Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron

Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron

Titel: Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
Autoren: Raymond Feist
Vom Netzwerk:
einfache Bürger zu Waffenkameraden, die ohne Rücksicht auf Rang und Herkunft Essen und Leid miteinander teilten. Eines hatte er schon gleich zu Anfang über die Tsuranis gelernt: Sie vergaßen niemals, wer und was sie waren. Was immer jetzt in dieser Hütte geschah, es war der Wunsch des Soldaten – nicht Zufall. Hokanu schien Pugs Augen auf sich zu fühlen, denn er sah ihn an. Ihre Blicke trafen sich kurz, ehe Pug wegblickte, wie es sich für einen Sklaven geziemte. Für einen Augenblick bestand eine Möglichkeit der Verständigung zwischen ihnen. Es war, als hätte der Soldat gesagt: Du glaubst nicht, daß ich ein Freund bin. Sei’s drum, solange du nur deiner Rolle gerecht wirst.
    Mit einem Winken seiner Hand sagte Hokanu dann: »Kehrt in eure Hütte zurück. Ruht euch gut aus, denn wir werden nach dem Nachmittagsmahl unsere Reise antreten.«
    Sie erhoben und verbeugten sich, ehe sie rückwärts die Hütte verließen. Pug schritt schweigend dahin, aber Laurie schwatzte munter. »Ich frage mich, wohin wir reisen?« Als er keine Antwort erhielt, fügte er hinzu: »Auf jeden Fall muß es dort besser sein als hier.«
    Pug fragte sich, ob es das wohl wirklich sein würde.
    Jemand schüttelte Pug an der Schulter, und er wachte auf. Er hatte in der Morgenhitze gedöst und die zusätzliche Ruhepause ausgenutzt, ehe er und Laune nach dem Nachmittagsmahl mit dem jungen Adligen aufbrechen sollten. Chogana, der ehemalige Bauer, den Pug empfohlen hatte, zeigte auf Laurie, der fest schlief, und bedeutete Pug, leise zu sein.
    Pug folgte dem alten Sklaven aus der Hütte hinaus. Im Schatten des Gebäudes ließen sie sich nieder. Langsam, wie es seine Art war, sagte Chogana: »Mein Herr Hokanu hat mir erzahlt, daß du dafür gesorgt hast, daß ich zum Sklavenmeister dieses Lagers ausgewählt wurde.« Sein braunes, verwittertes Gesicht strahlte Würde aus, als er den Kopf neigte. »Ich stehe in deiner Schuld.«
    Pug erwiderte seine Verbeugung, die im Lager recht ungewöhnlich war. »Aber nicht doch. Du wirst dich so verhalten, wie ein Aufseher es tun sollte. Du wirst gut für unsere Brüder sorgen.«
    Choganas altes Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. Dabei zeigte er Zähne, die vom jahrelangen Kauen von Tateen-Nüssen braune Flecken bekommen hatten. Die Nuß, die überall im Sumpf gefunden wurde, hatte eine leicht betäubende Wirkung. Darunter litt zwar die Arbeitskraft nicht, aber es erschien alles weniger hart.
    Pug hatte sich gewehrt, diese Gewohnheit anzunehmen – ohne daß er hätte sagen können, weshalb –, genau wie die meisten anderen Midkemianer. Irgendwie schien es ihnen ein Zeichen dafür zu sein, daß diejenigen, die es taten, ihren eigenen Willen vollends aufgegeben hatten.
    Chogana starrte auf das Lager. Im grellen Licht kniff er die Augen zu zwei schmalen Schlitzen zusammen. Das Lager war jetzt leer, abgesehen von der Leibwache des jungen Herrn und den Gehilfen des Koches. Aus der Ferne drang der Lärm der arbeitenden Männer herüber.
    »Als ich noch ein Junge war, auf dem Hof meines Vaters in Szetac«, begann Chogana,
    »entdeckte man eines Tages, daß ich ein Talent hatte. Ich wurde untersucht, überprüft und als unvollständig angesehen.« Diese letzte Bemerkung verstand Pug nicht, aber er wollte den alten Mann nicht unterbrechen. »Also wurde ich Bauer, wie mein Vater. Aber mein Talent war da.
    Manchmal sehe ich Dinge, Pug, Dinge in den Menschen. Als ich älter wurde, verbreitete sich die Kunde über mein Talent. Leute, vornehmlich arme Leute, kamen und baten um meinen Rat. Als junger Mann war ich arrogant und habe viel dafür verlangt, daß ich ihnen sagte, was ich sah. Als ich älter wurde, wurde ich bescheiden und habe genommen, was man mir angeboten hat. Aber immer noch sagte ich, was ich sah. Und immer waren die Leute böse, wenn sie mich verließen. Weißt du, warum?« fragte er kichernd. Pug schüttelte den Kopf. »Weil sie nicht gekommen waren, um die Wahrheit zu hören, sondern um zu vernehmen, was sie hören wollten.«
    Pug fiel in Choganas Lachen ein. »Also habe ich behauptet, das Talent hätte mich verlassen, und nach einer Weile hörten die Leute auch auf, meinen Hof aufzusuchen. Aber es hat mich niemals wirklich verlassen, Pug, und ich kann immer noch Dinge sehen, manchmal. In dir habe ich etwas entdeckt, und ich will es dir sagen, ehe du für alle Zeiten gehst. Ich werde in diesem Lager sterben, aber du hast ein anderes Schicksal vor dir. Willst du es hören?« Pug bejahte es, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher