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Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser

Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser

Titel: Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser
Autoren: Carola Dunn
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übelgelaunt sei- nen Tee schlürfen. Er tat ihr leid, wieder mal, und dennoch hatte sie keine Lust, sich zu ihm zu setzen. Sie wandte sich wieder Rollo zu.
»Werden Sie die Prüfungen wiederholen?« fragte sie.
»Nein.«
»Ja!« sagte Tish zur selben Zeit. Die beiden warfen sich einen Blick zu.
Bevor Daisy eine Erklärung erbitten konnte, kam DeLancey heran und präsentierte Tish seine Tasse mit der Bitte um mehr Tee. »Wenn Sie mir diesen Liebesdienst erweisen würden, Ver- ehrteste«, sagte er. Sein schmieriger Ton machte klar, daß seine Worte alles andere als unverfänglich sein sollten. Mit verstei- nertem Gesicht kam Tish seiner Bitte nach.
Spöttisch lachend wandte sich DeLancey von ihr ab, nahm einen fast schon leeren Teller mit Makronen auf und hielt ihn Daisy hin. »Nehmen Sie sich lieber eine davon, bevor die Jungs auch diesen Rest noch vernichten. Der Süßen Süßes«, sagte er wenig originell.
Daisy mochte keine gute Schulbildung genossen haben, aber ihren Hamlet kannte sie. »Haben Sie vor, mein Grab da- mit zu bestreuen, Mr. DeLancey?« erkundigte sie sich iro- nisch. »Ich kann Ihnen versichern, daß ich mich nicht aus un- erwiderter Liebe ertränken werde.«
Mit der linken Hand nahm sie eine Makrone – schließlich waren sie ihr Lieblingsgebäck –, wobei sie darauf achtete, daß ihr Verlobungsring mit dem Saphir schön in der Sonne funkelte. Der Stein war nicht groß, aber er hatte genau die Farbe ihrer Augen. Und von denen sagte Alec immer, ihr unschuldiger Blick brächte die Leute dazu, sich ihr anzuvertrauen. Wie auch er ihr ja vertraute. Schon mehr als einmal hatte er sich ihr ge- genüber mehr zufällig als willentlich über seine Fälle geäußert.
Vor einer Stunde hatte ihr auch Bott sein Herz ausgeschüt- tet, obwohl er sie gerade mal zwei Minuten kannte. Daisy hoffte inständig, DeLancey würde ihr nicht auch noch seine Seele offenbaren. Sie hatte keine Lust, sein Innenleben zu be- schauen. Der war mindestens genauso unangenehm wie Bott, ohne die verzeihlichen Gründe des unglücklichen kleinen Mannes dafür zu haben.
DeLancey wirkte nach ihrer Erwiderung eher ratlos. Was auch immer er studieren mochte, Shakespeare gehörte ver- mutlich nicht dazu. Allerdings begriff er die Bedeutung des Saphirs. Er warf einen höhnischen Blick auf Dottie, die noch immer in ihre Unterhaltung mit Cherry vertieft war, und sagte: »Sie sind auch verlobt, Miss Dalrymple?« Immerhin klang er nicht auf beleidigende Weise überrascht.
»Mit einem Polizisten«, informierte ihn Daisy.
»Mit einem …! Aber ich hätte doch gedacht … Ich meine, ist Lord Dalrymple nicht Ihr Bruder?«
»Nein!« sagte sie nur knapp. Jetzt wurde es spannend, und sie wartete interessiert, wie er darauf reagieren würde.
»Erzählen Sie mir doch nicht, daß Sie eine von diesen gräß- lichen Möchtegern-intellektuellen Frauen sind!«
»Ich schreibe.«
»Um Himmels willen! Wie komme ich eigentlich darauf, daß Sie die Schwester vom Honourable Gervaise sein könnten?«
»Ich war es.«
»Wie bitte? Sie waren es? Ich meine, der hat doch nicht etwa ins Gras gebissen?«
»Doch.« Daisy hielt inne, um ihm Zeit für irgendeine Äußerung des Bedauerns zu geben – aber nichts dergleichen geschah. »Sie können ihn doch gar nicht gekannt haben. Zu dieser Zeit waren Sie ja noch ein kleiner Junge.« Und ein sehr verwöhnter, vermutete sie.
Bei ihrem nachsichtigen Tonfall errötete DeLancey. »Ce- dric – also mein Bruder – kannte ihn aus Frankreich. Er hat mir oft von ihm erzählt, wenn er Heimaturlaub hatte. Aber Ceddie war vor Kriegsende schon Invalide und ausgemustert, so daß ich nichts weiter gehört … Er wohnt während der Re- gatta in Crowswood Place.«
»Auch ein begeisterter Ruderer?«
»Eigentlich nicht so sehr, höchstens fährt er mal in einem Punt – so einem flachgehenden viereckigen Flußboot, das man staken muß – oder in einem Skiff auf der Isis herum. Aber die Regatta ist schließlich ein gesellschaftlicher Glanzpunkt. Ach, übrigens, er und ich und noch ein paar andere wollen heute abend im Phyllis Court Club tanzen gehen. Hätten Sie nicht Lust mitzukommen?«
»Nein, danke«, sagte Daisy. Schade eigentlich, denn obwohl sie keine begeisterte Tänzerin war, war das doch genau die Art Veranstaltung, über die sie an sich schreiben sollte. Aber keine zehn Pferde würden sie dazu bringen, den Abend mit De- Lancey zu verbringen.
Rollo unterbrach die beiden. »Du wirst da auch nicht hin- gehen, DeLancey. Wir haben gleich
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