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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König
Autoren: Ralf Isau
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Fingerknöcheln des Mannes.
    »Fingard!«, rief Múria erfreut. »Kommt herein.«
    Der Bote trat näher, verneigte sich vor ihr, beugte erst danach vor dem König das Knie und musterte irritiert das braune Käuzchen, das neben Ergils Platz auf einem Zinnteller hockte und sich gerade eine getrocknete Weinbeere einverleibte.
    Múria erkundigte sich zunächst nach den körperlichen Bedürfnissen ihres Gewährsmannes und ließ nach heißem Gewürzwein schicken. Anschließend lieferte Fingard eine dramatische Zusammenfassung der Hindernisse, die er auf dem Weg in den Ratssaal überwunden hatte.
    »Vielleicht solltet Ihr die Parole ändern, Herrin«, schlug er abschließend vor.
    »Die Verwechselungsgefahr von zeruja und zerua ist Absieht, mein Guter. Eine zusätzliche Sicherheit.« Múria winkte ab. »Außerdem machst du dir keine Vorstellung, was für einen Verwaltungsaufwand so ein außerplanmäßiger Parolentausch bedeuten würde. Ich müsste verschlüsselte und versiegelte Nachrichten an sämtliche Getreue im Herzland versenden. Es gibt vielleicht einen leichteren Weg, das Problem zu lösen.«
    »Und der wäre?«
    »Lass dir von deinem Weib einen Schal stricken. Der hält die Kiefer warm und geschmeidig.«
    Fingard sah sie mit großen Augen an.
    »Was bringt Ihr uns für Neuigkeiten, Fingard?«, fragte Ergil. Er wurde das Gefühl nicht los, die Ankunft des Boten könnte mit Zijjajims sonderbarem Verhalten vom Morgen in Zusammenhang stehen.
    Der Bote wechselte einen Blick mit Múria, als müsse er sich von ihr erst die Erlaubnis zum Reden einholen. Irgendetwas im Strahlen ihrer blauen Augen signalisierte ihm wohl Zustimmung, denn, sich wieder an den jungen König wendend, antwortete er: »In Bjondal wurde ein Spion gefangen genommen.«
    »Wodurch hat er sich verraten?«
    »Das kann ich nicht genau sagen, Majestät.«
    »Aber es muss doch einen Grund geben, warum man ihn für einen Spitzel gehalten hat.«
    »Äh, er ist Grindel, dem Wirt im Gasthaus Zur trällernden Meerjungfrau, wohl irgendwie verdächtig vorgekommen.«
    Falgon legte beide Handflächen auf den Tisch und beugte sich dem Boten entgegen. »Es könnte nicht schaden, Nachbar, wenn Ihr etwas präziser würdet. Hatte er ein Schild um den Hals, auf dem das Wort ›Spion‹ stand?«
    Fingards Augen sprangen zwischen Waffenmeister, König, Käuzchen und Geschichtsschreiberin hin und her. »Nicht, dass ich wüsste«, erwiderte er vorsichtig.
    Múria ermunterte ihren Gewährsmann, am besten von vorne zu beginnen. Was habe der Gefangene Verdächtiges getan? Was wollte er auskundschaften? Für wen spioniere er? Was wisse man sonst über ihn?
    Allmählich taute Fingard auf. Der Fremde, berichtete er, sei vor einer knappen Woche in der Trällernden Meerjungfrau erschienen. Nun, eigentlich sah man mehr die Kleider als den Mann, alldieweil er einen Mantel mit Kapuze trug, unter der er seinen Kopf verbarg. Trotzdem glaubte Grindel – der Wirt – in den Schatten so etwas wie eine Maske auszumachen. In einer Hafenstadt wie Bjondal begegnete man tagtäglich den merkwürdigsten Gestalten aus aller Herren Länder. Daher maß Grindel seiner Beobachtung zunächst keine besondere Bedeutung bei. Er dachte, der Gast verberge sein Gesicht, weil es von Brandnarben oder anderen schlimmen Verletzungen entstellt sei, und machte sich zunächst keine Gedanken. Auf Fragen des Wirts reagierte der Fremde eher einsilbig. Um überhaupt eine Unterkunft zu erhalten, musste er allerdings seinen Namen verraten.
    »Er lautet Kaguan.«
    »Kaguan?«, wiederholte die Herrin der Seeigelwarte, als könne allein der Klang des Wortes ihr etwas über die Identität des angeblichen Spions verraten.
    Die anderen in der Runde zuckten nur ratlos die Achseln.
    Múria ermutigte Fingard in seinen Ausführungen fortzufahren, was er dann auch nach einer ausgiebigen Denkpause tat.
    Drei Tage nach Ankunft des Fremden – Grindel verließ vor Anbruch der Morgendämmerung gerade das Haus, um im Hafen Trockenfisch einzukaufen – beobachtete der Wirt einen Schemen, der sich vom Hintereingang seiner Schenke in die Dunkelheit stahl. Er vermeinte in der hohen, breitschultrigen Gestalt seinen schweigsamen Gast zu erkennen und weil er immer noch nicht wusste, was diesen Kaguan nach Bjondal geführt hatte, erwachte seine Neugierde und er schlich ihm hinterher.
    Einige Gassen weiter war der Schemen verschwunden. Vielleicht hatte er den Verfolger bemerkt. Am Abend desselben Tages sprach dann allerdings ein Fischer den Wirt
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