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Miss Seeton kanns nicht lassen

Miss Seeton kanns nicht lassen

Titel: Miss Seeton kanns nicht lassen
Autoren: Heron Carvic
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kümmern. Er kann auch dafür sorgen, daß sie was zum Lunch bekommt, und kann sie dann hierherbringen – Ihr Zimmer ist ja dann frei, da kann sie arbeiten. Das wird ihr doch weiter nichts ausmachen, oder?«
    Nun mußte Delphick doch lachen. »Ich – nein, ich denke nicht. Soweit ich mich erinnere, gibt es nur weniges, das ihr was ausmacht.«
    »Schön.« Sir Hubert klappte den Kalender zu und schob ihn beiseite. »Wenn ich also nichts Gegenteiliges höre, treffen wir uns hier morgen nachmittag um halb fünf. Ich werde für Tee sorgen. Ihr Sergeant soll auch mitkommen. Das ist zwar gegen alle Regeln, aber für die ganze Sache gibt es ja keinen Präzedenzfall, wir brauchen uns also um Formalitäten nicht zu kümmern. Sie wird sich dann eher wie zu Hause fühlen – « er betrachtete sein Arbeitszimmer – »oder doch nicht allzuweit entfernt. Ach ja, noch eins«, fuhr er fort, als Delphick etwas sagen wollte, »es ist wohl besser, daß ich vorher informiert bin, warum Sie eigentlich die Leiche von Miss Seeton zeichnen lassen wollen, anstatt wie üblich einen Fotografen zu holen. Welchen Grund geben Sie ihr gegenüber an – und was sagen Sie den Kollegen in Lewisham?«
    Delphick ergriff die Gelegenheit. »Persönlich würde ich…«
    »Ausgezeichnet«, unterbrach ihn Sir Hubert. »Persönlichkeit. Ja, das dürfte genügen, oder doch beinahe. Selbst die besten Fotos von Toten sind eben doch nur Fotos. Mit geschlossenen Augen haben sie etwas Totes, und wenn die Augen offen sind, sehen sie aus wie Fische beim Fischhändler. Von Persönlichkeit kann da gar keine Rede sein.«
    Der Verzweiflung nahe, erhob sich Delphick: »Sir…«
    »Ja?«
    »Nach dem, was Sie vorhin sagten…«
    »Wirklich zu freundlich«, fiel Sir Hubert ein. »Ich ahnte nicht, daß mir jemand zuhört. Ich dachte immer, die Leute lassen mich einfach reden und kümmern sich gar nicht oder fast gar nicht um das, was ich sage.«
    Delphick blieb standhaft. »Sie sagten, meine Idee sei verrückt.«
    »Stimmt. Und wenn Sie so gut zugehört haben, wie Sie behaupten, dann haben Sie auch gehört, daß ich hinzusetzte, gerade diese verrückte Idee habe vielleicht etwas für sich.«
    Delphick ließ sich nicht beirren. »Ja, aber ich hatte nicht überlegt…«
    Sir Hubert hob die Hand und sagte erstaunt: »Nicht überlegt? Aber mein lieber Superintendent, Sie wollen mir doch hoffentlich nicht sagen, daß die ganze Sache nur ein spontaner Einfall von Ihnen war? Daß Sie nicht überlegt hatten, als der Fall, der ja sowohl finanzielle wie verfahrenstechnische Aspekte hat, mir vorgelegt wurde und Mr. Gosslin ganz kurzfristig diese Besprechung anberaumte, die mich weit über die Bürozeit hinaus hier festhält, wofür ich, nebenbei bemerkt, nicht bezahlt werde, nur damit ich mir Ihren Vorschlag anhöre und mich von Ihren Argumenten überzeugen lasse. Ich will doch wirklich nicht hoffen, Superintendent, daß Sie jetzt sagen wollen, das alles sei nicht überlegt gewesen und es handele sich nur um einen flüchtigen Einfall von Ihnen.«
    »Nein, Sir, selbstverständlich nicht. Ich war…«
    »Selbstverständlich nicht, nein. Ich bitte um Verzeihung. Eine solche Rücksichtslosigkeit wäre – « er überlegte sorgfältig – »tatsächlich unentschuldbar gewesen. Und nun machen Sie sich schleunigst auf den Weg nach Kent, sonst finden Sie Miss Seeton im Bett, wenn Sie ankommen.« Er nickte verabschiedend, nahm eine Akte aus seinem Schreibtisch, öffnete sie und begann zu lesen.
    Leicht betäubt verließ Delphick das Zimmer.
    Gosslin hüstelte. »Ich habe mich absichtlich da herausgehalten, Sir, aber meinen Sie nicht, Sie haben ihn ein bißchen reichlich zurechtgestaucht? Er bekam sichtlich kalte Füße wegen seines absonderlichen Vorschlags, das merkte ich.«
    »Kalte Füße?« Sir Hubert ließ den Aktendeckel auf den Schreibtisch fallen. »Frostbeulen wäre wohl eher der richtige Ausdruck, mein lieber Gosslin. Er hatte sich die Sache nicht überlegt, jedenfalls nicht, was die Frau angeht, das war sein Fehler. Ich will Ihnen was sagen: Der Fall wächst ihm über den Kopf. Wenn ich ihn jetzt nicht zurechtgestaucht hätte, dann wäre es noch so weit gekommen, daß ich diesen Einfall auf mich genommen und ihm nur die Ausführung übertragen hätte, und das hätte mir denn doch nicht gepaßt.«
    Gosslin blies erstaunt die Backen auf. »Wollen Sie damit sagen, daß Sie an dieses übersinnliche Zeug glauben? Meinen Sie wirklich, die Dame Seeton hilft uns weiter? Im Ernst?«
    »Eh
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