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Miss Seeton kanns nicht lassen

Miss Seeton kanns nicht lassen

Titel: Miss Seeton kanns nicht lassen
Autoren: Heron Carvic
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einfach ignorieren und über mehrere Kreuz- und Ouerwege tatsächlich nach Rye gelangen; aber in Wahrheit ist Marsh Road genau das, was es vorgibt zu sein: eine Straße, die auf der anderen Seite der Marsch zurückführt nach Brettenden. Wer sich absolut von Plummergen aus nach Süden wenden will, geht auf der Dorfstraße weiter und findet sich alsbald auf einem schmalen Pfad zwischen der Mauer, die Miss Seetons Garten abgrenzt, und dem Nebenhaus. Nach etwa zwanzig Metern verbreitert sich der Pfad zu dem Weg, der auf die Kanalbrücke führt. Hart rechts davon verläuft der einzige direkte Weg nach Rye, eine unauffällige Abzweigung, unmarkiert und auf keiner Karte zu finden; bezeichnet ist nur der Kanal, an dem sie entlangführt. Hinter der Abzweigung endet die Straße in einer T-Kreuzung, deren beide Arme in Windungen zur Küste führen; links geht es nach Folkestone, rechts nach Hastings.
    Miss Treeves war mit ihren Besorgungen fertig und ging ins Pfarrhaus zurück, das etwas zurückgesetzt zwischen Wirtshaus und Friedhof lag. Sie wollte für ihren Bruder das Mittagessen zubereiten. Auf der anderen Straßenseite sah sie Miss Nuttel und Mrs. Blaine, die aus dem Kurzwarengeschäft von Welsted kamen und jetzt ebenfalls nach Hause strebten.
    Diese Sache mit der Polizei, dachte Miss Treeves, die mußte sie aufklären und dafür sorgen, daß man im Dorf davon erfuhr und alles richtig mitkriegte. Es wäre doch wirklich ein Jammer, wenn Miss Seeton der Aufenthalt hier vergällt wurde. Die Leute waren manchmal schrecklich töricht; sie erfanden dumme Geschichten und glaubten sie dann sogar selber, anstatt die Entwicklung der Dinge abzuwarten, die allerdings meistens weniger aufregend war. Keiner dachte dabei an die vielen Unannehmlichkeiten, die so etwas mit sich brachte. Hm. Es konnte natürlich mit diesem Rechtsanwalt zusammenhängen; ein recht unerfreulicher Mann, der, soweit sich Miss Treeves erinnerte, im Gefängnis gelandet war wegen Betrügereien und irgendwas mit Rauschgift, das er entweder hergestellt oder weiterverkauft hatte. Irgend so etwas. Ja, wenn sie nicht irrte, so hatte die Polizei ihn festgenommen, bevor Miss Seeton damals die Erbschaft hatte antreten können. Ja natürlich, so war es gewesen. Alles ganz einfach: Die Polizei hatte noch einige Erkundigungen einziehen wollen, weil der gräßliche Mann seine Akten in völliger Unordnung hinterlassen hatte. Zu dumm, daß ihr das nicht in der Poststelle eingefallen war.
    Als Miss Treeves die Pforte zum Pfarrhaus erreicht hatte, war ihr diese einfache und plausible Erklärung zur Gewißheit geworden. Befriedigt warf sie einen Blick auf Miss Seetons Häuschen und beschloß, dafür zu sorgen, daß die Sache aufgeklärt und der wahre Sachverhalt verbreitet wurde, bevor die Eigentümerin zurückkehrte. In diesem Augenblick ging in dem kleinen Häuschen drüben die Tür auf und Martha Bloomer erschien.
    Zu Miss Seetons Erbe gehörte auch die Abmachung mit Stan Bloomer, einem Landarbeiter im Dorf, und seiner Frau. Miss Seeton stellte Garten und Hühner, Stan Bloomer versorgte beides, belieferte ihre und die eigene Küche mit Eiern, Geflügel und Gemüse und verkaufte die Überschüsse auf eigene Rechnung an Stelle von Lohn. Seine Frau Martha kam zweimal wöchentlich zum Putzen für drei Shilling Sixpence pro Stunde.
    Mrs. Bloomer schloß die Haustür und betrat den kleinen Gartenweg, der zur Pforte führte. Plötzlich stutzte sie, stürzte zwei Schritt seitwärts in die Hecke vor dem Gartenzaun, tauchte gleich darauf wieder auf und zog ein zerzaustes und widerstrebendes kleines Mädchen hinter sich her. Tatsächlich, sie war es. Miss Treeves ließ ihre Gartenpforte los und schritt über die Straße.
    »Wenn du dich noch einmal hier rumtreibst, du dreckige kleine Schnüffelnase, dann werd’ ich dir den Allerwertesten versohlen, daß du nicht mehr sitzen kannst, verstanden? Und mit deiner Mutter werd’ ich reden«, drohte Mrs. Bloomer. Effie Goffer schnüffelte.
    Miss Treeves trat hinzu und sagte streng: »Effie, was fällt dir ein, schon wieder in fremden Gärten herumzuspionieren? Was wolltest du hier?«
    »Zugucken.«
    »Wenn ich dich noch einmal dabei erwische, werd’ ich dafür sorgen, daß du Prügel bekommst. Miss Wicks hat sich erst neulich über dich beschwert.«
    Effies kleine Augen glänzten. »Die -! Die geht ja ganz aus’nander!«
    »Unsinn.«
    »Doch wahr! Ich hab’ durchs Badezimmerfenster geguckt – die geht ganz auseinander! Ihre Zähne hat sie
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