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MERS

MERS

Titel: MERS
Autoren: D.G. Compton
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Uhr morgens, verflucht noch mal.«
    »Draußen habe ich einen Wagen gesehen. Deiner?«
    »Ein Saab-Honda? Gehört Mark.«
    »Er ist nicht hier.«
    »Nein. Ich hab ihn zu Hause gelassen.«
    »Wie geht’s ihm?«
    »Ihm geht’s gut.«
    Wir traten auf der Stelle. Der Korridor war ein flackernder, wässriger Alptraum, die Delphine beobachteten uns und litten und sprachen ihrerseits miteinander. Mein Gesicht war noch immer feucht von den um sie vergossenen Tränen, und das Versprechen, das ich ihnen geleistet hatte, nämlich ihnen zu helfen, war noch immer aufrichtig. Seit Tagen hatte ich versucht, mit Danno Kontakt aufzunehmen, und jetzt war er einen Herzschlag weit davon entfernt gewesen, seine Pistole auf mich abzuschießen, nein, mich zu töten, und ich verstand nichts. Ich trat auf der Stelle, weil ich eine Frau bin, die gern etwas versteht.
    »Wie geht’s Bert?« fragte ich.
    »Er ist tot.«
    Ich traute meinen Ohren nicht. Sein Gesichtsausdruck sagte mir, daß ich ihnen trauen konnte. »O Danno, tut mir ja so leid! Wann?«
    »Vor fünf Jahren, verdammt. Und zehn Tagen.«
    Letzten Donnerstag hatte ich ihn am Telefon nach Berts Befinden gefragt, und Bert war es gut gegangen. Wenn ich verstehen könnte, weswegen mich Danno anlog – vielleicht hatte er mich stets angelogen –, dann könnte ich womöglich verstehen, warum er Janni Wintermann getötet hatte.
    »Wir müssen miteinander reden, Danno.«
    Er wollte es nicht, wurde mir klar – warum hatte ich so lange dazu gebraucht? –, es war das letzte, was er je hatte tun wollen. Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Wir haben nicht so sehr viel Zeit, Harri. Komm mit mir hinauf in den Computer-Kontrollraum. Ich habe zu tun.«
    Er wartete nicht auf mich, er wollte mich nicht dort haben, er wollte nicht, daß ich redete, er hob seinen Koffer auf und ging zum Aufzug. Ich folgte ihm, und wir traten gemeinsam ein und standen Seite an Seite da, hielten feierlich unsere Koffer. Seiner war rechteckiger als meiner und offensichtlich schwerer. Der Aufzug öffnete sich direkt in den Kontrollraum. Er schaltete die Beleuchtung an, in den Röhren, die sich über den weiten, weißen Raum hinweg erstreckten, klickte es, und er trat rasch vor. Ich folgte ihm. Dieser Raum war mir vertraut, und ich fürchtete mich nicht vor Danno. Ich glaubte, die Zeit war vorüber, da er mich getötet hätte.
    Er legte seinen Koffer auf einen Schreibtisch und setzte sich davor.
    Ich setzte mich ihm gegenüber. Schreibtische. Zu viele Dinge in meinem Leben wurden über Schreibtische hinweg erledigt. »Warum hast du mir Berts Tod verschwiegen?«
    Er hatte seinen Koffer geöffnet. Er hielt inne. »Ich hab’s dir gesagt.«
    »Ich meine, zuvor.«
    »Ich hab’s getan. Verdammt, du hast gehört, was ich gesagt habe. Fünf verfluchte Jahre und, heute eingerechnet, zehn Tage.«
    Ich nickte. Er wollte nicht reden.
    Aber dieses Gespräch war meine Idee gewesen. Es war notwendig. Ich hatte Mark gesagt, daß ich Danno sagen müsse, ich würde zur Polizei gehen. Und vor zehn Tagen hatte sich die Sache mit Janni Wintermann ereignet. Hatte sich die Sache mit Janni Wintermann ereignet?
    Nein. So undurchdacht nicht. Es waren keine weiteren Morde Ende Oktober vorgefallen, soviel hatte das Archiv besagt, also mußte ich nicht an eine bloße Gedenkhandlung glauben.
    »Ich weiß, daß du alle diese Mädchen umgebracht hast, Danno.«
    Ich hatte versucht, mir bessere Wege auszudenken, es zu sagen. Sanftere, weisere Möglichkeiten, wie ich es ihm hätten sagen können. Ich hatte nie welche gefunden.
    Er starrte mich an und schüttelte heftig den Kopf. Ich hatte mir gedacht, daß er es leugnen würde.
    »Du hast ihnen die Ringe abgenommen, Danno. Wie Mama. Und du hast sie ihnen in die Schuhe gesteckt.«
    »Nein.« Kopfschütteln.
    »Die Polizei hat die Sache mit den Ringen geheim gehalten. Wenn sie das nicht getan hätte, hätte ich gleich beim allerersten Mal gewußt, daß du es gewesen bist.«
    »Nein.«
    »Sollte ich es wissen, Danno?«
    »Nein. Nein.« Kopfschütteln.
    Das war keine Antwort auf meine Frage. Sein Leugnen saß viel tiefer.
    Die Lampen im Kontrollraum warfen keine Schatten. Danno und ich waren ohne Schatten. Der Raum war für Brandt so wertvoll, daß seine Fenster und Türen hermetisch verriegelt und ein Edelgas hineingepumpt wurde, sollte ein Feuer darin entdeckt werden, und mochte es auch nur die Flamme eines einzigen Feuerzeugs sein. Das Feuer würde also erlöschen, und die Leute im Raum würden sterben.
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