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Milchbart (German Edition)

Milchbart (German Edition)

Titel: Milchbart (German Edition)
Autoren: Jutta Mehler
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Tinte.«
    »Tief in der Tinte«, bestätigte Fanni. »Auf der Tatwaffe wird meine DNS zu finden sein.«
    Hans Rot schoss so plötzlich von seinem Sessel hoch, dass dessen geschwungene Beine ein bedenkliches Knarzen von sich gaben.
    »Vorsicht«, rief Fanni, »ich fürchte, das Ding besteht bloß aus zusammengeleimten und mit Furnier bezogenen Spanplatten.«
    Hans ließ sich zurückfallen, und wieder ächzte das Holzgestell des Sessels laut. »Was sagst du da?«
    »Es handelt sich bestimmt um eine Imitation, die wahrscheinlich nicht besonders stabil ist.«
    Er sah sie einen Moment lang an, als hätte sie nun komplett den Verstand verloren. Dann besann er sich. »Über die Tatwaffe, meine ich. Hast du nicht erzählt, diese Bogner wäre erwürgt worden?«
    »Vermutlich mit einer Drahtschlinge«, bestätigte Fanni. »Und diese Drahtschlinge hat der Täter aus einer Metallfigur gerissen. Ich hatte diese Figur in der Hand. Habe mich sogar an ihr verletzt.« Fanni hielt ihrem Mann den Handteller hin, auf dem eine unschön ausgefranste Wunde leuchtete.
    Hans Rot starrte so intensiv auf das Mal, als wäre es das Denkarium aus »Harry Potter«, das Einblick in Gedanken und Erinnerungen anderer ermöglichte.
    Als Fanni ihre Hand zu einer Faust schloss und gegen die Brust presste, schüttelte er den Kopf. »Wir brauchen Hilfe. Wir müssen Leni und Marco zurückrufen.«
    Fannis Mund klappte auf und stieß einen Schwall Luft aus. »Aus den Flitterwochen? Bist du wahnsinnig geworden?«
    Hans hob die Hand und deutete mit dem Finger auf sie. »Man wird dich anklagen, Fanni, dich einsperren. Der Einzige, der dagegen etwas tun kann, ist Marco. Als Kriminalhauptkommissar kann er die Ermittlungen leiten.«
    »In Nürnberg und Umgebung«, antwortete Fanni atemlos, »wo sein Zuständigkeitsbereich liegt. Hier im Landkreis Deggendorf werden sie ihm den Marsch blasen, wenn er sich einmischt. Aber selbst wenn man sein Eingreifen tolerieren würde: WIR RUFEN DIE BEIDEN NICHT AUS IHREN FLITTERWOCHEN ZURÜCK !«
    »Ist ja gut«, lenkte Hans Rot ein, weil Fanni dicht vor ihm stehen geblieben war und beide Hände auf ihre Brust presste, die sich heftig hob und senkte.
    Hans Rot muss tatsächlich an sich gearbeitet haben! Wann hat er es früher schon einmal geschafft, derart über seinen Schatten zu springen und in irgendeinem Punkt nachzugeben?
    Fanni musste eingestehen, dass ihr Mann versuchte, ihr entgegenzukommen.
    Weil er dich zurückhaben will! Und ihm ist klar, dass er durch deine Amnesie die einmalige Chance dafür hat! Die will er nutzen – mit allen Mitteln!
    Wackerer Versuch, dachte Fanni. Und, ja, ich rechne ihm sein Zurückstecken hoch an. Aber wirklich ändern wird sich Hans Rot nie. Kaum würde ich wieder in Erlenweiler wohnen, würden die alten Muster zurückkehren.
    Du tust, als wären Hans Rot und Erlenweiler tatsächlich eine Option!
    Fanni barg das Gesicht in den Händen und rieb sich die Stirn. So war es ja wohl auch.
    Erschöpfung überkam sie mit neuer Wucht. Sie wünschte von Herzen, Hans Rot würde seinen Besuch bei ihr zu Ende bringen und in sein Haus nach Erlenweiler zurückfahren. Dann hätte sie sich in die Louis-quinze-Imitation schmiegen, die Augen schließen und sich nur den Gedanken hingeben können, die ihr willkommen waren.
    »Du siehst schrecklich müde und zerschlagen aus«, sagte Hans, während er sich erhob. »Setz dich hierher, da hast du es bequemer.«
    Sogar einfühlsam ist er geworden!
    Fürsorglich fasste er sie um die Schultern, als sie sich in den Polstersessel sinken ließ.
    Fanni schloss die Augen, schlug sie jedoch schon ein paar Sekunden später wieder auf, weil sie ein Scharren und Schleifen vernahm, das sie irritierte.
    Hans ging im Zimmer umher und machte Ordnung.
    Er hatte den Rattanstuhl wieder an den kleinen Ecktisch zurückgeschoben, wo ihn Fanni zuvor weggeholt hatte. Soeben rückte er ein paar Stifte gerade, die dort lagen, und arrangierte Bücher- und Zeitschriftenstapel auf einer geraden Linie. Dann nahm er Fannis Strickjacke vom Garderobenhaken und hängte sie in den Schrank. Dabei schien ihm aufzufallen, dass sich einer der Türknäufe gelockert hatte. Er drehte ihn fest.
    So ist er, dachte Fanni. Immer mit Kleinkram zugange, immer bestrebt, sich mit Belanglosigkeiten abzulenken. Hans Rot, der Herrscher im Bagatellreich.
    Als er nichts mehr zu tun fand, kam Hans zum Fenster herüber, unter dem Fanni saß, stützte sich mit beiden Händen am Sims ab und schaute hinaus.
    »Der ganze
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