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Michelle Reid

Michelle Reid

Titel: Michelle Reid
Autoren: Glut in dunklen Augen
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Windschutzscheibe nach vorne. Ihr Profil gleicht dem einer makellosen Madonna, schoss es Leo unwillkürlich durch den Kopf. Doch als er seinen Blick zu ihrem Mund wandern ließ, fiel ihm wieder ein, dass diese Lippen garantiert nicht zu einer keuschen Heiligen gehörten. Weich und sinnlich, die Oberlippe ein wenig schmaler als die untere. Wieder vermeinte er ein Flehen zu hören: Küss mich …
    Abermals durchflutete ihn heißes Verlangen. Nichts als eine momentane Schwäche, redete er sich stur ein.
    Doch das stimmte nicht. Denn seit er Natasha auf ihrer Verlobungsparty begegnet war, hatte er eine seltsame erotische Neugier verspürt.
    Auch ihre Schwester war dort gewesen. In ihrem apricotfarbenen Kleid, natürlich speziell für sie entworfen, damit jeder ihre perfekte Figur bewundern konnte, war sie gleich der Mittelpunkt der Party geworden.
    Natasha hingegen hatte klassisches Schwarz getragen. Damals hatte ihn ihre Wahl schockiert. War Schwarz nicht die Farbe der Trauer? Er erinnerte sich, dass er eine Bemerkung in diese Richtung hatte fallen lassen.
    Vielleicht hätte ich das nicht sagen sollen, überlegte er jetzt. Vielleicht hätte er seine sarkastische Meinung für sich behalten sollen.
    Seither hatten sie kaum ein Wort miteinander gewechselt. Natasha mochte also große dunkle Griechen nicht, die kein Blatt vor den Mund nahmen. Er hingegen mochte keine vorlau
    ten Popsternchen, die dürr wie ein Ast waren. Das war Ricos Metier. Er bevorzugte weibliche Frauen mit verführerischen Rundungen.
    Wie Natasha.
    Leo runzelte die Stirn, während sie die Themse überquerten. Was zum Teufel hatte Rico eigentlich mit Natasha gewollt? Hatte er etwa etwas mit der einen Schwester angefangen, um an die andere heranzukommen? Und hatte sein egoistischer Stiefbruder dann eine Art Gewissen entwickelt und Natasha gebeten, ihn zu heiraten?
    Falls ja, war es mit seinem Gewissen nicht weit her.
„Wohin fahren wir?“, fragte Natasha, als er den Wagen mit quietschenden Reifen in eine enge Nebenstraße lenkte. „Zu meinem Haus.“ „Aber ich will nicht …“ „Soll ich dich zu deinem Apartment fahren? Möchtest du gemütlich mit deiner Handtasche auf dem Schoß in einem Sessel sitzen und darauf warten, dass einer der beiden kommt und dich anfleht, ihm zu vergeben?“
    „Nein“, entgegnete sie mit bebender Stimme.
    „Denn sie werden kommen“, fuhr er fort, unfähig, die sarkastischen Kommentare zu unterlassen. „Cindy braucht dich, damit du ihr Leben organisierst und sie weiterhin das Popsternchen spielen kann. Und Rico braucht dich, um seine Mutter glücklich zu machen. Angelina mag dich und sieht in dir seine Retterin vor einem ausschweifenden Leben voller Frauen und Alkohol.“
    War das des Rätsels Lösung? Benutzte Rico sie, um seine besorgte Mutter zu besänftigen? Erneut füllten Natashas Augen sich mit Tränen, als sie sich an ihre erste Begegnung mit Angelina zurückerinnerte. Ein glückliches Lächeln hatte sich auf ihrem Gesicht ausgebreitet. „So ein nettes Mädchen“, hatte sie später gesagt.
    Hatte Rico in diesem Moment entschieden, dass es eine gute Idee sein könnte, sie zu heiraten? Immerhin hatte er nur ein paar Tage danach um ihre Hand angehalten. Und wie ein Idiot hatte sie Ja gesagt. Dabei lief außer einigen wenigen Küssen gar nichts zwischen ihnen.
    Kein Wunder. Sie entsprach nicht Ricos Typ, sondern dem seiner Mutter. Rico stand auf Frauen wie Cindy. Sie verspürte einen scharfen Stich im Herzen. Unglücklich wandte sie sich ab und schaute blickleer aus dem Fenster.
    Auch Leo erkannte die traurige Wahrheit. Rico wollte sie heiraten, um seiner Mutter zu gefallen, die in letzter Zeit einige erzürnte Bemerkungen über seinen unsteten Lebenswandel gemacht hatte. Denn verärgern durfte Rico sie auf keinen Fall, war sie doch – neben Leo – sein Schlüssel zum Christakis-Vermögen.
    Damit wurde Natasha ebenso zur Marionette wie Leo. Seit sein Vater vor acht Jahren Angelina geheiratet und sie ihren achtzehnjährigen Sohn mit in die Ehe gebracht hatte, hatte Leos Leben sich nur noch darum gedreht, Rico das Gefühl zu geben, in der Familie willkommen zu sein. Und als sein Vater Lukas so unerwartet starb, kümmerte er sich weiterhin um Rico, um Angelina glücklich und zufrieden zu machen. Denn sie hatte seinen Vater aufrichtig geliebt, und sein Tod hatte sie tief getroffen.
    Aber damit ist jetzt Schluss, schwor er sich. Es war an der Zeit, dass Angelina und Rico ihre Leben endlich wieder selbst in die Hand
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