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Messertänzerin

Messertänzerin

Titel: Messertänzerin
Autoren: S Rauchhaus
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Wissen, Wahrheit und Fortschritt, und Euer Tod – und Euer angeblicher Verrat – hat den Menschen den Mut genommen. Aber wenn die Älteren Euch erkennen, werden Sie Euch zuhören.«
    Leasar schnaubte. »Inzwischen glauben sie Warkans Lügen mehr als ihrer eigenen Überzeugung von vorgestern. Sie haben Yorak verteufelt, obwohl er wirklich Großes für unser Volk geleistet hat. Wollt ihr riskieren, dass sie diesen Mann vom Dach schießen wie einen lästigen Vogel?«
    Yorak atmete tief ein. »Das ist mein Risiko, und ich wäre bereit, es einzugehen. Und ihr glaubt tatsächlich, dass sie mir zuhören würden?«
    »Jetzt, da die Lichter das Volk nicht mehr beeinflussen, ist Warkan auf seine eigene Überzeugungskraft angewiesen«, sagte Tajan nachdenklich. Plötzlich sah er Divya in die Augen und nahm ihre Hand. »Wenn ich von der Unrechtmäßigkeit seiner Regierung überzeugt werden konnte …«, er drückte Divyas Finger und lächelte ihr zu, »… dann können die Bürger dieser Stadt es sicher auch.«
    Divya erwiderte sein Lächeln zögernd. Tajans Vertrauen fühlte sich so gut an, dass es beinahe ihre Zweifel vertrieb. Aber nur beinahe. Würde das Volk Yorak noch akzeptieren? Was, wenn sie ihn tatsächlich vom Dach holten und zusammenschlugen? Was, wenn Warkans Lügen noch immer stärker waren als die Wahrheit?

Wahrheit
    Die unsichtbare Grenze auf dem Fluss war Divya noch immer unheimlich. Mitten auf dem Wasser setzte der Wind wieder ein, und die Vögel sangen wieder, als wollten sie verkünden, dass genau hier die wirkliche Welt begann. Diesmal mussten sie bei Tageslicht hinüberrudern, und es gab niemanden, der die Wachen ablenkte. Aus diesem Grund hatten sie das Boot am letzten Südzipfel ins Wasser gesetzt und ruderten mit dem Strom von der Insel weg, dorthin, wo für gewöhnlich auch einige Fischer auf dem Fluss waren. Heute aber waren sie die Einzigen weit und breit. Aus irgendeinem Grund befanden sich alle Boote fest vertäut an den Stegen oder sie lagen umgedreht am Ufer.
    Schweigend ruderten Leasar und Tajan das Boot an Land. Im gleichen Moment, als der Kiel den Strand berührte, ertönte ein markerschütternder Schrei aus dem hohen Gras dahinter, und eine Horde von Wachen sprang hervor und stürmte auf sie zu.
    »Arme hoch«, flüsterte Tajan den anderen zu und funkelte vor allem Divya warnend an. Er hatte sofort erkannt, dass Widerstand keine gute Idee war. Mit Yorak würden sie nicht schnell genug fliehen können, und ihren wichtigsten Mann zurückzulassen kam nicht infrage.
    Gefesselt wurden die fünf durch die staubigen Straßen in Richtung Markt getrieben wie Vieh, das verkauft werden sollte. Die Städter standen mit verschlossenen Mienen vor ihren Häusern oder starrten aus ihren Fenstern. Divya warnicht sicher, was sie von ihnen hielten und auf wessen Seite sie standen.
    Als sie den Großen Platz bereits sehen konnten, wiesen die Wachen ihre Gefangenen an zu warten. Kurze Zeit später begriff Divya, warum: Der Fürst war persönlich gekommen, um sie zu sehen. Ein Bote musste ihn eilig benachrichtigt haben, gleich als sie an Land gegangen waren.
    Warkans Augen funkelten, als er von seinem Pferd sprang und achtlos einer Wache die Zügel zuwarf.
    »Die Flussinsel zieht immer wieder Gesindel an, deshalb wird sie scharf bewacht. Wusstet ihr das nicht?« Mit großen Schritten ging er auf Tajan zu, blieb dicht vor ihm stehen und stieß ihn mit der Hand gegen die Brust. Dasselbe tat er bei Roc, den er fassungslos musterte.
    »Verräter! Euch habe ich mein Vertrauen geschenkt! Zwei so junge Männer mit so hohen Posten in meinem Palast schließen sich diesen dreckigen Rebellen an. Warum?« Seine wütende Stimme hallte von den Wänden wider. »Wie kann man so undankbar sein und sich mit denen zusammentun?«
    Er schritt die Reihe weiter ab und musterte jeden Einzelnen. Divya warf er einen verächtlichen Blick zu. Leasars Namen, an den er sich noch erinnerte, murmelte er abfällig. Vor Yorak blieb er jedoch so ruckartig stehen, dass es schien, als wäre auch er seinem »Ur« begegnet. Blass und verunsichert hielt er Abstand zu dem alten Mann.
    »Du?«
    Seine Stimme klang längst nicht so abfällig, wie sie klingen sollte, sie hatte vielmehr eine ängstliche Färbung.
    Abrupt wandte er sich um und lief auf den ersten Händler zu, der an der Marktecke seinen Stand hatte. Es warein Bauer, der Unmengen von Hühnern anbot. Die Tiere waren in Käfige gequetscht, etwa zwanzig Hühner in einen, und sie krakeelten laut
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