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MERS

MERS

Titel: MERS
Autoren: D.G. Compton
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wie Sie meinen.« Ich hielt sie ihm hin. »Da
ist nichts drin.«
    Er rührte sich nicht. »Natürlich nicht. Geben Sie
sie mir!«
    »Ich meine das so. Die Forschung liegt zu weit zurück.
Brandt wirft die Inhalte der Safes alle zwei Jahre auf den Müll.
Mein Zeug liegt jetzt in irgendeinem zentralen Gewölbe. Ich habe
keinen Zugang dazu.«
    »Ich glaube Ihnen nicht.«
    Ich bot ihm die Aktentasche an. »Sehen Sie selbst
nach!«
    »Wer ist bei Ihnen?« Er war unentschlossen,
ängstlich, hielt auf Distanz. »Warum die Alarmglocken?
Jemand hat diese Leute umgebracht.«
    »Ist das nicht Ihr Sergeant Milhaus gewesen?«
    »Sie sucht Sie.« Er warf einen Blick zum Gebäude
hinauf. »Da sind Lichter gewesen…« Er blickte an mir
vorüber ins Foyer und traf eine Entscheidung. »Rühren
Sie sich nicht vom Fleck! Werfen Sie mir die Aktentasche zu. Bleiben
Sie einfach, wo Sie sind!«
    Ich rührte mich nicht von der Stelle. Ich versuchte, daran zu
glauben, daß Danno zu meiner Rettung käme.
    »Los schon!« Er winkte mit der Pistole. »Ich werde
dieses Ding hier nur dazu benutzen, Ihnen wehzutun, wissen Sie. Ich
könnte Sie vielleicht nicht mal dann töten, wenn ich es
versuchte.«
    Das stimmte. Ich warf ihm die Aktentasche zu. Mir waren die
Entschuldigungen ausgegangen. Ich hoffte, die Tasche würde ihn
treffen, ihn ablenken, so daß ich mich davonmachen könnte,
aber sie tat’s nicht. Sie fiel einen Meter vor ihm auf den
Asphalt.
    Der Himmel zerriß in einem alles zerschmetternden Schlag aus
Licht. Marton glaubte, die Tasche wäre explodiert, und
öffnete den Mund zum Schreien – ich registrierte dies und
sehe noch immer seine zurückgezogene Zunge sowie die klaffende
Mundhöhle mit den Zähnen vor mir –, aber der Aufschrei
ging im Splittern und Donnern der Zerstörung drei Stockwerke
über uns unter, und es folgte ein Angriff aus Glas- und
Metallsplittern, Mauersteinen und zerrissenen Betonschwellen.
Instinktiv duckte ich mich und bedeckte den Kopf mit den Armen. Die
Explosion fand über uns statt, und das Vordach schützte
mich. Die Türen hinter mir beulten sich aus, hielten jedoch
stand. Als das Brüllen nachließ, hatten die Alarmglocken
zu schrillen aufgehört. Das kam mir wie das Dümmste von
allem vor.
    Ich stand auf. Bemerkenswert, daß die Lampen noch immer
brannten. Meine Aktentasche war dort, wo ich sie hingeworfen hatte,
jetzt übersät mit zerbrochenen Ziegeln und Glassplittern.
Sie war nicht unter dem Vordach gewesen, auch Marton nicht. Ein
Balken war auf ihn gefallen sowie viel, viel Glas. Er war in einem
gräßlichen Zustand. Das hört sich wie eine
unprofessionelle Diagnose an. Aber er starb, als ich ihn erreichte.
Blut sprudelte ihm aus dem Mund, und die Augen verdrehte er nach
oben, zweifelsohne ein gräßlicher Zustand. Ich habe den
Obduktionsbefund nie zu Gesicht bekommen, aber ich würde sagen,
es war eine Gnade. Ich wischte das Glas von meiner Aktentasche und
hob sie auf. Die oberen Etagen des Gebäudes waren zerstört,
herabgerissen bis auf das rauchende Skelett. Noch immer stürzten
kleine Teile herab, und verkohltes Papier trieb in der Luft. Danno
würde nicht zu meiner Rettung kommen.
    Die Wagen waren ebenfalls in einem gräßlichen Zustand.
Ich stützte mich auf Dannos Wagen. Soviel Tod. Ich war nicht
eine jener Ärztinnen – mir war, als ob ich in den letzten
zehn Minuten mehr Leichen gesehen hätte als während meiner
gesamten Karriere. Die Windschutzscheibe von Dannos Auto war
hinüber, das Dach eingebeult. Feuer entstanden in der Ruine des
zentralen Blocks oben. Ich stützte mich auf Dannos Wagen. Die
Wachen am Tor würden es überstehen. Mir fiel nicht ein,
daß sie ebenfalls tot sein mochten. Mein Bruder hatte ungeahnte
Tiefen gehabt.
    Ich bin noch immer froh, daß ich ihn liebte.
    Im anderen Wagen – Milhaus’ oder Martons Wagen –
war ein Seitenfenster zerbrochen. Im Innern weinte jemand. Nicht vor
Schmerz, sondern aus Furcht, schläfrig. Die Tür war
verriegelt, doch durch das zerbrochene Fenster konnte ich
hineingreifen und sie entriegeln, und nachdem ich die Tür
aufgedrückt hatte, fiel mir Anna entgegen.
    Marton war auf äußerster Sparflamme gefahren. Milhaus
war seine einzige Angestellte gewesen. Minimale Unkosten, alle Eier
in einem Korb. Und passend. Anna wäre mit mir zusammen
gestorben, daran hatte ich keinen Zweifel, wenn er bekommen
hätte, was er gewollt hatte.
    Ihr Puls war kräftig, ihre Färbung gut. Sie stand unter
Drogen, aber sie erkannte mich. In solchen Zeiten
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