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Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi

Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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doch auf. Eine schlanke Frau springt heraus, eilt auf uns zu. Klaus Liebig dreht sich gehetzt um. Ich habe ihn auch gehört, den Zug. Er kommt näher. Ich packe den Mann am Arm und ziehe ihn Richtung Mutter. Die Schnellbahngarnitur rauscht vorbei, der Boden vibriert, keine Chance, dass sie stehen bleibt, wenn da einer auf die Gleise springt. Aber Klaus scheint es sich ohnehin anders überlegt zu haben.
    „Um Gottes willen, was ist los?“, schreit die Frau, als sie ihren Sohn aus der Nähe sieht.
    Mein Part ist jetzt wirklich vorbei. Auch wenn ich auf dem Fest so einige Fragen stellen werde, ganz nebenbei.
    Erst als ich wieder im Auto sitze, merke ich, wie weich meine Knie sind. Man begegnet ja auch nicht alle Tage einem potenziellen Selbstmörder. Was ihn wirklich dazu bewogen hat? Und warum er den letzten Schritt doch nicht getan hat? Was weiß ich, wie viele im letzten Moment zurückschrecken. Am Brückengeländer über der Donau. Mit dem Rasiermesser an der Pulsader. Vor dem Glas mit Schlafmittel. – Mira, hör auf damit.
    Er hat bei MillionenKochen verloren. Die Sendung hat beeindruckende Einschaltquoten. Sie hat Win-Sat Erfolg gebracht. Einem Privatsender, in dem rund um die Uhr nur Gewinnshows laufen. Es ist gar nicht lange her, dass jemand zu mir gesagt hat, ich solle unbedingt mitmachen. Weil ich gut kochen könnte. Weil ich viel wüsste. Ich käme nie auf die Idee, es zu tun. Wie peinlich, wenn es nicht klappt. Und: Wer kann schon sagen, ob mich die Zuschauer mögen? Das Geld? Das gewinnt man nur, wenn man die Zusatzfragen beantwortet. Ein Kick für die Zuschauer. Da gewinnt einer zuerst und dann weiß er etwas nicht – wie hat das Rückenmark vom Stör gleich geheißen? – und scheidet aus. Und verliert alles, was er bis dahin gewonnen hat. Glaube ich wenigstens. So genau kenne ich mich bei den Regeln nicht aus. Nur, dass man die Teilnahme durch ein Los gewinnen kann. Ein Los kostet einen Euro, kein schlechtes Geschäft für den Sender. Über SMS-Voting entscheidet das Fernsehpublikum, wer gewinnt. Jede SMS bringt dem Sender sicher auch etwas.
    Und die Millionen, die man gewinnen kann? Drei Millionen Euro, eine Million pro Frage, in der 8. Runde. Dazu noch das Geld aus den Runden davor. Was täte ich mit über drei Millionen Euro? So zufrieden bin ich auch wieder nicht, dass mir da nicht eine Menge einfiele, zum Beispiel … Etwas wirklich Wichtiges kommt mir momentan allerdings nicht in den Sinn. Fast wäre ich am reinweißen Wegweiser vorbeigefahren. Weiß auf Weiß, sehr witzig. Aber immerhin ein Pfeil. Ich biege in eine schmale Seitenstraße ein. Vorbei an einem Sonnenblumenfeld, am Horizont ein Lagerhausturm.
    Ich würde vielleicht eine Weltreise machen. Aber das ließe sich mit meinem Job beim „Magazin“ schwer vereinbaren. Da lauert die Konkurrenz. Jung und hungrig. Mit über drei Millionen Euro und guten Zinsen müsste ich vielleicht gar nicht mehr arbeiten. – Will ich das? Ich glaube nicht. Nicht immer. Nicht endgültig. Nur wenn ich gerade auf eine Fête Blanche geschickt werde.
    Mir geht es gut. Ich habe Oskar. Ein warmes Gefühl im Magen. Oskar, der sogar verstanden hat, dass ich – Hochzeit hin oder her – meinen Freiraum brauche. Ich habe meine Wohnung, die Altbauwohnung, in der ich mehr als zehn Jahre zur Miete gelebt habe und die mir Oskar zur Hochzeit als Eigentum geschenkt hat. Also pendeln wir weiter zwischen seinem Penthaus und meiner nicht ganz so luxuriösen Bleibe. Das hält lebendig. Mobil. Das sage ich auch Gismo, meiner Katze.
    Das Festgelände ist nicht zu übersehen. Junge schicke Menschen ganz in Weiß, sie winken mich auf den Parkplatz. Ich bin eine halbe Stunde zu spät dran und die Plätze sind schon rar. Ich versuche abzuschätzen, wie viele Autos es sind. 300, 400. Zusätzlich gibt es einen Shuttlebus aus Wien.
    Win-Sat geht es sichtlich gut, es ist wohl vor allem der Sender, der bei MillionenKochen gewinnt.
    Ich gehe gemeinsam mit anderen weiß Gekleideten Richtung Studios. Niedere Hallen, wie überdimensionale Garagen. Weiß wirkt offenbar bei den meisten Menschen nicht gerade vorteilhaft. Die Dame vor mir erinnert frappant an eine Made. Ihr Begleiter kommt mir vor wie ein Totengräber, der in ein Bleichbad gefallen ist. Ich will gar nicht wissen, woran ich erinnere. Jedenfalls an nichts Anmutiges. Weißwurst vielleicht, vor allem, wenn ich die weite weiße Leinenjacke ausziehe. Mein einziges weißes T-Shirt ist für meine Formen um einiges zu eng. Ich halte
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