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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann
Autoren: Thomas A. Barron
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konnte ich mich an meine eigene Kindheit an diesem Ort erinnern! Auf diesem Hügel!
Erst wenn die Riesen im Tanze sich wiegen, werden die Mauern in Trümmerschutt liegen.
Die Prophezeiung hatte nicht nur den Mauern aus Stein gegolten. Meine inneren Mauern, die mich von meiner Vergangenheit getrennt
     hatten, seit mich das Meer an die Küste von Gwynedd gespült hatte, waren mit denen des Schlosses zerfallen.
    Zuerst in schwachen Andeutungen, dann in überwältigenden Bilder stieg eine Erinnerung nach der anderen in mir auf. Meine Mutter,
     in ihren Schal gehüllt, vor einem knisternden Feuer, wie sie mir die Geschichte von Herkules erzählt. Mein Vater, so stark
     und selbstbewusst, der auf einen schwarzen Hengst namens Ionn springt. Mein erster Biss in die spiralige Frucht Larkon. Das
     erste Schwimmen im unaufhörlichen Fluss. Die letzten, traurigen Minuten, bevor meine Mutter und ich flohen, um unser Leben
     zu retten, und beteten, dass die See uns in Sicherheit bringen möge.
    Und dann waren aus meiner fernen Kindheit die Worte eines Liedes wieder da, das Lledra genannt wurde. Meine Mutter hatte dieses
     Lied vor langer Zeit gesungen, so, wie es heute die Riesen gesungen hatten:
    Bäume, die reden, und Steine, die gehen,
    Und Riesen sichern der Insel Bestehen.
    Solange wir tanzen, wird sie nicht vergehen.
    Varigal krönt Fincayra.
    Lang lebe, lang lebe Fincayra.
    »Rhia«, sagte ich leise, »ich habe mein richtiges Zuhause noch nicht gefunden. Und ich weiß nicht, ob ich es je finden werden.
     Aber ich glaube, zum allerersten Mal weiß ich, wo ich suchen muss.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »Und wo ist das?«
    Ich wies auf den Steinkreis, der im Morgenlicht leuchtete. »Die ganze Zeit habe ich mein Zuhause gesucht, als könnte es irgendwo
     auf einer Landkarte gefunden werden. Und jetzt erinnere ich mich an ein Zuhause, das ich einmal kannte. Hier, an dieser Stelle!
     Doch zugleich habe ich das Gefühl, dass mein richtiges Zuhause gar nicht auf einer Landkarte existiert. Ich glaube eher, es
     ist irgendwo in mir.«
    Wehmütig ergänzte sie: »Dort, wo unsere Erinnerungen an Verdruss zu finden sind.«
    Ich griff in mein Bündel und nahm die Feder heraus. Sanft streichelte ich ihren Rand. »Ich habe eine Ahnung, was mit ihm geschah,
     als er verschwand. Ich kann es nicht ganz glauben – aber ich kann es auch nicht abtun.«
    Rhia betrachtete die Feder. »Ich habe die gleiche Ahnung. Und ich glaube, Arbassa wäre einverstanden.«
    »Wenn es stimmt und seine Tapferkeit die Tür zur Anderswelt geöffnet hat – dann müssen er und Rhita Ghawr zusammen durch diese
     Tür gefallen sein.«
    Sie lächelte. »Diese Reise hatte Rhita Gawr nicht geplant! Aber sie hat uns die Chance gegeben, die wir brauchten. Wenn es
     also stimmt, dann ist Verdruss jetzt irgendwo dort und segelt immer noch durch die Luft.«
    »Und Rhita Gawr ist auch dort draußen und kocht immer noch vor Wut.«
    Sie nickte, dann wurde sie ernst. »Trotzdem, dieser Falke wird mir fehlen.«
    Ich ließ die Feder fallen und sah ihr nach, wie sie langsam in meine andere Hand hinunterschwebte. »Mir auch.«
    Rhia trat nach dem dürren Gras um uns herum. »Und schau nur, was wir sonst noch alles verloren haben! Diese Erde ist so ausgedörrt,
     dass ich mich frage, ob sie je wieder zum Leben zurückfindet.«
    Ich grinste und sagte: »Dafür habe ich schon einen Plan.«
    »Wirklich?«
    »Ich glaube, die blühende Harfe mit ihrer Kraft, den Frühling herbeizulocken, könnte da nützlich sein.«
    »Natürlich! Die Harfe habe ich ganz vergessen.«
    »Ich habe vor sie zu allen Hängen und Wiesen und Bächen zu tragen, die ausgetrocknet sind. Und zu einem bestimmten Garten
     unten in der Ebene, wo zwei Freunde von mir leben.«
    Rhias graublaue Augen leuchteten.
    »Ich hatte sogar gehofft . . .«
    »Was?«
    »Dass du vielleicht mitkommen willst. Du könntest mir helfen die Bäume neu zu beleben.«
    Sie ließ ihr glockengleiches Lachen hören. »Ob ich mitkomme oder nicht, eins ist klar: Du hast vielleicht nicht dein wahres
     Zuhause gefunden; aber ich glaube, du hast ein paar Freunde gefunden.«
    »Da gebe ich dir Recht.«
    Sie musterte mich einen Augenblick. »Und noch etwas. Du hast deinen richtigen Namen gefunden.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Du erinnerst mich an diesen Falken, der einst auf deiner Schulter saß. Du kannst sowohl wild wie sanft sein. Du ergreifst
     etwas mit aller Kraft und lässt es nie mehr los. Du kannst klar sehen, aber nicht mit deinen Augen. Du
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