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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc
Autoren: SF-Online
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auf mich gewartet.
    »Ihre Lieferung geheimer biologischer Kampfstoffe.«
    Das ist nur ein Spiel, das sich zwischen uns entwickelt hat.
    Einerseits würde Billy für sein Leben gern wissen, was in den Paketen ist, die ich alle vier Tage zugeschickt bekomme, und weil ich es ihm nicht verrate, ist er eines Tages darauf verfallen, einfach zu raten, in der Hoffnung, mich auf diese Weise aus der Reserve zu locken. Andererseits weiß er, dass es ihn als Postbediensteten überhaupt nichts angeht, was er befördert, und deswegen rät er nicht ernsthaft, sondern macht sich einen Spaß daraus, mit möglichst irrwitzigen
    Vermutungen aufzuwarten.
    Doch manchmal liegt er verdammt nah an der Wahrheit
    damit.
    »Daneben«, sagte ich trotzdem, wie immer.
    Während er nach hinten ging, um das Paket zu holen,
    überflog ich die Schlagzeilen der lokalen Tageszeitungen, die neben dem Schalter aushängen. Mehrspaltiger Aufmacher war 21
    eine Debatte um wirtschaftspolitische Fragen im Dubliner Parlament, während weltpolitische Belanglosigkeiten wie
    Unruhen im Nahen Osten oder ein säbelrasselndes chinesisches Manöver vor der Küste Taiwans in wenigen Sätzen
    abgehandelt wurden. Das genügt mir, um in groben Zügen
    informiert zu bleiben, und mehr brauche ich nicht.
    »Ich komm schon noch drauf«, meinte Billy, als er mir das Paket herausreichte.
    »Na klar«, erwiderte ich. Es ist ein Ritual, wie gesagt.
    Postlagernd, nicht zustellen steht auf dem Etikett unter meinem Namen und der Adresse des Postamts Dingle.
    Lieutenant Colonel Reilly widerspricht dem Vorwurf, das sei eine Schikane. Abgesehen von diversen praktischen
    Erwägungen mache er das, um mich am Leben und wohlauf zu wissen: Sollte ein Paket nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist zurückgeschickt werden, käme er sofort angereist, um nach mir zu sehen. Wobei sofort in diesem Fall fast wörtlich zu verstehen ist: Reilly hat die Befugnis, sich von der US Air Force zu jedem beliebigen Zeitpunkt an jeden beliebigen Ort der Erde bringen zu lassen, wenn er es für nötig hält.
    Mit anderen Worten, wenn das mit dem Taschenmesser
    schief gegangen wäre, hätte er morgen vor meiner Tür
    gestanden und hätte mich schreien gehört. Na also. Was hatte ich mir denn Sorgen gemacht?
    Ich stopfte das Paket in die Umhängetasche und fühlte mich schon beinahe wieder wie immer, als ich die Post verließ.
    Meine Pakete enthalten keine biologischen Kampfstoffe,
    aber etwas, das nicht weit weg davon ist. Da man mir, um Platz zu schaffen für zahlreiche angeblich hochwichtige Implantate, den größten Teil meines Darms entfernt hat, ist die
    Darmpassage heute zu kurz, um normalen Nahrungsmitteln die 22
    lebensnotwendigen Nährstoffe zu entziehen. Was bedeutet, dass ich mich nicht mehr auf die übliche Weise ernähren kann.
    Stattdessen erhalte ich ein biologisch hochaktives
    Nahrungskonzentrat, eine Art lebende Zellkultur, die derart angereichert ist, dass die Dosen, in denen man es mir schickt, nicht nur ein Verfallsdatum, sondern sogar eine Verfallsuhrzeit aufgedruckt haben, die ich peinlich genau einhalten muss, weil mich das Zeug sonst vergiften kann. Wenn ich eine Dose öffne, muss ich sie innerhalb von sechs Stunden leer essen und
    eventuelle Reste mit einer speziellen Dünnsäure auflösen, damit die Kanalisation nicht zuwuchert oder schäferhundgroße Monsterratten heranwachsen oder was weiß ich, was sonst
    passieren kann. Zusammensetzung und Herstellungsweise des Konzentrats sind streng geheim. Alle vier Tage erhalte ich einen Vorrat von acht Dosen, genau die richtige Menge bis zum nächsten Paket, und das funktioniert tatsächlich seit über einem Jahrzehnt reibungslos. Aber natürlich haben sie mich dadurch an der kurzen Leine, und ich kann nicht das Geringste dagegen machen.
    Draußen kreuzte Mrs Brannigan meinen Weg, voll bepackt
    mit Einkäufen und fürchterlich in Eile, was an ihr, mit ihrem vollen weißen, wehenden Haar und ihrer walkürenhaften
    Statur, besonders beeindruckend aussah. Sie leitet die
    Ortsbücherei, was sie zu meiner wichtigsten Bezugsperson macht, und besagte Bücherei war, wie mir ein rascher Check der Uhrzeit verriet, seit zwanzig Minuten geöffnet und somit in den alleinigen Händen von Riona, der ebenso jungen wie
    unerfahrenen Praktikantin, was die Hast erklärte, die Mrs Brannigan an den Tag legte.
    »Mister Fitzgerald!«, keuchte sie. »Gott sei gelobt, dass ich Sie treffe. Sie müssen mir helfen.«
    23
    Ein deutlich vernehmbares Pochen in meinem
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