Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Mick Jagger: Rebell und Rockstar

Titel: Mick Jagger: Rebell und Rockstar
Autoren: Marc Spitz
Vom Netzwerk:
Version unter dem Titel Let It Be – Naked herausgebracht, was vom Publikum mit feindseliger Gleichgültigkeit quittiert wurde.
    Warum ließ sich Jagger nur auf so was ein? Dass er da mitmischte, war an sich schon eine Überraschung. Die Hardcore-Stones-Puristen waren entsetzt. Doch wenn es irgendetwas gibt, dass Jagger noch mehr hasst als Nostalgie, dann vorhersehbar und für keine Überraschungen mehr gut zu sein. Außerdem hatte der Nellcôte-Kult, der eigentlich ein Keith-Kult war, auch für Mick sein Gutes.
    Und zu guter Letzt war das auch einfach eine Herausforderung. Und die bestand darin, dass man bereit sein musste, sich durch Hunderte von undatierten Archivboxen mit Tonbändern zu wühlen. Und dazu waren die Stones erwiesenermaßen ganz besonders qualifiziert, da sie seit Ende der 60er immer wieder auf Material zurückgriffen, das auf zahllosen Tapes von irgendwelchen Sessions darauf wartete, dass man es sich noch einmal anhörte. Und so stammten auch die Exile -Songs nicht alle von den vorangegangenen Exile -Sessions. Mick Jagger kam in einem 1982 mit Creem geführten Interview darauf zu sprechen: »Nehmen wir zum Beispiel ›Sweet Virgina‹, das auf Exile on Main Street veröffentlicht wurde. Den Song hatten wir schon vor Beggars Banquet aufgenommen. Du verstehst, was ich meine? Solche Sachen haben wir immer wieder gemacht, wir haben Sachen beiseite gelegt, weil manche Songs in einem bestimmten Zusammenhang gut funktionieren und andere eben nicht. Das sagt aber über die Qualität rein gar nichts aus, entscheidend ist, dass ein Song nicht alt klingt.« Hingegen war das Ziel bei der Neuedition von Exile , dass die Songs alt klangen, sich aber neu anfühlten.

    © WireImage
    Achtunddreißig Jahre nach dem Erscheinen von Exile On Main Street 1972 präsentieren die verbliebenen drei Stones der damaligen Besetzung die Neuveröffentlichung des Albums und die Filmdokumentation Stones in Exile .
    Mick beauftragte den Stones-Produzenten Don Was damit, sich auf die Suche nach ungenutztem Studiomaterial aus der damaligen Zeit zu begeben. »Als Mick mich anrief und zum ersten Mal davon erzählte«, erklärte Was der New York Times , »hörte es sich an, als wolle er sagen: ›Kannst du mir mal einen Gefallen tun und den Müll rausbringen, Mann?‹« Während sie sich im Archiv der Stones, das Don Was an die große Lagerhalle in der letzten Szene von Jäger des verlorenen Schatzes erinnert, durch etliche Stunden Bandmaterial hörten, sortierten sie das eine oder andere aus, dass sie vom Sound und Feeling her der Exile -Periode zuordneten. Einiges davon stammte eindeutig aus dieser Zeit, wie etwa eine Alternativversion des auf dem Originalalbum vertretenen »Loving Cup«, oder eine von Keith gesungene Variante von »Soul Survivor«. Bei ein paar Bändern ließ zwar eine Altersbestimmung darauf schließen, dass sie aus der fraglichen Zeit stammten, dennoch stellten sie die Hörer vor eine Herausforderung, denn es gab keine Gesangsspur. Mick beschloss, diese unfertigen Songs, die fast vierzig Jahre auf dem Buckel hatten, zu vollenden. »Ich hab mir das alte Album noch mal angehört und versucht, mich ein bisschen in die damalige Situation hineinzuversetzen«, erklärte er seine Herangehensweise in einem Interview mit dem Rolling Stone .
    Irgendwann steckte Mick mitten drin in der Arbeit; wenn er ihr auch sonst nichts hätte abgewinnen können, so war das zumindest etwas völlig Neues und daher per se interessant. Als allmählich durchsickerte, dass man eine komplett neue Gesangsspur aufgenommen hatte, hielt man sich im Lager der Stones bedeckt. Nicht etwa, weil man sich vor verfrühtem Rumgenörgel fürchtete, sondern weil man bereits wusste, was bald alle selbst hören konnten: Das Experiment war erfolgreich. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit klangen diese quasi neuen Songs wie großartige Stones-Nummern. »Ich weiß nicht, ob das ihre Glaubwürdigkeit schmälert«, sagte Mick über seine behutsam optimierten Vocals. »Ich hätte euch ja auch anflunkern können, ihr hättet mir alles geglaubt.«
    Jimmy Miller, der ursprüngliche Produzent von Exile on Main Street , war bereits 1994 gestorben. Aber Andy Johns, der Techniker, der die Platte 1972 in den Ocean Way Studios in Los Angeles abgemischt hatte, war bei der Neuedition ebenso mit an Bord wie der berühmte Toningenieur und Produzent Bob Clearmountain. Keith Richards steuerte noch ein paar zusätzliche Gitarrenparts bei und Mick Taylor, der die Band 1974 verlassen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher