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MERS

MERS

Titel: MERS
Autoren: D.G. Compton
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hilft die
Übung. Ich legte sie auf den Rücksitz von Dannos Wagen. Die
Vordersitze waren vom zersplitterten Glas der Windschutzscheibe
bedeckt, aber er sprang an. Ich fuhr rückwärts, mit
mahlenden Reifen, hinaus und langsam zu den Toren hinab. Die
Nachtluft war eisig auf meinem Gesicht. Die Tore standen offen, und
ich fuhr hindurch. Es gab keine Wachen mehr.
    Am Fluß hielt ich den Wagen an. Auf einmal zitterte ich so
heftig, daß ich nicht mehr weiterfahren konnte. Ich stolperte
aus dem Wagen und ging um ihn herum zum Rücksitz, wo Anna lag.
Ich hockte mich nieder, umarmte sie und weinte. Sie umarmte mich
ihrerseits, wie im Traum, und lächelte. Ich sah ihr Lächeln
im Schein der Flammen, die von Brandt Internationais
Windstrohm-Anlage in den Himmel schlugen. Sie erleuchteten den
Fluß.
    Danno war tot. Ich wußte nicht, wie, und deswegen auch
nicht, warum. Ich glaubte noch immer, er hätte sich auf einer
überraschenden NatSich-Inspektionstour befunden. Das hatte
NatSich doch gesagt! Die völlig ausreichende Tatsache bestand
darin, daß er tot war. Es war besser, daß er tot war
– er hatte so oft getötet, und ich erinnerte mich nicht an
das Vergnügen, das Peter Simpson bezweifelt hatte, oder auch an
das Funkeln. Und Bert Breitholmer, der sich meiner Ansicht nach
vielleicht daran erinnert hätte, war ebenfalls tot. Also umarmte
ich meine kleine Anna und weinte um Danno, um Dannos Leben.
    Nachdem meine Erstarrung vorüber war und ich genügend
geweint hatte, benutzte ich das NatSich-Telefon in Dannos Wagen, um
Mark anzurufen. Aus Richtung Stadt näherten sich Lichter und
Sirenen. Leute hatten das Feuer am Himmel gesehen. Ein Hubschrauber
schoß über dem Hügel hervor. Marks Telefon klingelte
nur zweimal, ehe er sich meldete.

 
Die Erneuerung
Jahr 1: Anfang November
14
     
    Es dauerte bis zum folgenden Januar, bis die Polizei die
forensischen und ballistischen Beweise zusammen und sich die Meinung
gebildet hatte, daß Daniel Ryder und möglicherweise sein
Freund Bertholt Breithomer während der letzten zehn Jahre oder
noch länger Anschläge auf PTG-Kliniken und
Forschungszentren verübt hatten. Bis dahin war Parthogenese
natürlich kein brennendes Thema mehr. Bis dahin war ich auch im
dritten Monat mit einem männlichen Fötus schwanger und
kämpfte mit der morgendlichen Übelkeit (Jungens sind da
stets schlimmer, sagte Mama) und strich bereits ungeduldig die Tage
am Kalender ab. Die menschliche Schwangerschaftsperiode dauert sechs
Monate zu lang, das wird Ihnen jede Frau sagen. Aber ich war auf
jeden Fall froh, daß ich wegen eines Forschungsprojekts
außer Landes war, während der Medienzirkus einsetzte und
wieder aufhörte. Es war ein kleiner Zirkus, ein Ein-Mast-Zelt,
wenn überhaupt, denn bis dahin waren Dannos Bemühungen
ebenso wie die meinen lächerlich überholt.
    Wer benötigt denn PTG-Kliniken oder Impfstoffe, wenn die
Erneuerung nun endlich begonnen hat?
    Mark und ich verbrachten den Januar mit einer Reise entlang der
Mittelmeerküste. Die Geburten hatten bei den Beduinen
angefangen, von vier Geburten hier, dreien dort gab es skizzenhafte
Berichte, und waren rasch auf Hunderte und Tausende von Geburten
angestiegen, zunächst in Nordafrika und Ägypten, dann in
die Türkei hinauf und über den Bosporus nach Griechenland,
Italien, Südfrankreich, Spanien. Das Syndrom trat von seinem
Zentrum aus den Rückzug an, jenem Zentrum, von wo aus es sich
ursprünglich ausgebreitet hatte. Schön war’s, wenn
auch sinnlos, recht behalten zu haben. Wesentlich schöner
war’s, Eltern und ihren gesunden kleinen Söhnen zu
begegnen.
    Vierzig Jahre. Es war eine magische Zahl. Man dachte an die
biblischen vierzig Tage und vierzig Nächte. Medienleute dachten
unentwegt daran. Ich hielt mich bedeckt. Mir gefiel die Klarheit des
Musters – unser Impfstoff, das Ende des Krieges, eine spontane
Rückbildung, was für ein Zusammentreffen! –, und Mark
wußte, daß es mir gefiel, aber ich behielt es für
mich. Ich war eine Frau, die die Tage im Kalender abstrich, keine
weise Medienautorität.
    Die Ministerin ermutigte uns, unseren Impfstoff patentieren zu
lassen, und Brandt fuhr beharrlich mit einem menschlichen
Testprogramm fort, falls das Syndrom Anzeichen eines erneuten
Aufkommens zeigen sollte, was jedoch nicht der Fall war. Also
ließen sie das Programm nach sechs Monaten stillschweigend
fallen. Die Ministerin mußte unbedingt alles über Marton
wissen. Banküberweisungen über Millionen Euros als
Vorauszahlung
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