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Michael, der Finne

Michael, der Finne

Titel: Michael, der Finne
Autoren: Mika Waltari
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obwohl es vielleicht besser gewesen wäre, du wärest gestorben. Aber jetzt fort mit dir!«
    Ich dankte Jungfer Pirjo für ihre Freundlichkeit, tätschelte den Hund zum Abschied und knüpfte die drei Silbergroschen in den Latz meines Hemdleins. Dann trottete ich heimwärts, am Flußufer entlang; unterwegs bemerkte ich, daß die Haustüren der Reichen eingeschlagen und die Glasfenster des Rathauses gestohlen worden waren. Niemand hatte Zeit, auf mich zu achten, denn die Bürgersfrauen waren eifrig daran, ihr verstörtes Vieh, das man aus seinen Verstecken in den Wäldern hereingetrieben hatte, zusammenzusuchen, während in den verlassenen Häusern die Nachbarn herumstöberten und alles noch brauchbare Gerät bargen, auf daß es nicht verlorengehe oder Dieben in die Hände falle.
    Ich trat in unsere Hütte und fand dort nichts mehr vor; weder Spinnrad noch Wasserschaff, weder Kochtopf noch Holzlöffel noch auch das kleinste Stück Zeug, mich darein zu hüllen. Nichts war zurückgeblieben außer Lachen geronnenen Blutes, die der hartgestampfte Fußboden nicht aufsaugen konnte. Ich legte mich auf die irdene Bank und weinte mich in einen tiefen Schlaf.
3
    Früh am Morgen wurde ich geweckt, als ein Mönch in schwarzem Habit eintrat; ich fürchtete mich jedoch nicht, denn er hatte ein rundes, freundliches Gesicht. Er wünschte mir Gottes Frieden und fragte, ob ich hier zu Hause sei. Dies bejahte ich, und er erwiderte: »Freue dich, denn das Sankt-Olafs-Kloster hat das Haus übernommen und dich so von allen Sorgen befreit, die irdischer Besitz mit sich bringt. Durch die Gnade Gottes hast du diesen Freudentag erlebt – du mußt nämlich wissen, daß ich hierhergesandt wurde, diese Hütte von allem Bösen zu reinigen, das an den Stätten eines plötzlichen Todes sein Unwesen treibt.«
    Aus Gefäßen, die er mitgebracht hatte, begann er nun Salz und Weihwasser über den Fußboden und um den Herd, in die Türangeln und auf den Fensterladen zu sprengen, wobei er sich bekreuzigte und kräftige lateinische Anrufungen hersagte. Dann setzte er sich neben mich auf die Bank, auf der ich geschlafen hatte, entnahm seinem Ränzel Brot, Käse und Dörrfleisch und hieß mich auch zulangen, indem er meinte, nach so anstrengender Arbeit sei eine kleine Zwischenmahlzeit vonnöten.
    Nachdem wir gegessen hatten, eröffnete ich ihm, ich möchte für Michael Michaelsson und sein Weib eine Seelenmesse lesen lassen, um sie aus den Qualen des Fegefeuers zu befreien, denn ich wußte, daß diese ärger waren als alle irdischen.
    »Hast du Geld?« fragte der gute Mönch. Ich löste den Knoten im Latz meines Hemdleins und zeigte ihm meine drei Silbermünzen. Er lächelte noch freundlicher, streichelte mir das Haar und meinte: »Nenn mich Pater Petrus, denn ich heiße Petrus, wenn ich auch kein Fels bin. Hast du nicht mehr Geld?«
    Ich schüttelte den Kopf, und er sah traurig drein, denn eine Messe sei für einen so geringen Betrag nicht zu haben.
    »Aber«, fuhr er fort, »wenn wir etwa den Heiligen Heinrich, der selbst einen gewaltsamen Tod von Mörderhand erlitten hat, bewegen könnten, für die Seelen dieser guten Leute Fürsprache einzulegen, so wäre die Kraft seiner heiligen Fürsprache ohne Zweifel stärker als die beste Messe.«
    Ich bat ihn, mich zu unterweisen, wie ich St. Heinrich meine Bitte vortragen solle; allein er schüttelte den Kopf.
    »Dein bescheidenes, kleines Gebet hätte wohl kaum Gewicht bei ihm; ja, ich fürchte, es würde in dem Schwall von Gebeten, der in diesen Tagen seinen Thron umspült, wie ein Mäuslein ersaufen. Wenn hingegen ein wirklich starker Mann des Gebetes – einer, der sein ganzes Leben der Armut, der Keuschheit und dem Gehorsam geweiht hat – die Sache übernähme; wenn er, sagen wir, eine Woche lang deine verstorbenen Großeltern in die Stundengebete einschließen wollte, so würde St. Heinrich gewiß seiner Bitte ein geneigtes Ohr leihen.«
    Ich fragte: »Wo kann ich einen so starken Gebetsmann finden?«
    »Du siehst ihn vor dir«, versetzte Pater Petrus mit bescheidener Würde, und mit diesen Worten nahm er mir die Silberlinge aus der Hand und ließ sie flugs in seinen Beutel gleiten. »Ich werde die Gebete heute zur Sext und Non beginnen und sie zur Vesper und Complet fortsetzen. Den Vigilien ist meine Gesundheit nicht gewachsen, weshalb mich unser guter Prior oft dem Nachtoffizium fernbleiben läßt. Allein deine geliebten Angehörigen sollen darunter nicht leiden. Ich will dafür zu den anderen Stunden
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