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Millionär

Millionär

Titel: Millionär
Autoren: Tommy Jaud
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schlimm, weil das ganze Blut ja gleich abfließen kann und außerdem bin ich ja Millionär. Also bald. Nach dem Abtrocknen sieht mein sonst weißes Saunatuch aus wie ein Fantuch von Bayern München. Ich beschimpfe es wüst, verbinde mir den blutenden Ellenbogen mit Klopapier. Es ist die letzte der Rollen, mit denen Annabelle mich beleidigt hat. Wie albern im Nachhinein. Und schade. Irgendwas ist da schief gelaufen. Vielleicht ja mal wieder ich . Immer noch ein wenig wattig im Kopf stapfe ich in Richtung Fernseher. Ich schaue eine Folge Simpsons, schalte aber blitzartig um, weil Montgo-mery Burns mich an den toten Herrn Karl erinnert. Bei der 61. Folge von Schau dich schlau mit dem sensationellen Thema »Huhn und Ei« schlafe ich kurz ein. Als ich inmitten des 80er-Jahre-Krachers Dirty Dancing wieder aufwache, geht es mir so gut, dass ich sogar einige Zeilen mitsinge.
    I've had the time of my life
    No I never felt this way before
    Yes I swear it's the truth
    And I owe it all to you
    I owe it all to you? Was hat der schmierige Ossi-Trainer noch gleich gesagt: Probleme sind verkleidete Möglichkeiten. In genau dieser Sekunde begreife ich zum ersten Mal, wem ich das ganze Geld zu verdanken habe: Johanna Snobtrulla Stähler!
    vilnius
    Was Shahin und mir am Donnerstag und Freitag passiert, könnte ich exakt so an Mr. Moneybooster durchfaxen; er hätte damit sicherlich eine großartige neue Hühnerfabel. Nur eine Nacht nach meinem Rückzug aus dem Irak treffen wir im schicken >Hotel im Wasserturm< auf die drei eigens wegen uns angereisten eBay-Schlipsträger: auf den Ami Sean C. McNaisbitt, der uns gemailt hat, und seine zwei kleinköpfigen Junganwälte mit vermutlich günstig ersteigerten Designerbrillen. Ich bin beeindruckt, wie genau das edel beanzugte Dreierpack weiß, was es für wie viel Geld will: den Domainnamen www.whatsyourproblem.de , die weltweiten Rechte zur Nutzung desselben sowie eine Unterlassungserklärung unsererseits, in den nächsten drei Jahren ein ähnliches Serviceprodukt ins Netz zu stellen. Wir haben schneller unterschrieben, als wir unsere Namen sagen können, und erhalten zwei Verrechnungsschecks über jeweils zwei Millionen Euro. All dies geschieht ohne großes Tamtam, man reicht uns die Schecks, als wären es irgendwelche Gutscheine für zwei Stunden Sauna oder einen Chefsalat mit Cheeseburger. Handshake und zurück zum Flughafen. Das war's!
    Mit offenem Mund schauen Shahin und ich der davonfahrenden Limousine nach. War das jetzt die New Economy? Web 2.0? Haben wir gerade wahnsinnig viel Geld für relativ wenig Arbeit bekommen oder sind wir sogar über den Tisch gezogen worden? Zwei Millionen Euro. Für jeden!
    »Glückwunsch«, lächelt Shahin, »bist ab sofort kein Bichareh mehr!«
    »Was heißt denn das jetzt überhaupt, Mann?«
    »Bichareh. So was wie Loser. Oder wörtlich: >Mann ohne Ausweg<.«
    »Ich hab mir so was gedacht«, grinse ich.
    Langsam, fast bedächtig gehen wir von der Hoteleinfahrt runter und laufen zurück in Richtung WebWorld. Beide sind wir uns der besonderen Bedeutung dieses Augenblicks bewusst.
    »Du kaufst jetzt das Haus, oder?«, fragt mich Shahin.
    »Ich kaufe das Haus. Und du? Sagst du mir jetzt, was du mit dem Geld machst?«
    Ein wenig unsicher fasst Shahin sich an die Nase.
    »Du wirst mich auslachen.«
    »Bestimmt nicht!«
    »Versprich es!«
    »Okay.«
    »Also, ich hab viel recherchiert und alte Kontakte aktiviert und so.«
    Ich platze fast vor Neugier.
    »Was machst du, Shahin?«
    »Eine Online-Störzucht am Kaspischen Meer!«
    Ich bleibe stehen und starre Shahin an.
    »Was?«
    »Das ist hochrentabel! Stell dir vor, du kannst hier in Köln auf deinem Computer die Störzucht steuern und dir deinen eigenen Kaviar ... - ach, leck mich doch!«
    Ich habe mir wirklich jede erdenkliche Mühe gegeben, ein Lachen zu unterdrücken. Vergeblich.
    Zurück in der WebWorld schreibe ich, nicht ohne Grinsen, Johannas Kündigung und gebe Zwirbeljupp telefonisch Bescheid, dass er einen Notartermin ausmachen kann, weil ich das Haus jetzt kaufen kann. Ohne Kredit.
    »Jetz ens ihrlich, Jung. Dat hätt ich nit gegläuv!«
    »Was?«
    Kurz bevor Shahin unsere Seite dicht macht, erreicht uns allerdings noch eine Nachricht von der Ingenieurgemeinschaft für Umwelttechnologien. Die Untersuchung der von Shahin besorgten Kindergarten-Materialproben hat nach der Analyse im Phasenkontrastmikroskop nach VDI 3866 und Rasterelektronenmikroskop mit EDX-Analyse Folgendes ergeben: stark erhöhte
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