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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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Reifen auf die Hauptstraße bogen. Kluftinger überlegte ein paar Sekunden. Dann sagte er: »Ich denke schon.«
    Strobl nickte. Auch er war überzeugt gewesen, dass sie am Flughafen den Mörder verhaftet hatten. Doch nun stellte sich die Sache ganz anders dar.
    »Was hat er noch gesagt? Wie ist das mit Lutzenberg gelaufen?«
    »Sie waren schneller als wir«, antwortete Kluftinger bitter. »Natürlich wollten sie die ganze Sache vertuschen. Und Lutzenberg war immer eine Gefahr dabei. Ich denke nicht, dass sie vorhatten, ihn umzubringen. Aber ich habe mich in diesem Fall schon so oft geirrt. Jedenfalls haben sie ihn dank Stoll, du weißt schon, dem Käser aus Böserscheidegg, gefunden. Dass wir da nicht draufgekommen sind …« Immer, wenn Kluftinger daran dachte, fühlte er sich mitschuldig am Tod des jungen Mannes.
    »Wir haben getan was wir konnten. Das mit dem Stoll war Zufall. Hätte auch ganz anders laufen können«, versuchte Strobl seinem Chef die Selbstzweifel zu nehmen.
    »Ja, vielleicht. Jedenfalls haben sie ihn auf der Hütte gesucht. Ob mit dem Vorsatz, ihn zu töten oder nicht, sollen die Richter entscheiden. Es kam wohl wieder zu einem heftigen Streit. Lutzenberg hieß sie gemeine Mörder. Und er hatte Angst vor ihnen. Das hat er mir ja auch am Telefon gesagt. Er wollte abhauen und ist vor der Hütte hingefallen. Was sein Sohn dann erzählt hat, werde ich bestimmt so schnell nicht vergessen: ›Als mein Vater ihn da hat liegen sehen, wie er dreckverschmiert versucht hat, wieder hochzukommen, ist er auf ihn zugestürmt. So habe ich ihn noch nie gesehen, mir ist ein eiskalter Schauer über den Rücken gelaufen.‹ Das hat Peter Schönmanger gesagt. Stell dir das mal vor: Seinen eigenen Vater so durchdrehen zu sehen.«
    Kluftinger schüttelte den Kopf, als wolle er damit das Bild aus seinem Kopf verbannen.
    »Er muss getrieben gewesen sein von Wut, Verzweiflung und unsäglicher Angst um sein Lebenswerk. Ich wüsste gern, ob er ihm noch in die Augen gesehen hat, bevor er den Prügel nahm, der am Boden lag, und Lutzenberg damit niederschlug. Aber er hat nicht nur einmal zugeschlagen. Er muss sich in einen regelrechten Blutrausch gesteigert haben. Immer wieder hat er draufgehauen. Und sein Sohn hat alles mit angesehen. Dann ist er anscheinend auf die Knie gefallen und hat geweint.«
    Bis die beiden Polizisten auf den Hof der Käserei einbogen, sprachen sie kein Wort mehr. Jeder versuchte, mit der schrecklichen Vorstellung des eben Gehörten so gut wie möglich fertig zu werden.
    In Krugzell sahen sie gleich, dass Strobl richtig recherchiert hatte. Das gesamte Gebäude war dunkel, die Hofbeleuchtung abgeschaltet. Nur in Schönmangers Büro brannte noch Licht.
    Sie sprangen aus den Autos, ließen die Türen offen stehen. Die Blaulichter drehten sich lautlos auf den Wagendächern weiter. Das Gebäude wurde abwechselnd in grelles Licht und dunkle Schatten getaucht.
    Mit zwei Polizisten in Uniform liefen sie zur Eingangstür. Sie ließen Kluftinger den Vortritt, blieben aber dicht hinter ihm. Die Tür war nicht verschlossen. Die Taschenlampen der uniformierten Beamten wiesen ihnen mit zuckenden Lichtkegeln den Weg. Im Haus herrschte absolute Stille. Nur die Schritte der auf der Metalltreppe nach oben stürmenden Polizisten hallten von den Wänden wider. Im Vorzimmer zu Schönmangers Büro sah Kluftinger unter dessen Türe einen schwachen Lichtschein. Er gab den anderen ein Zeichen, worauf die sich mit gezogener Waffen zu beiden Seiten der Tür postierten. Dann zog er selbst seine Pistole, nickte seinen Kollegen zu, holte tief Luft und stieß die Tür auf.
    Das Bild, das sich ihnen darbot, hatten sie nicht erwartet: Karl Schönmanger saß hinter seinem Schreibtisch im Schein der Bürolampe, die ein warmes, gelbes Licht verströmte. Langsam sah er hoch.
    »Einen Moment bitte noch,« sagte er mit gefasster Stimme, als habe er sie bereits erwartet.
    Er blickte auf das dunkelgrün eingebundene Buch vor ihm auf dem Tisch. Schönmanger griff zu einem schwarz-goldenen Füllfederhalter, unterschrieb sorgfältig am rechten unteren Rand des Blattes, pustete leicht über die feuchte Tinte, legte den Einmerkfaden diagonal über die Seite, klappte das Buch zu und platzierte es in der Mitte des Tisches. Dann schraubte er die Kappe wieder auf den Füller, legte ihn neben das Buch und stand auf.
    Niemand hatte bisher ein Wort gesprochen. Alle standen im Zimmer und sahen ungläubig zu Schönmanger. Strobl löste sich als erster aus
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