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Minuszeit

Minuszeit

Titel: Minuszeit
Autoren: James White
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Sicherheit der Wahrheit entspreche.
    Carson pflichtete ihm darin bei, dankte ihm für die Meldung und legte auf.
    Der Mann, der Pebbles angerufen hatte, war natürlich nicht von der Produktionskontrolle gewesen. Er hatte es gesagt, aber der Anruf konnte von jedem der mehr als achthundert Telefonanschlüsse des innerbetrieblichen Netzes gekommen sein. Der Anrufer oder einer seiner eingeweihten Kollegen mußte inzwischen wissen, dass das Feuer gelöscht worden war, bevor es hatte ausbrennen können. Er mußte auch wissen, dass ein Mitglied von Carsons Organisation herumgefragt hatte und dass der Werkschutz nun von der heimlichen Abfallverbrennung im Lagerraum wußte. Aber der Mann konnte nicht wissen, ob das Material, das er durch Feuer vernichtet haben wollte, tatsächlich verbrannt war oder nicht.
    Also würde er höchstwahrscheinlich selbst in den Lagerraum gehen und sich vergewissern – und zwar so bald wie möglich. Heute Abend.
    Carson zog die breite Schublade im Fuß seines großen Ablageschranks auf, suchte eine Weile herum und zog einen Plan des Fabrikkomplexes drei heraus. Er studierte ihn sorgfältig, legte ihn dann zurück und sah auf seine Uhr. Nach kurzer Überlegung begann er eine Hausmitteilung an den Leiter der Betriebselektrikergruppe zu verfassen.
    Darin machte er auf das Feuer aufmerksam und schlug vor, dass die Kraft- und Lichtleitungen in dem betroffenen Gebäude sofort auf mögliche Beschädigungen geprüft werden sollten.
    Während er so seine Vorbereitungen traf, plagte ihn der Gedanke, dass der Mann, den er gewohnheitsmäßig als einen Schuldigen, einen Saboteur und Übeltäter ansah, in Wirklichkeit nichts von alledem war. Statt dessen war er auf Carsons Seite, weil er mithalf, ein wichtiges Geheimnis zu bewachen. Ein Geheimnis allerdings, in das er, der Werkschutzleiter und für alle internen Sicherheitsfragen zuständige Mann, nicht eingeweiht worden war. Er wusste, dass er seine Arbeit gut machte. Er war gewissenhaft und sorgfältig, pedantisch und wachsam, sogar wenn es um relativ unbedeutende Details ging. Er war alles das in einem solchen Grad, dass er mancherorts als ein kleinlicher Bürokrat galt, der um jedes I-Tüpfelchen ein Aufhebens machte. Aber die Leute, auf die es ankam, wußten, was sie an ihm hatten.
    Wußten sie es wirklich? fragte er sich plötzlich. Hielten sie ihn wirklich für einen guten Mann am richtigen Platz? Oder betrachteten sie ihn bloß als einen wichtigtuerischen Schnüffler, dessen Neugier über alles und jeden seine Fähigkeit, den Mund zu halten, fragwürdig machte? War das der wahre Grund, dass man ihn im dunkeln ließ?
    Das war der am meisten beunruhigende Gedanke von allen. Carson versuchte ihn aus seinem Kopf zu verdrängen, indem er sich auf seine Papierarbeit konzentrierte. Aber viel später am gleichen Abend, als er im Komplex 3 auf einem kalten und harten Werkzeugkasten saß, gut versteckt hinter einer automatischen Drehbank, kehrte der Gedanke wieder.
    Entweder war er der richtige Mann an seinem Platz oder nicht. Wenn nicht, dann hätte die Geschäftsleitung ihn längst abgeschoben; sie würden nicht sechs Jahre warten, bis sie entschieden, ob er für den Posten taugte oder nicht. Wenn er aber seine Funktion als oberster Sicherheitsbeauftragter erfüllte, dann ließ sich argumentieren, dass seine Pflichten den Schutz aller geheimen Arbeiten einschlössen, die bei Hart-Ewing vorkamen. Ja, es war seine Pflicht, auch über Projekte zu wachen, von denen man ihm nichts sagte.
    Carson seufzte. Die Werkzeugmaschinen in der dunklen Halle knackten und tickten leise, während sie von der Hitze des Arbeitstages abkühlten. In anderen Abteilungen war die Nachtschicht an der Arbeit; die gedämpften Geräusche von Maschinenlärm und Gehämmer drangen undeutlich durch die Trennwände.
    Während er fröstelnd in seinem Winkel wartete, begann Carson über die Sicherheitsaspekte dieses geheimnisvollen Projekts nachzusinnen. Kein Zweifel, die betreffenden Leute betrieben ihre Sicherheitsvorkehrungen mit der Umsicht von Berufsagenten. Sie hatten keinen der üblichen Fehler gemacht, und Carson hatte viel Mühe und Scharfsinn aufwenden müssen, nur um sich zu vergewissern, dass ein geheimes Projekt tatsächlich existierte. Noch jetzt war er nicht vollkommen sicher, dass es existierte. Ihre Planung war lückenlos, und wenn sie offen handeln mußten, dann taten sie es so, dass keine direkte Fährte blieb, indem sie jemand wie Pebbles einsetzten, einen gutmütigen,
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