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MERS

MERS

Titel: MERS
Autoren: D.G. Compton
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für Proportion fehlt. Trotz eurer großen Fähigkeiten bleibt ihr – vergeben Sie mir – seltsam naiv. Was in Ihrem Fall um so seltsamer ist, wenn man den Beruf Ihres Gatten in Betracht zieht. Von einem Wissenschaftsjournalisten« – er hielt genüßlich inne – »das ist Mr. Kahn doch, glaube ich? – hätte ich erwartet, daß er mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht.«
    »Mark ist nicht da. Ich habe das noch nicht mit ihm besprochen.« Ich hielt gleichfalls inne. »Noch nicht.«
    Marton konnte diese Worte als zarte Drohung auffassen: eine faire Erwiderung seines zarten Spotts. Er tat es lieber nicht.
    »Sie sollten seinen Rat annehmen. Er wird gewiß dasselbe wie ich sagen. Im Grunde liegen der Ministerin Ihre Interessen am Herzen. Es ist reichlich Zeit. Vorzeitige Veröffentlichung wäre für keinen von uns gut. Was ist falsch daran, ein zusätzliches Testprogramm durchzuführen, das sich an unserem Memorandum orientiert? Drei Monate, sechs Monate… Dr. Kahn-Ryder, es ist doch bestimmt besser, sicher zu gehen, als es später zu bereuen?«
    »Was daran verflucht falsch ist, ein zusätzliches verfluchtes Testprogramm durchzuführen, Chefsekretär, ist, daß es verflucht noch eins nicht notwendig ist.« Ich hatte verloren. Und ich verschwendete meine Zeit… ich hatte schon lange vor meiner Ankunft hier verloren. »Und weiterhin, Chefsekretär, ist es überhaupt nicht ihre verfluchte Angelegenheit. Wissenschaftliche Freiheit, Chefsekretär – das steht in meinem verfluchten Vertrag. Ich sollte völlige wissenschaftliche Freiheit haben.«
    Er legte das Kinn auf die zusammengelegten Fingerspitzen. »Ah, ja. Ihr verfluchter Vertrag…« Diese Wiederholung vernichtete mich. Er hatte einfach eine weitere unflätige Frau aus mir gemacht. »Und wo wir schon von Verträgen sprechen… wie es scheint, muß ich Sie an einen anderen Vertrag erinnern. Sie haben, glaube ich, das Nationale Sicherheitsprotokoll unterzeichnet? Den ’97er Zusatz eingeschlossen?«
    »Das war eine Formalität. Sie selbst haben es mir gesagt, Chefsekretär. Alle staatlichen Angestellten müssen das tun. Es war eine Formalität.«
    »Allerdings, das war es. Aber dank der Autorität einer so simplen Formalität sind oftmals schon Köpfe gerollt, Dr. Kahn-Ryder. Ich rede jetzt natürlich von der Vergangenheit…« Er seufzte, was mir zeigen sollte, daß er sich keinen Scherz erlaubte. »Aber Sie verstehen sicher, was ich sagen wollte. Es wäre in der Tat sehr unglücklich, wenn Sie die Empfehlung der Ministerin mißachten würden.«
    »Empfehlung? Mehr war es nicht? Ich muß zugeben, ich hätte es für etwas mehr… etwas mehr…« Mir erstarb die Stimme. Ich wußte nicht, warum ich mir überhaupt die Mühe gab.
    Mein Mitstreiter auch nicht. Er blickte auf seine Uhr.
    »Sie zwingen mich zu offenen Worten, Dr. Kahn-Ryder…«
    »Ja«, warf ich rasch ein. »Ja, das tue ich. Zum Besten Ihrer Seele, Dr. Marton. Nur dies eine Mal – um zu sehen, wie es sich anfühlt.«
    Ich hatte etwas in ihm entfacht. Er hievte sich hoch, hob meinen Ordner auf und stach damit verärgert in die Luft. »Offen gesprochen, Ma’am, wenn ein Wort des Materials in diesem Antrag an die Öffentlichkeit gerät, werden Sie ernstlich in Schwierigkeiten geraten. Und ich meine nicht ein sofortiges und vollständiges Kappen der Regierungszuschüsse… Das kleinste Leck, und selbst wenn Sie eine Zeitschrift fänden, die gewillt wäre, das Risiko einzugehen, und Sie würden das volle Gewicht des Gesetzes zu spüren bekommen. Das Sicherheitsprotokoll darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen, Dr. Kahn-Ryder. Sie haben das akzeptiert, als Sie die Arbeit für den Staat vorgezogen haben.«
    Ich hatte prinzipiell die Arbeit für den Staat vorgezogen, weil ich – törichterweise, wie es jetzt schien – daran geglaubt hatte, daß politische Restriktionen weniger drastisch seien als kapitalistische Restriktionen.
    Er warf die Akte auf den Tisch. »Kehren Sie in Ihre Abteilung zurück. Beherzigen Sie meinen Ratschlag und halten Sie sich an das, wovon Sie etwas verstehen. Von Forschung verstehen Sie etwas. Legen Sie Ihren Antrag, entsprechend gestützt, in sechs Monaten wieder vor. Und bis dahin…« Er hielt jäh inne, starrte mich nachdenklich an und senkte die Stimme. »Glauben Sie mir, meine Liebe, eines Tages werden Sie uns dafür dankbar sein, Sie davor bewahrt zu haben, einen Narren aus sich zu machen. Die Zeit ist auf unserer Seite. Bringen Sie Ihren Krempel in Ordnung, und
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