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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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guck mal, die Männer spielen Versteckus.« Ein kleiner Junge war mit seinem Vater an der Hand um die Ecke gebogen. Sie trugen beide kurze Hosen und Sandalen. Sie waren sehr braun, offenbar kamen sie gerade aus dem Urlaub.
    »Was ist denn hier los?«, fragte der Vater, der über seinen Shorts nur ein weißes Achselshirt mit der knallroten Aufschrift »Ironman« trug.
    »Der Herr blockiert die Klotüre und will nicht weggehen« sagte der Mann im Anzug, der in dem Vater einen Verbündeten wähnte.
    »Na das wollen wir doch mal sehen«, sagte der und ging mit abgewinkelten Armen, die ihn wohl breit und gefährlich aussehen lassen sollten, im Zusammenspiel mit seinen Sandalen, seiner Kleidung und dem Bauchansatz jedoch nur lächerlich wirkten, auf Kluftinger zu.
    »Jetzt aber weg da!«, rief er, worauf der Anzug einstimmte: »Ja, hauen Sie jetzt ab.« Aus dem Klo tönte wieder die Stimme »Rauslassen, sofort rauslassen!« und der kleine Junge feuerte seinen Vater mit den Worten »Hau ihn um!« an. Jetzt verlor Kluftinger langsam den Überblick und vor allem die Kontrolle über die Situation.
    »Ruu-heeee!«, schrie er und war erstaunt, dass seine Wutausbrüche offenbar auch bei Fremden ihre Wirkung nicht verfehlten: Schlagartig wurde es still. Mit gedämpfter Stimme sprach Kluftinger weiter: »Hören Sie, ich bin von der Polizei. In der Toilette befindet sich ein Verdächtiger, deswegen halte ich die Türe zu. Ich brauche Verstärkung, komme aber nicht an mein Handy, weil ich die Tür nicht loslassen kann.«
    »Das kann ja jeder sagen«, fand der Anzug als erster seine Sprache wieder und wollte gerade wieder seinen Körper in Richtung Kluftinger schieben, als dieser ihn anherrschte:
    »Dann schauen Sie doch nach! Mein Geldbeutel ist in meiner Hosentasche.«
    Der Anzug blickte sich um. Das Achselshirt zuckte mit den Schultern und begann, an Kluftingers Hosentasche herumzufingern. In diesem Moment kam ein weiterer Mann um die Ecke, blickte fragend auf die drei Männer und das Kind, die wie eine fleischgewordene Laokoon-Gruppe vor der Klotür standen, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand ohne ein Wort.
    »Tatsächlich, Polizei. Der Mann ist von der Polizei, Tim«, sagte der Vater zu seinem Sohn, so, als hätte er nie daran gezweifelt und nur das Kind noch davon überzeugen müssen.
    »Wenn ich bitten darf: Mein Handy. Andere Gesäßtasche«, sagte Kluftinger im Stakkato-Ton. Er wollte gerade damit beginnen, dem Anzug Strobls Nummer zu diktieren, da besann er sich:
    »Meine Herren, Sie haben die Polizeiarbeit hier schon genug behindert. Wie wäre es, wenn Sie jetzt mal meine Position einnehmen, damit ich Verstärkung holen kann?« Kluftingers Frage ließ nur eine Antwort zu: »Aber natürlich, sicher. Gerne, Herr Kommissar«, sagten die beiden unterwürfig.
    »Auf drei«, sagte Kluftinger worauf die beiden sich neben ihn stellten und sich bereit machten, den Türgriff zu übernehmen.
    »Eins, zwei, drei!« Der kleine Junge wollte ebenfalls helfen und feuerte seinen Vater an.
    Kluftinger betrachtete die drei amüsiert und wählte dann Strobls Nummer.
    Eine Minute später stand etwa ein Dutzend Polizisten vor der Toilette, wiesen die beiden Männer an, sich zu entfernen und öffneten mit vorgehaltener Waffe die Tür. Sie waren auf alles gefasst: Dass Schönmanger die Nerven verlieren würde, dass er sich im Klo verschanzt hatte und möglicherweise um sich schoss. Zu ihrer Überraschung bot sich aber ein ganz anderer Anblick: Ein Mann saß im Waschraum auf dem Boden. Er rauchte. Und er starrte Kluftinger an, als der die Toilette betrat.
    Er sagte nichts. Er schien resigniert zu haben. Kluftinger war erleichtert, dass es so glimpflich ausgegangen war.
     
    ***
     
    Kluftinger und Strobl waren noch vor Schönmanger im Präsidium angekommen. Sie hatten die Fahrt nutzen wollen, um ihre Taktik für das kommende Verhör abzustimmen. Sie nahmen sich vor, Schönmanger schonungslos mit all ihrem Wissen zu konfrontieren. Gleichzeitig mit Schönmanger, der von einem Münchner Streifenwagen nach Kempten gefahren worden war, traf auch dessen Anwalt ein.
    Der engere Kreis der Kripokollegen, die an dem Fall gearbeitet hatten, versammelte sich im Konferenzraum. Gegen 18.30 Uhr wurde Schönmanger hineingeführt, hinter ihm kam sein Anwalt. »Dr. Wolf«, stellte er sich vor und machte sich dadurch dass er statt seines Vornamens seinen Titel genannt hatte, in Kluftingers Augen sofort lächerlich.
    »Bitte, meine Herren, nehmen Sie Platz«,
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