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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc
Autoren: SF-Online
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Art falsch verstandener Solidarität heraus an und versagt gleichfalls den Dienst. Ich kenne ein paar Leute, die sich brennend für dieses Phänomen interessieren würden, aber ich werde mich auch weiterhin hüten, ihnen davon zu erzählen.
    Ich lag eine Weile unbequem da und überlegte. Das war alles ausgesprochen lästig. Ein Traum fiel mir ein, der ein paar Wochen zurücklag, und auf einmal fragte ich mich, ob das überhaupt ein Traum gewesen war: Ich hatte geträumt
    aufzuwachen, mitten in der Nacht, versteinert, zu Stahl
    geworden, doch dann hatte ich den geheimen Schalter
    gefunden, der meinen Körper verflüssigte, alles war gut
    gewesen, und ich war erleichtert wieder eingeschlafen.
    Seltsam. Ich tastete über den Bauch und befühlte einige der Kabelstränge, die sich da ab und zu wulstig unter der
    Bauchdecke abzeichnen wie Treibgut im Wogen der Gedärme, kleine harte Wülste, die schon die nächste Bewegung des
    Körpers zurück in die Tiefe zieht. Es musste ein Traum
    gewesen sein. Es gab keinen solchen Schalter.
    Etwas anderes fiel mir ein, das einmal gegen diese Art
    Blindheit geholfen hatte. Ich ließ den Bauch und begann, das linke Auge bei geschlossenen Lidern sanft zu massieren, so lange, bis Sternchen kamen. Dann hielt ich inne, öffnete es, 8
    und siehe da, aus grauen Nebeln schälte sich ein Bild. Die Decke meines Schlafzimmers. Vergilbte, mindestens dreißig Jahre alte Tapete. Wenn man es recht bedenkt, hätte ich längst einmal neu tapezieren können. Zeit hatte ich ja wahrhaftig genug.
    Nicht mehr völlig, sondern nur noch halb blind zu sein war zumindest ermutigend, wenn auch nicht richtig hilfreich. Ich betrachtete meinen rechten Arm, der verkrampft in die Höhe ragte wie ein abgebrochener Schiffsmast und sich anfühlte wie ein solider Block Metall, und fluchte erst mal erbittert vor mich hin. Der Harndrang schien nicht vorzuhaben, nachzulassen, also holte ich, in Ermangelung eines besseren Einfalls, noch einmal den Holzprügel herauf und schlug damit auf mich ein, wieder ohne Resultat.
    So etwas wie Panik begann sich in mir auszubreiten. Wilde Visionen, wie ich hier liegen bleiben würde, tagelang,
    eingenässt und unfähig, um Hilfe zu rufen. Verdursten würde ich. Mein Mund war jetzt schon ganz trocken. Wie lange es wohl dauern würde, bis man mich fand? Ziemlich lange,
    vermutlich. Ich lebe allein, zurückgezogen – man könnte
    sagen, einsam.
    Panik, wie gesagt. Und das Sedierungssystem war
    logischerweise auch nicht ansprechbar. Ich bemühte mich, langsam und tief zu atmen, konzentrierte mich auf den Druck in der Blase, und es wurde besser.
    Nachdenken war angesagt. Nicht unbedingt meine Stärke,
    aber man bemüht sich. Das künstliche Auge ausgefallen,
    gleichzeitig der Bewegungsapparat blockiert: Das konnte fast keine andere Ursache haben als einen Stromausfall im
    gesamten System. Ein Defekt der Nuklearbatterie war so gut wie ausgeschlossen; die ist der wahrscheinlich zuverlässigste Bestandteil meiner Innereien und wird frühestens ausgetauscht 9
    werden müssen, wenn ich an meinem 45. Geburtstag noch am Leben sein sollte. Blieb die Stromverteilung. In den
    vergangenen Jahren hatten sich zwar tatsächlich einige der angeblich unlösbaren Steckverbindungen in den Tiefen meines Körpers gelöst, aber die dadurch verursachten Wackelkontakte oder Kurzschlüsse hatten stets nur begrenzte Ausfälle zur Folge gehabt. Bisher hatte ich immer geglaubt, das System sei so konstruiert, dass ein totaler Stromausfall überhaupt nicht vorkommen könne.
    Allerdings habe ich in meinem Leben schon eine Menge
    Dinge geglaubt.
    Ich würde Hilfe brauchen.
    Es sind nur ein paar Schritte, sagte ich mir. Schritte. Schon allein das Wort klingt beruhigend. Nur drei, vier Schritte.
    Alles, was ich tun musste, war, mich aus dem Bett auf den Fußboden zu wälzen und mich dann Zoll um Zoll bis in den Flur zu zerren. Dort war das Telefon. Dort war Rettung. Nichts leichter als das.
    Bloß dass mein Körper in seinem augenblicklichen Zustand mehr Ähnlichkeit mit einer tonnenschweren Metallplastik hatte als mit sonst etwas. Ich zerrte und zog mit meinem einen Arm und manövrierte umher und versuchte, den starren Rest von mir ins Schaukeln zu bekommen, und steigerte mich in einen wahren Rausch von Kraftmeierei hinein, doch alles, was ich schließlich erreichte, war, mit dem Oberkörper aus dem Bett zu fallen, den Nachttisch mit dem Kopf umzustoßen und mit
    meinem rechten Arm so ungeschickt aufzukommen, dass
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