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Merlin - Wie alles begann

Merlin - Wie alles begann

Titel: Merlin - Wie alles begann
Autoren: Thomas A. Barron
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Monat zum Mai machen! Oder vielleicht in
     der Zeit
rückwärts
leben, so dass ich amMonatsende den Mai einfach umdrehen und von neuem erleben könnte.
    Ich nagte an meiner Unterlippe. Egal in welchem Monat, dieses Dorf würde nie mein Lieblingsort werden. So wenig wie meine
     Heimat. Diese frühe Stunde, bevor die Sonnenstrahlen die schäbigen Hütten und ängstlichen Gesichter bloßlegten, würde die
     schönste des Tages sein. Wie die meisten Dörfer in dem hügeligen, dicht bewaldeten Land existierte Caer Vedwyd nur wegen einer
     alten Römerstraße. Unsere führte am nördlichen Ufer des Tywy entlang, der nach Süden zum Meer floss. Einst waren über diese
     Straße Legionen römischer Soldaten marschiert, jetzt gingen hier hauptsächlich Vagabunden und wandernde Kaufleute. Pferde,
     die Kornkähne den Fluss hinunterzogen, benutzten die Straße als Treidelpfad, Fromme kamen auf ihr zur Kirche Sankt Peter in
     der Stadt Caer Myrddin im Süden und schließlich war sie, wie ich mich gut erinnerte, eine Verbindung zum Meer.
    Ein Metallwerkzeug schepperte in der Schmiede unter der großen Eiche. Vom Treidelpfad waren Pferdegetrappel und das Klirren
     von Zaumzeug zu hören. In einer Stunde würden sich Leute auf dem Platz unter dem Baum einfinden, wo die drei Hauptwege des
     Dorfs zusammentrafen. Bald würde der Lärm von Handel, Streit, Geschwätz, Schmeicheleien und natürlich das Geschrei über Diebe
     in der Luft hängen.
    Nach fünf Jahren an diesem Ort fühlte ich mich noch immer nicht zu Hause. Warum? Vielleicht weil alles von den örtlichen Göttern
     bis zu den örtlichen Namen sich veränderte. Und zwar schnell. Die neu angekommenen Sachsen hatten bereits begonnen den Berg
     Y Wyddfa,dessen eisige Gipfel alles überragten, Snow Hill oder Snowdon zu nennen. Und die Gegend hier, so lange als Gwynedd bekannt,
     hieß jetzt Land Wales. Aber die Bezeichnung Land setzte eine Einheit voraus, die es nicht gab. Angesichts der vielen Reisenden
     mit ihren unterschiedlichen Sprachen, die täglich durch unser kleines Dorf zogen, glich Wales in meinen Augen mehr einer Wegstation
     als einem Land.
    Ich ging den Pfad zur Mühle hinunter und sah, wie das letzte schwache Mondlicht die Hänge des Y Wyddfa streifte. Die Geräusche
     des erwachenden Dorfes verschmolzen mit dem Rieseln und Plätschern des Flusses unter der Steinbrücke bei der Mühle. Ein Frosch
     quakte irgendwo beim Mühlhaus, dem einzigen Backsteingebäude im Dorf.
    Ohne Vorwarnung flüsterte eine Stimme in mir:
Eine Eule kommt.
    Ich drehte mich rasch genug herum, um den kantigen Kopf und die kräftigen braunen Flügel zu sehen, die schnell wie der Wind
     und still wie der Tod vorbeisegelten. Zwei Sekunden später landete die Eule im Gras hinter der Mühle und ihre Krallen pressten
     das Leben aus ihrer Beute.
    Wiesel zum Frühstück.
Ich lachte vor Freude, weil ich irgendwie gewusst hatte, dass die Eule kam und dass ihr unsichtbares Opfer ein Wiesel war.
     Woher wusste ich das? Darauf hatte ich keine Antwort. Ich wusste es einfach, das war alles. Und ich nahm an, dass jeder einigermaßen
     aufmerksame Beobachter es auch gewusst hätte.
    Aber je länger ich darüber nachdachte, umso mehr fragte ich mich, ob das stimmte. Manchmal wusste ichtatsächlich vor anderen, was geschehen würde. Dieses Talent, oder wie man es auch nennen mochte, hatte sich erst in den letzten
     Wochen gezeigt, und ich hatte noch nicht einmal angefangen es zu verstehen. Ich hatte weder Branwen noch sonst jemandem etwas
     davon gesagt. Vielleicht war es nichts als eine Reihe zutreffender Vermutungen. Aber wenn es mehr war, könnte es für ein bisschen
     Unterhaltung sorgen. Oder sich im Notfall als nützlich erweisen.
    Erst gestern hatte ich gesehen, wie ein paar spielende Dorfjungen sich mit imaginären Schwertern verfolgten. Kurz hatte ich
     mir gewünscht einer von ihnen zu sein. Dann entdeckte mich der Anführer, Dinatius, und stürzte sich auf mich, bevor ich davonlaufen
     konnte. Ich hatte Dinatius nie gemocht; seit dem Tod seiner Mutter vor Jahren war er Helfer des Schmieds. Er kam mir gemein,
     dumm und jähzornig vor. Ich war immer bestrebt ihn nicht zu reizen, nicht aus Freundlichkeit, sondern weil er viel älter und
     größer war als ich – oder jeder andere Junge im Dorf. Mehr als einmal hatte ich gesehen, wie der Schmied ihn mit seiner mächtigen
     Hand schlug, weil Dinatius sich vor der Arbeit drückte, und genauso oft hatte ich beobachtet, wie Dinatius die Prügel an
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