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MERS

MERS

Titel: MERS
Autoren: D.G. Compton
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herum. Einige Delphine hingen anscheinend an Drähten,
andere hatten Schnittwunden, die durch breite, durchscheinende
Einlagen offengehalten wurden, wodurch das pulsierende Innere
sichtbar wurde. Wieder andere zeigten Anzeichen von etwas, das er
überall sonst als Strahlungsverbrennungen bezeichnet hätte.
Die Delphine beobachteten ihn, die Mäuler zu einem Lächeln
verzogen.
    Christus! Christus am verdammten Kreuz! Er legte Leute um, okay,
aber das war etwas ganz anderes. Er hatte Renée gefragt, wie
sie dazu kam, an einem schrecklichen Ort wie diesem hier zu arbeiten,
aber gemeint hatte er PTG. Das da war aber etwas anderes. Oben lagen
fünf tote Menschen. Mit der Wissenschaftlerin wären es
sechs. Aber Tod war Tod. Das war kein Tod. Das war etwas anderes.
    Er hob seinen Koffer auf und trug ihn durch einen schmalen Gang
zwischen zwei Verschlägen hinaus auf den Korridor. Der Aufzug
hier führte zum Computer-Kontrollraum hinauf, und er war in
Eile. Er glaubte nicht, daß irgendeiner der Delphine es zum
Ozean zurück schaffen würde, aber wenn er den Kontrollraum
in die Luft jagte, wären sie von ihren Leiden erlöst.
    Der Korridor war dunkel, erhellt lediglich von dem wässrigen
Licht, das durch die Behälter hereinströmte. Blaue Muster
waberten an den Wänden. Er ortete die Lifttüren und tat
einen Schritt darauf zu. Jemand stand am Ende des Korridors, dort, wo
dieser einen Knick machte und die nächste Seite des Rechtecks
bildete. Eine Frau stand dort. Sie hatte die Stirn und die
Handflächen an das Glas gedrückt. Nettas Wissenschaftlerin,
umgeben von blauem Licht. Sie drückte gegen das Glas, als ob sie
sich den Weg mit aller Gewalt hindurchbahnen wollte. Die
Wissenschaftlerin.
    Harri.
    Sie wandte sich ihm zu, und er sah sie weinen.
    Er setzte den Diplomatenkoffer voller Sprengstoff ab. Harri. Das
Wie oder Warum spielte keine Rolle. Verdammte Harri. Keine vier Meter
entfernt. Er konnte es kaum glauben, verdammt noch mal. Er dachte nur
immerzu an Bert, der diese Frau umgelegt hatte, die seine Tochter
hätte sein können.
     
    Es ist eine knappe Entscheidung, wer von uns beiden
überraschter war. Danno, denke ich. Tatsächlich war ich
nach der allerersten Sekunde nicht im geringsten überrascht.
Während der letzten drei Tage hatte ich versucht, Danno zu
erreichen, und hier war er jetzt. Mir war so erbärmlich zumute
gewesen angesichts dessen, was ich hier unten vorgefunden hatte. Wenn
ich gleich gegangen wäre, hätte ich ihn verfehlt. Wenn er
sich entschlossen hätte, nicht hier herabzukommen, wenn ich
einen Tag früher oder später, eine Stunde früher oder
später, eine Minute früher oder später gekommen
wäre, hätte ich ihn verfehlt. Aber so war es nicht gewesen,
und also war er hier.
    Leute begegnen sich zufällig. Die ganze Zeit über.
    Er zog langsam seine Pistole.
    Ich sagte: »Hallo, Danno.«
    Die Pistole wurde noch immer gezogen. Ganz langsam.
    »Hee! Hee, du! Danno! Danno, ich bin’s!«
    Seine Augen waren ganz groß, und er schwitzte. Er war sehr
erschrocken. Ich fragte mich nach dem Grund hierfür.
    Ich sagte: »Ich hab oben was zu erledigen gehabt und bin
jetzt fertig. Ich bin hier runtergekommen, um mir die Forschungen
anzusehen.«
    Er wollte die Pistole auf mich abfeuern. Jeder Muskel seines
Körpers zuckte.
    »Danno? Danno, ich bin’s!«
    Irgend etwas erreichte ihn. Seine Furcht ließ ihn los. Er
rührte sich, stieß die Luft aus. Er kippte den
Pistolenlauf nach oben, sah darauf hinab und lachte.
    »Harri! Ich kann’s kaum glauben. Es ist so verflucht
dunkel hier unten. Haben uns lange nicht gesehen.«
    Ich stieß gleichfalls die Luft aus. »Wir müssen
damit aufhören, uns so zu treffen, Danno.«
    Bedeutungslose, abgedroschene Phrasen. Nur zur Sicherheit. Ich
erinnerte ihn nicht daran, daß wir uns vor einer Woche am
Telefon gesehen hatten. Ich glaubte nicht daran, daß er mich
nicht erkannt hatte, so dunkel war es im Korridor nicht. Ich
wußte nicht, was losgewesen war, und ich war froh, daß es
aufgehört hatte.
    Er steckte die Pistole weg. Er war übergewichtig, doch seine
Uniform schmeichelte ihm. Sie saß an den richtigen Stellen
locker. Ich ging zu ihm hin, und er nahm mich bei den Händen.
Wir hielten einander auf Distanz.
    »Was, zum Teufel, tust du hier?«
    Wir sagten es gemeinsam. Er hatte mich zuvor nicht
gehört.
    Er lachte erneut. »Du zuerst.«
    »Nein, du.«
    »Ladies first.«
    »Jugend vor Schönheit.«
    »Okay«, sagte er. »Ich führe eine
überraschende Inspektion für
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