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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1
Autoren: Marion Chesney
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gebratene Zwiebel aufs Ohr gelegt haben, und wie sie mindestens
noch eine Woche nach Zwiebeln roch. Ja wirklich, du mußt unbedingt nach
Hopeminster fahren. Es ist von der Vorsehung so bestimmt. Abgesehen von den
Bändern aus fliederfarbener Seide, meine Liebe, brauche ich Lavendelgeist und
Pomade, und vergiß die Ananas nicht, obwohl ich nicht weiß, wo du so etwas
Ausgefallenes bekommst. Ach, und bring mir etwas Alkannawurzel mit, denn ich
habe vor, Rouge für dich zu machen.«
    »Mama!«
    »Lauf,
Minerva, ich fühle mich recht schwach. Mein Krampf kündigt sich an, und ich muß
ruhen und still sein.«
    Mrs.
Armitage sank in ihre Kissen zurück und schloß die Augen.
    Minerva
seufzte leise. Mamas Krämpfe waren immer ihr letzter Ausweg. Es war sinnlos,
bei Mama Unterstützung zu suchen. Sie mußte sich schlicht und einfach dem
Willen ihres Vaters beugen und zum Pferdemarkt fahren.
    Annabelle
war wütend und mußte mit Zuckerpflaumen und einem Roman aus der Leihbücherei
bestochen werden. Normalerweise hätte Minerva einem Roman keine Unterkunft in
ihrem Hause gewährt, aber Annabelles Temperamentsausbrüche waren gar zu
schrecklich. Der Pfarrer drohte immer, sie mit der Rute zu verdreschen, und
Minerva fürchtete, daß er dazu glatt imstande wäre; so verwöhnte sie Annabelle
unnötig, weil sie dachte, daß sie dadurch das Mädchen vor Schlägen bewahrte.
    Minerva
wurde hinaufgeschickt, um sich umzuziehen, weil der Pfarrer gegen ihre Haube
protestierte; er bezeichnete sie als altmodisch und sagte, daß er nicht
zusammen mit so einer jämmerlichen Gestalt gesehen werden wollte, und wenn sie
hundertmal seine Tochter sei.
    Zu guter
Letzt saßen sie in seiner schnellen Kutsche hinter den zwei dahingaloppierenden
Braunen und rollten in angsterregender Geschwindigkeit nach Hopeminster.

Drittes
Kapitel
    »Osbadiston verkauft seinen Stall«, sagte der
Pfarrer, während er seinen Wagen durch den Verkehr auf der Hauptstraße von
Hopeminster lenkte.
    »Aha«,
antwortete Minerva und hielt ihren Hut fest. Das war sicher auch der Grund für
die ungewöhnliche Geschäftigkeit mitten im Winter in dieser sonst so ruhigen
Stadt.
    Der Graf
von Osbadiston war berühmt für seine Pferde. Er war allerdings auch berühmt für
seine Spielschulden, und so kam es, daß er die einen verkaufen mußte, um die
anderen zu bezahlen. Exzentrisch wie seit eh und je hatte sich der Graf
entschlossen, seine Pferde in Hopeminster zu verkaufen, und nicht bei
Tattersall in London. Der Pfarrer war der
einzige, der ihn deswegen nicht für närrisch hielt. Die feinen Leute, die extra
aus London hierherkamen, waren hier viel eher bereit, einen hohen Preis zu
bieten, um die lange Reise zu rechtfertigen, als in der komfortablen Atmosphäre
bei Tattersall.
    Und so war
der Markt auch die Erklärung dafür, daß man so viele elegante Angehörige der
feinen Gesellschaft in der Stadt sah, männliche wie weibliche, und so exotisch
wie Paradiesvögel. Minervas Augen wurden immer runder.
    »Papa!«
rief sie. »Hast du die Dame gesehen? Sie hat praktisch nichts als dünnen
Musselin und Gaze angehabt. Und bei dem Wetter!«
    »Du sollst
nicht so gaffen«, gab ihr Vater, der sich in der Welt auskannte, zurück. »Sie
werden dich für einen Bauerntrampel halten.«
    »Aber jeder
würde hinschauen«, protestierte Minerva. »Schau den kleinen Mann da drüben an.
Er ist grün! Ich meine, jedes einzelne Stück, was er anhat, ist grün!«
    »Das wird
Cope sein«, sagte der Pfarrer, ohne sich die Mühe zu machen, sich umzudrehen.
»Ich frag' mich, was er hier macht. Er hat nicht nur grüne Sachen an, seine
Zimmer sind grün, seine Möbel sind grün, alles ist grün. Weißt du, was die
Leute über ihn sagen? ›Grüne
Strumpfbänder, grüne Hose, und leugne, wer's kann, das Hirn ist auch grün, von
diesem grünen kleinen Mann!‹ Er ist ein Dandy.«
    »Aha«,
Minerva mußte das erst einmal verdauen. »Aber er macht sich lächerlich«, sagte
sie schließlich. »Warum tut er das?«
    »Er ist ein
Dandy, darum«, sagte der Pfarrer und lenkte das Gefährt geschickt in den
überfüllten Innenhof des ›Goldenen Hahn‹. »Sie sind alle so. Tun alles,
um Aufmerksamkeit zu erregen. Einer von ihnen hat sich neulich erschossen und
einen Brief hinterlassen, daß er ›des Auf- und Zuknöpfens müde war‹.
Aber, glaub mir, er hat es nur getan, um sich wichtig zu machen. Möchtest du
Tee trinken, während ich auf den Markt gehe?«
    »Nein,
Papa. Ich kaufe ein paar Sachen für Mama ein und
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