut drückte sie ihr Taschentuch gegen die Augen. „Ich hätte es Ihnen gleich sagen sollen, es tut mir leid.“
    Nicht schlecht, sich so etwas in wenigen Minuten auszudenken, urteilte William. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er ihr die Geschichte abgenommen. Er erwiderte: „Das erklärt alles, und ich fühle mit Ihnen. Sind Sie denn sicher, dass das Bild nicht dabei war? Ansonsten fürchte ich, dass es verloren ist, denn in den anderen Räumen befindet es sich nicht.“
    Verärgert biss sie sich auf die Unterlippe, steckte das Taschentuch ein und bat ihn, sie nach Hause zu bringen. Auf dem Rückweg machte sie einen verdrossenen Eindruck.
    William überdachte derweil seine Strategie. Maria und ihre Freunde ahnten nicht, dass er über den Raub Bescheid wusste, und er wollte sie in diesem Glauben lassen. Also nahm er davon Abstand, Walter Fenton bei der Rückkehr mit dem Knopf zu konfrontieren. Als sie Maria Fentons Haus erreichten, machte sie keinerlei Anstalten, ihn hineinzubitten. „Auf Wiedersehen“, verabschiedete er sich. „Die traurige Geschichte, die Sie mir erzählt haben, hat mich tief bewegt. Sollte ich doch noch ein Bild finden, melde ich mich.“
    Als William wieder in Shearings ankam, fand er Emily allein in der Bibliothek vor. „Miss Anstey hat die Kinder auf einen Tee mit ins Pfarrhaus genommen“, erklärte sie. „Das erschien mir eine gute Idee, zumal sie dort mit Gleichaltrigen spielen können. Außerdem fand ich so die Zeit, die Dokumente zu studieren.“ Sie zögerte und fragte dann kühl: „Du siehst zufrieden aus. Hast du den Nachmittag mit Mrs. Fenton genossen?“
    „Sehr, sie ist eine schöne Frau.“
    Emily vertiefte sich wieder in die Unterlagen und blätterte rasch ein Papier nach dem anderen um. „Sie tut alles, um zu gefallen“, murmelte sie. „Kein Gentleman wird sie als eigensinnig bezeichnen.“
    Belustigt erwiderte William: „Emily! Du hast es versprochen.“
    „Was habe ich versprochen? Ich verspüre nicht die leiseste Spur von Eifersucht gegenüber Mrs. Fenton,
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