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Michel bringt die Welt in Ordnung

Michel bringt die Welt in Ordnung

Titel: Michel bringt die Welt in Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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ungefähr.
    Natürlich machte Michel so gut wie jeden Tag seine Streiche und er saß auch fleißig im Tischlerschuppen, was aus den blauen Schreibheften dieser Zeit hervorgeht. Aber jetzt mitten in der Erntezeit hatte Michels Mama es eilig. Deshalb stand da manchmal nur »Michel im Tischlerschuppen«, ohne dass erzählt wurde, warum.
    Michel nahm jetzt jedes Mal, wenn er in den Tischlerschuppen musste, Knirpsschweinchen mit; denn zusammen mit einem lieben kleinen Schwein ging die Zeit schneller vorüber. Er konnte ja nicht immerzu Holzmänner schnitzen. Stattdessen brachte er Knirpsschweinchen alle möglichen Kunststücke bei, Kunststücke, von denen wohl kein Mensch in ganz Lönneberga sich hätte träumen lassen, dass ein gewöhnliches Smålandschwein sie lernen könnte. In aller Heimlichkeit tat er es und Knirpsschweinchen war gelehrig und sehr zufrieden mit allem, besonders, weil es jedes Mal, wenn es etwas Neues gelernt hatte, mit irgendeiner Leckerei von Michel belohnt wurde. Michel hatte nämlich einen ganzen Vorrat an Zwieback und Keks und getrockneten Kirschen und anderen essbaren Dingen in einer geheimen Dose hinter der Hobelbank. Er wusste ja nie, wann er im Tischlerschuppen landen würde, und wollte dann nicht noch unnötig hungern.
    »Mit ein bisschen Schlauheit und einigen getrockneten Kirschen kann man einem Schwein so ziemlich alles beibringen«, erklärte Michel Alfred und Ida an einem Samstagabend, als er ihnen Knirpsschweinchens geheime Kunststücke vorführte, die bisher noch niemand zu sehen bekommen hatte. Das geschah in der Fliederlaube und es war ein großer Augenblick – für beide, für Michel und für Knirpsschweinchen. Alfred und Ida saßen da auf einer Bank und sperrten die Augen auf vor Staunen über Knirpsschweinchens ungeahnte Fähigkeiten. So ein Schwein gab es nicht noch einmal. Es konnte brav sitzen wie ein Hund, wenn Michel »Sitz brav« sagte, und wie tot daliegen, wenn Michel rief »Lieg tot«, und es konnte die rechte Pfote zum Dank heben, wenn es getrocknete Kirschen bekam.
    Ida klatschte vor Entzücken in die Hände.
    »Kann es noch mehr?«, fragte sie eifrig.
    Da rief Michel »Galopp!« und schon lief Knirpsschweinchen in der Fliederlaube im Kreis herum. Und wenn Michel in kurzen Abständen »Hopp!« rief, machte es kleine Luftsprünge und danach rannte es weiter, zufrieden mit sich selbst, das sah man.
    »Oh, wie ist es süß«, sagte Klein-Ida und es sah wirklich 
     

     

     
    süß aus, wenn Knirpsschweinchen in der Laube seine kleinen Luftsprünge machte.
    »Unnatürlich ist es schließlich doch für ein Schwein«, sagte Alfred.
    Aber Michel war stolz und glücklich. In ganz Lönneberga und ganz Småland gab es kein Schwein wie dieses, das war sicher.
    Mit der Zeit brachte Michel dem Knirpsschweinchen auch Seilspringen bei. Hast du jemals ein Schwein über ein Seil springen sehen? Nein, das hast du nicht und Michels Papa auch nicht. Aber eines Tages, als er zum Stall kam, sah er dort Michel und Ida stehen. Zwischen sich schwenkten sie einen alten Zügel und über diesen Zügel sprang Knirpsschweinchen, dass der Sand nur so um seine kleinen Pfoten stob.
    »Das macht ihm Spaß«, versicherte Klein-Ida, aber darauf biss ihr Papa nicht an.
    »Schweine sollen keinen Spaß haben«, sagte er. »Sie sollen Weihnachtsschinken werden. Aber bei dem Gehopse wird es so mager wie ein Jagdhund, und das will ich nicht.«
    Das gab Michel einen Stich. Weihnachtsschinken aus Knirpsschweinchen – so weit hatte er nicht gedacht! Aber jetzt dachte er. Und er fragte sich, ob das hier nicht einer dieser Tage war, an denen er seinen Papa nicht so besonders mochte.
    Es war Dienstag, der 10. August, an dem Michel seinen Papa nicht besonders mochte. Es war frühmorgens an einem sonnigen, warmen Sommertag, als Knirpsschweinchen vor dem Stall über das Seil sprang und Michels Papa das von dem Weihnachtsschinken sagte. Dann verschwand er, denn gerade an diesem Tag begannen sie auf Katthult mit der Roggenernte, und Michels Papa musste bis zum Abend auf dem Roggenfeld bleiben.
    »Das Beste, was du tun kannst, Knirpsschweinchen«, sagte Michel, als sein Papa gegangen war, »bleib mager wie ein Jagdhund, dann kommst du vielleicht durch, sonst … Du kennst meinen Vater nicht!«
    Den ganzen Tag ging Michel umher und hatte Angst um sein Knirpsschweinchen und machte nur ein bisschen Kleinunfug, der kaum bemerkt wurde. Er setzte Ida in den alten Trog am Brunnen, wo die Pferde und Kühe Wasser bekamen, und

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