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Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept

Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept

Titel: Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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Wagen hin. »In der allgemeinen Gyn. Bitte berücksichtigen Sie die individuellen Befunde, TSH, T3, T4, Tumormarker.« Oho, plötzlich so ärztlich. Hat Evelyn doch mehr drauf als das tadellose Abheften von Stationsplänen? Patrick nickt und schiebt ab.
    »Sie gehen auch auf die allgemeine Gyn«, wendet Evelyn sich an Johanna und überreicht ihr einen Stapel Akten. »Postoperative Betreuung. Vitalparameter, Drainagen- und Verbandkontrolle.« Dann lächelt die Schwester Jenny an und schiebt auch ihr einen Wagen vor die Füße. »Ebenfalls Blutentnahme. Sie übernehmen bitte die Pränatalen und die Wöchnerinnen.« Jenny sieht nicht so begeistert aus; na klar, sie hat schon ein bisschen gehofft, gleich im Kreißsaal eingesetzt zu werden.
    »Und Sie …« Ich rechne damit, ebenfalls erst einmal einen Auftrag zu erhalten, den wir insgeheim vermessen als Schwesternaufgabe deklarieren würden. Doch Evelyn kommt nicht dazu, mir etwas zuzuteilen. Denn in diesem Moment ertönt vom Empfang her ein gewaltiger Lärm.
    Evelyn eilt nach vorn, ich folge ihr. Am Tresen lehnt eine hochschwangere Frau. Aber es ist nicht sie, die das Getöse verursacht, es ist ihr Begleiter. Ein groß gewachsener Mann, kreidebleich und vollkommen überdreht.
    »Das Kind kommt!«, ruft er uns zu, seine Stimme bricht. »Und ich steh im Halteverbot!«
    Seine Frau oder Freundin scheint sich nicht ganz so im Ausnahmezustand zu befinden wie er – sie stützt sich auf den Tresen und wirkt eher überrascht denn panisch. »Die Wehen haben eingesetzt«, sagt sie. »Jetzt schon …«
    »Welche Woche?«, frage ich, so ruhig ich kann. Der panische Mann macht mich ziemlich nervös; jetzt wuchtet er eine Tasche auf den Tresen und macht Anstalten, sie hier und sofort auf dem Empfangstresen auszupacken. »35«, antwortet die Frau. 35. Dann wird die Geburt sicher nicht mehr aufgehalten.
    »Es sind vielleicht nur Vorwehen«, sagt Schwester Evelyn hinter mir und ihre Stimme ist gelassen. »Wir kümmern uns darum.« Aus dem Nichts hat sie einen Rollstuhl herbeigezaubert und setzt die Frau hinein.
    »Jetzt schon Wehen!«, ruft der Mann, als hätte er nichts gehört, und zieht einen Strampelanzug aus der Tasche. Wofür, glaubt er wohl, dass der jetzt gebraucht wird?!
    »Das ist viel zu früh! Und ich steh im Halteverbot!« Sein Gebrüll ist ohrenbetäubend. Doch Schwester Evelyn bringt er nicht aus der Ruhe. Sie nimmt ihm die Tasche weg und stopft den Strampler wieder hinein. »Sie haben alle Zeit der Welt, Ihren Wagen umzuparken.« Schwups, hat sie schon wieder einen ihrer Pläne auf dem Tresen platziert. Jetzt wird mir klar, dass ihre Hotel-Management-Attitüde unbezahlbar ist. Denn als sie ihren Fineliner zückt und auf dem Plan die Parkplätze zeigt, wird der Paniker endlich ruhiger. Zwar rauft er sich immer noch die Haare, doch richtet er jetzt offenbar all seine Kraft und Konzentration darauf, mit Evelyns Hilfe das Halteverbotsproblem zu lösen. »Okay, okay, okay«, nickt er über dem Plan, als würde sie ihm gerade erklären, wie er ganz allein und mit einem einzigen wohlgesetzten Handgriff sein Baby problemlos und pfeilgeschwind selbst auf die Welt bringen könnte.
    »Na los«, raunt Evelyn mir über die Schulter des Mannes zu. »Aufnahme, Anamnese. Gehen Sie in die 2. Ich schicke Ihnen gleich einen Arzt.« Da ist er, der Sprung ins kalte Wasser. Und diesmal trifft es mich. Hurra!
    Ich schnappe mir die Tasche der Frau und schiebe ihren Rollstuhl los. »Keine Sorge«, sage ich professionell. »Vielleicht sind es wirklich nur Vorwehen. Und wenn nicht, haben wir trotzdem noch alle Zeit der Welt.«
    Die Frau nickt. »Jetzt hat es auch gerade aufgehört …« Ich tätschele ihr mit der Taschenhand die Schulter – und sage nicht, dass auch bei mir der Schmerz sofort nachgelassen hat, seit wir aus der Reichweite ihres brüllenden Mannes gekommen sind.
    Wieder begegnen mir eilige Schwestern auf dem Flur, wieder spricht mich keine an. Die denken offenbar auch, dass ich das hier prima mache. Oder sie denken gar nicht darüber nach, was ich hier tue. ICH aber denke, und zwar hastig. Wo die 2 ist, weiß ich. Anamnesen habe ich in den vergangenen Tertialen schon zur Genüge gemacht. Aber was kommt danach? Untersuchung, Ultraschall, Fruchtwasserindex, Plazentabeurteilung, Kindslagekontrolle, CTG anlegen, CTG auswerten. Bis dahin wird der Arzt doch hoffentlich da sein?!
    Ganz cool, Lena, das wirst du nicht laut sagen! Wie beruhigend für die Patientin, ihrem hysterischen
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