Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Midleifcrisis

Midleifcrisis

Titel: Midleifcrisis
Autoren: Leif Lasse Andersson
Vom Netzwerk:
die erste Frau für dich klar …«
    Was für ein demütigendes Angebot!
    Joachim ist ein früher etwas unbeholfen wirkender Kumpel aus vergangenen Basketballtagen. Als aknegeplagten Reservespieler mit John-Lennon-Brille, Zottelhaaren und – haltet euch fest, Jungs – einer eigenen Teekannensammlung haben wir coolen Säue aus der Basketballgang ihn nie so recht ernst genommen. Die Mädchen allerdings auch nicht. Sie ließen sich zwar gerne zu seinen selbst gebackenen Keksen einladen, wärmten sich an Joachims nie enden wollendem Mitgefühl und schütteten ihm reihenweise ihr Herz aus, sobald es einer aus der Gang erfolgreich gebrochen hatte. Doch sobald Joachim Anstalten machte, auch mal unter den Pulli greifen zu wollen, erntete er mitleidige Blicke und Sätze wie: »Du bist so ein super Freund, echt jetzt, fürs Bett bist du mir viel zu schade!«
    Und jetzt will ausgerechnet dieser Penner mir das kleine Einmaleins der Anmache erklären!
    Joachim und ich waren uns nie besonders nah, irgendwie habe ich seine Existenz etwa 20 Jahre lang schlicht vergessen. Doch im Rahmen meines familiären Trennungsdesasters ist er mir wieder zugelaufen. Stand plötzlich vor der Tür, sagte: »Hey, Leif, ich hab gehört, du hast Ärger?« Hörte sich geduldig meinen Liebeskummer mit Laura an, und als Elke mich rauswarf, fuhr er mit seinem grünen VW-Bus meine Klamotten nach St. Pauli. Inzwischen führt er mich in die Geheimnisse von Hamburgs Aufreißerschuppen ein. Nicht, dass ich Joachim inzwischen als besten Freund bezeichnen würde, dafür ist er der Einzige, denn mit 39 Jahren hat man nicht mehr viele Singlekumpels zur Auswahl.
    Inzwischen hat Joachim seine Frauenstrategie grundlegend überarbeitet. Zottelhaare hat er immer noch, er betreibt im schmuddeligen Teil vom aufstrebenden In-Viertel St. Georg einen Laden für Hängematten, Räucherstäbchen und fernöstliche Teespezialitäten, in dem unterm Ladentisch auch noch mit weniger legalen Genussmitteln gehandelt wird. Dazu passend fickt er als inzwischen recht smarter Bon-Jovi-Verschnitt jede Ökotante, die mit ihrer Pluderhose unvorsichtigerweise in seinen Laden gewackelt kommt, wo er ihr – je nachdem, was ihm erfolgversprechender erscheint – von den Energieströmen des Universums, den Vorzügen veganer Ernährung oder seinen wilden Rucksackzeiten in Nepal berichtet.
    In der Kneipe gibt Joachim nach dem vierten Bier damit an, dass sein Kondomverbrauch nicht unter 50 Stück in vier Wochen läge, denn es gäbe nichts, worauf Frauen so derartig steilgingen, wie eine gerüttelte Portion Outlaw-Charme. Was ich ihm nach drei Ausflügen unbesehen glaube, denn unsere Kneipentouren verlaufen recht sprunghaft. Manchmal steht Joachim mitten im Satz auf, um bei irgendeiner Frau seine Telefonnummer zu hinterlassen. Als ich beim nächsten Ausflug betrübt weitere Einzelheiten meiner Datefiaskos erzählen will, bemerke ich einmal mehr, dass seine Aufmerksamkeit nachlässt. Joachim schnappt sich einen Stapel von 20 Servietten, auf die er mit Kuli sorgsam »Deine Augen sind wie Sterne, Joachim!« schreibt und seine Handynummer dazukritzelt. Als wir gehen, dreht er noch eine Runde durch den Laden und verteilt die Servietten wortlos an alle anwesenden Frauen, eine Woche später werde ich erfahren, dass sich tatsächlich zwei von den Mädels gemeldet haben und die Hübschere von beiden seit drei Tagen die Matratze mit ihm teilt.
    Beim Rausgehen klopft mir Joachim mitleidig auf die Schulter und nimmt unseren unterbrochenen Gesprächsfaden wieder auf. »Sag mal, du hast echt 200 Mücken gelöhnt, um ’ne fette Alte dann doch nicht zu ficken?«
    Als ich reuig nicke, tadelt er mich sanft: »Mensch, Leif, du warst doch früher nicht so ein Anfänger, dafür kannste dir auf der Süderstraße viermal einen blasen lassen oder im Thai-Puff zwei Muschis gleichzeitig leisten. Und soll ich dir ein Geheimnis verraten? Im Internet ist eh nur Resteficken.«
    Aber echt, Jungs, bevor ich in den Puff gehe, das schwöre ich mir, hat mich mindestens zehn Jahre keine Frau mehr rangelassen. Und was soll ich tun? Dieses Aufreißen in irgendwelchen Musikschuppen liegt mir nicht, und an den Wochenenden versuche ich, möglichst oft die Kinder zu sehen, was meinen Aktionsradius auch nicht eben erweitert.
    Außerdem birgt diese Internetflirterei durchaus ein gewisses Suchtpotenzial. Computer an und losgetextet, Computer aus und Ruhe ist, das geht sogar in der Kaffeepause und ist allemal vergnüglicher, als die Post von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher