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Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi

Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Millionenkochen: Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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dosiert, zugemischt wird.
    Die Redakteurin flüstert mir zu: „Sie müssen sich jetzt setzen.“ Und zu Vesna meint sie: „Sind Sie vom Studiopublikum? Sie haben nur noch eine Minute Zeit, Ihren Platz einzunehmen.“
    „Ich bin die Begleitung von Herrn Freytag“, erwidert Vesna und erntet einen neugierigen Blick. „Wollen Sie hier hinten bleiben?“, fragt die Redakteurin. Vesna nickt.
    Und dann geht es los mit der fröhlichen Signation. Lena Sanders eilt mit federnden Schritten in die Kochkulisse, wird von der Kamera 1 mit Rotlicht verfolgt. „Heute erwartet uns ein besonderer Genuss“, beginnt sie und strahlt, als ob sie nichts lieber täte, als diese Sendung zu moderieren. Sie bittet die beiden Kontrahenten auf die Bühne. Beide scheinen etwas angespannt, aber das ist ja auch kein Wunder. Klaus Liebig trägt ein schwarzes T-Shirt unter der MillionenKochen-Schürze, Anna-Maria Bischof eine Kochjacke, in der ihr viel zu heiß sein muss. Heinz steht neben der Ausgangstüre und fotografiert lautlos.
    „Ich werde uns heute ein Hirschfilet in der Hollerkruste zubereiten, dazu Rotweinknöderl“, lächelt Anna-Maria Bischof. Sie schwitzt. Ich kann es von hier aus nicht sehen, aber sie schwitzt. Ich fühle es.
    Klaus Liebig sieht sich für einen Augenblick verunsichert um, dann fängt er sich wieder. „Und ich möchte Sie alle mit einem rosa gebratenen Kalbstafelspitz mit weißer Mohn-Pfeffer-Sauce verführen. Dazu: ein kleiner Sellerieauflauf.“
    Er hat sich viel vorgenommen, denke ich. Sie gehen an ihre Arbeitsplätze und legen los. Lena Sanders besucht zuerst Klaus Liebig, ich habe den Eindruck, sie hält ihn bewusst mit ihren Fragen auf. Klaus Liebig. Er hat von Anfang an gewusst, wer der Mörder ist. Zumindest das.
    Der Produzent steht weiterhin gemeinsam mit der Redakteurin gleich hinter der mittleren Kamera. Er dreht sich um, sucht jemanden, Vesna sitzt neben mir, sie winkt ihm verstohlen, er nickt.
    Ich habe nicht aufgepasst. Ein Schrei aus dem Publikum, ich starre hinüber, dann nach vorne in die Kulisse. Klaus Liebig hat das große Küchenmesser genommen und hält es Lena Sanders an die Kehle. Er sieht in die mittlere Kamera, er starrt geradezu hinein. „Ich will den Produzenten“, sagt er. Vesnas Hand krallt sich in meine. „Die Kamera läuft weiter, sonst …“, sagt er ganz ruhig und hält das Messer noch etwas näher an Lena Sanders’ Hals. Seine andere Hand liegt auf ihrer Schulter. Ich starre in die Kulisse, reiße meinen Blick weg, schaue in den kleinen Monitor, der nicht weit von mir entfernt auf dem Boden steht. Ich sehe Lena Sanders’ schreckgeweitete Augen. Ich starre wieder in die Kulisse und sehe, dass sich Anna-Maria Bischof Zentimeter für Zentimeter von ihrer Kochstation ins sichere Dunkel rettet.
    „Sie stirbt, wenn die Kamera nicht weiterläuft“, sagt Klaus Liebig. „Außerdem: Der Regisseur kann nicht mehr wegschalten.“ Jetzt schaue ich wieder auf den Monitor. Er lächelt. Und wirkt seltsamerweise gar nicht irre, vielmehr munter, sehr munter. „Ich habe ihn schlafen gelegt. Alle bleiben auf ihrem Platz, nur der Produzent darf jetzt ins Fernsehen.“
    Ich sehe, wie Valentin Freytag langsam aus dem Schatten der mittleren Kamera tritt.
    „Nein“, flüstert Vesna. Ich überlege fieberhaft. Jetzt wird mich Klaus Liebig nicht wahrnehmen. Ich muss ins Regiestudio. Vielleicht kann man was tun. Ich stehe langsam auf, die Tür ist gleich hinter mir, ich taste mich zurück, bekomme meinen Fotografen ins Blickfeld, der noch immer wie besessen lautlos abdrückt und abdrückt und … Ich bin aus der Tür, ich haste zum Regieraum. Aufgeregte Leute. Nicht alle verfolgen die Show im Studio, man hat auch am Empfang mitbekommen, was da gesendet wird. Der Regisseur liegt neben dem Regiepult. „Er atmet“, flüstert die Frau vom Empfang. „Gleich kommt die Rettung, und die Polizei kommt auch gleich.“
    Wie lange dauert es, bis die nächste Polizeistreife bei den Studios ist? Und: Dürfen sie eingreifen? Können sie es? Sind sie dafür ausgebildet? Bis jemand aus Wien kommt, dauert es auch bei Dauerblaulicht eine halbe Stunde.
    Ich starre gebannt auf die Reihe von Bildschirmen. Verschiedene Perspektiven. Alle haben Klaus Liebig im Mittelpunkt. Das würde ihm gefallen. Der Produzent geht um die Kochzeile herum.
    „Machen Sie sich nicht unglücklich“, sagt er. Seine Stimme ist leise, sie kommt mit sehr viel Hall, wie aus dem Grab. Natürlich. Er hat kein Ansteckmikrofon, seine Stimme
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