Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Millionär

Millionär

Titel: Millionär
Autoren: Tommy Jaud
Vom Netzwerk:
das Flatrate-Saufen verboten hat.
    »Du hast ihn nicht umgebracht, Simon.«
    »Warst du dabei?«, antworte ich barsch.
    »Nein. Aber du auch nicht wirklich. Du hast es doch selbst gesagt: er war in einem anderen Zimmer. Du hast ihn ja nicht mal erschrocken mit irgendwas.«
    »Ich hab ihn trotzdem umgebracht!«
    »Hast du nicht.«
    »Wohl!«
    »Nein! Hat doch dieser Dr. Parisius gesagt ...«
    »Parisi!«
    »Jedenfalls hast du's selbst erzählt eben.«
    Trotzig wende ich mich ab und schaue durch das mit bunten Buchstaben beklebte Fenster auf die belebte Straße. Ich komme mir vor wie auf Drogen, so präzise nehme ich plötzlich alles wahr: die leise tackernden Festplatten der WebWorld, die vorbeihetzende Frau mit den grauen Haaren und den Asiaten, der sich einfach eine Plastiktüte auf den Kopf gezogen hat gegen den Regen, statt ein dämliches Gesicht zu machen. Gar nicht mal so bekloppt, sind offenbar clever, diese Asiaten. Dazwischen blitzen immer wieder Bilder von Herrn Karl auf, wie er leblos auf dem Boden liegt. Shahin zieht noch immer alle Register, um mich aufzumuntern.
    »Simon! Du hast doch gesagt, er wollte Spaß und Unterhaltung! Die hast du ihm gebracht. Er ist so gestorben, wie er es gerne gehabt hätte.«
    »Na toll. Das erfüllt mich jetzt aber mit Stolz, dass ich den netten Herrn Karl so unterhaltsam ins Jenseits geplaudert hab!«
    »Das ist doch Quatsch ...« »Ich hab ihn umgebracht, Shahin. Da gibt's kein Vertun.«
    »Hast du nicht!«
    Ich springe so heftig von meinem Drehstuhl, dass er auf die Seite kippt.
    »Rausgeworfen aus dem Leben aus reiner Profitgier. Ich kotze mich an! Bääähh!«
    »Simon!«
    Mein Handy berichtet mir zitternd vom Eingang einer Kurzmitteilung. Wütend ziehe ich es aus der Tasche und drücke auf >Anzeige< und erstarre augenblicklich. Dort steht:
    Respekt. Sie sind ja nicht nur gewitzt sondern auch skrupellos. Ihr Honorar ist bereits angewiesen. Grüße. XX
    Mir wird ein wenig schummrig und ich setze mich.
    »Alles gut, Simon?«, fragt Shahin mich besorgt.
    Stumm schüttle ich mit dem Kopf. Dann sage ich gedämpft: »Ich höre auf, Shahin. Ich bin raus! Das war's mit der Seite. Ich kann nicht mehr weitermachen. Und das Honorar für Herrn Karl will ich auch nicht.«
    Ich warte vergebens auf Shahins Wutanfall, doch statt mich vom Gegenteil zu überzeugen, nickt er nur stumm.
    »Okay.«
    »Was meinst du mit okay?«
    »Ich steige auch aus, Simon.«
    »Wie bitte?«
    »Ich sagte, ich steig auch aus. Lass uns echt aufhören mit dem Scheiß. Weil ... ich wollte es dir so toll verkaufen, aber jetzt hast du mich auch ganz verrückt gemacht mit dem Mord.«
    »Siehst du, jetzt sagst du auch schon Mord!«
    »Mit Herrn Karl! Ich sag ja, du machst mich ganz verrückt. Wir haben eine Mail von eBay bekommen.«
    »Klasse. Werden wir also auch noch verklagt.«
    »Das ist es nicht .«
    »Was denn dann? Hast du die Shisha von Ahmadinedschad ersteigert?« »Jetzt halt mal die Klappe und lies.«
    Stöhnend tippe ich die Leertaste, um den SonnenuntergangsBildschirmschoner zu stoppen.
    »Zweite Mail von oben!«, ruft Shahin.
    »Jaaaa. Ich seh's ja schon!«
    Sehr geehrte Damen und Herren,
    da Sie auf unsere bisherigen Versuche, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen, nicht reagiert haben, bleibt mir leider nichts anderes übrig, als auf diesem Weg kurz zu präzisieren, was ich lieber in einem persönlichen Gespräch getan hätte. Mit großem Interesse haben wir in diversen Medien Berichte über Ihre »Online-Problemlöser-Seite« verfolgt. Kurz: Wir halten whatsyourproblem.de für eine so gute Idee, dass wir uns gerne daran beteiligen möchten. Konkret möchten wir Ihnen für das Recht der weltweiten Vermarktung Ihrer Seite die Summe von € 4000000 anbieten. Anderen Geschäftsmodellen sind wir selbstverständlich ebenfalls aufgeschlossen. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir schon bald erste Gespräche darüber beginnen könnten.
    Beste Grüße Sean C. McNaisbitt Legal Affairs Ebay GmbH Berlin
    Ich reibe mir die Augen und beuge mich so weit vor, dass ich mit meiner Nase den Bildschirm berühre. Ich lese den Namen »Sean C. McNaisbitt« laut vor; er klingt irgendwie authentisch. Doch all das hilft mir keinen Zentimeter, die Mail in ihrer Gesamtbedeutung zu verstehen, dafür bin ich viel zu grundverwirrt. Als ich meine Augen vom Bildschirm nehme, kommt ein strahlender Shahin mit zwei Gläsern und einer Champagnerflasche vom Kühlschrank zurück.
    »Shahin, hilf mir mal. Was will dieser McNaisbitt?«
    Stumm
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher