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Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron

Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron

Titel: Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
Autoren: Raymond Feist
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Midkemia nicht sagen. Er untersuchte Pugs Wunden und erklärte die auf der Brust für oberflächlich. Mit der Hand jedoch sei es etwas anderes, lautete sein Urteil.
    »Der Schnitt ist tief, und die Muskeln und Sehnen sind durchtrennt. Es wird heilen, sie wird aber nicht mehr so beweglich sein. Und auch die Kraft beim Greifen wird nachlassen.
    Höchstwahrscheinlich wird er nur noch leichte Arbeit verrichten können.«
    Der Soldat nickte. Sein Gesicht zeigte einen merkwürdigen Ausdruck: eine Mischung aus Abscheu und Ungeduld. »Gut. Verbindet die Wunden, und dann laßt uns allein.«
    Der Arzt schickte sich an, die Stellen zu säubern. Er vernähte die Wunde in der Hand mit ein paar Stichen. Dann verband er sie und wies Pug nochmals an, sie sauberzuhalten, und ging. Pug ignorierte die Schmerzen; um es sich leichter zu machen, griff er auf eine alte Geistesübung zurück.
    Nachdem der Arzt gegangen war, musterte der Soldat die beiden Sklaven vor sich. »Das Gesetz verlangt, daß ich euch hänge, weil ihr den Sklavenmeister getötet habt.«
    Sie antworteten nichts. Sie würden schweigen, bis man ihnen zu reden befahl.
    »Aber da ich den Sklavenmeister hängen ließ, steht es mir frei, euch am Leben zu lassen, sollte das meinen Zwecken dienlich sein. Ich kann euch nur dafür bestrafen lassen, daß ihr ihn verletzt habt.« Er machte eine Pause. »Betrachtet euch als bestraft.«
    Dann winkte er mit der Hand. »Geht nun, aber kehrt bei Tagesanbruch hierher zurück. Wir werden beschließen müssen, was mit euch geschehen soll.«
    Sie gingen von einem Glücksgefühl erfüllt davon. Unter gewöhnlichen Umständen hätten sie jetzt gleich neben dem ehemaligen Sklavenmeister hängen müssen. Als sie den Platz überquerten, meinte Laune: »Möchte wissen, was das zu bedeuten hat.«
    »Ich habe zu große Schmerzen, um mich das zu fragen. Ich bin einfach schon dankbar, daß wir den morgigen Tag noch erleben dürfen.«
    Laurie sagte nichts mehr, bis sie die Sklavenhütte erreichten. »Ich glaube, der junge Herr hat etwas vor.«
    »Was auch immer. Ich habe es schon lange aufgegeben, unsere Herren zu verstehen. Deshalb bin ich auch so lange am Leben geblieben, Laurie. Ich tue einfach, was man mir aufträgt, sage nichts und dulde.« Pug wies auf den Baum, an dem man im blassen Mondlicht die Gestalt des ehemaligen Aufsehers hängen sehen konnte. Heute nacht leuchtete nur der kleine Mond. »Es ist viel zu leicht, so zu enden.«
    Laurie nickte. »Vielleicht hast du recht. Ich denke immer noch an Flucht.«
    Pug lachte. Es war ein kurzes, bitteres Geräusch. »Wohin denn, Sänger? Wohin könntest du laufen? Auf den Spalt und zehntausend Tsuranis zu?«
    Laurie sagte nichts. Sie kehrten zu ihren Plätzen zurück und versuchten, in der feuchten Hitze zu schlafen.

    Der junge Offizier saß auf einem Stapel Kissen. Es war so Sitte bei den Tsuranis. Er schickte den Wachtposten weg, der Pug und Laurie begleitet hatte, und bedeutete dann den beiden Sklaven, sich zu setzen. Zögernd gehorchten sie, denn für gewöhnlich war es einem Sklaven nicht gestattet, in Gegenwart eines Meisters zu sitzen.
    »Ich bin Hokanu, von den Shinzawai. Meinem Vater gehört dieses Lager hier«, berichtete er ohne Einleitung. »Er ist höchst unzufrieden mit der Ernte in diesem Jahr. Er hat mich geschickt, damit ich nachsehe, was getan werden kann. Jetzt habe ich keinen Aufseher, der die Arbeit überwacht, weil ein dummer Mann dich für seine eigene Dummheit verantwortlich machte. Was soll ich tun?«
    Sie antworteten nicht, denn sie wußten nicht, ob die Frage nur rein rhetorisch war. »Wie lange seid ihr schon hier?«
    Pug und Laurie sprachen nacheinander. Er dachte darüber nach und sagte dann: »Du« – er wies auf Laurie – »bist nichts Besonderes. Abgesehen davon, daß du unsere Sprache besser sprichst als die meisten Barbaren. Aber du« – er wies auf Pug –, »du bist länger am Leben geblieben als die meisten deiner halsstarrigen Landsleute, und auch du sprichst unsere Sprache gut. Man könnte dich sogar für einen Bauern aus einer der fernen Provinzen halten.«
    Sie saßen ganz still. Worauf wollte Hokanu hinaus? Entsetzt erkannte Pug, daß er wahrscheinlich ein, zwei Jahre älter war als dieser junge Herr hier. Er war sehr jung, um solche Macht zu haben.
    Die Sitten und Gebräuche der Tsuranis waren außerordentlich seltsam. In Crydee würde er noch immer ein Lehrling sein oder – wenn er dem Adel angehörte – weiterhin in der Kunst der Staatspolitik
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