Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit
Autoren: Thomas A. Barron
Vom Netzwerk:
einer neuen Macht überwältigt wurde,
     die wir nicht bekämpfen konnten.
    Hallia tippte auf die Säule unter uns. »Schon scheint das hier teils Stein und teils Nebel zu sein.« Sie kratzte mit dem Finger
     an der Oberfläche und zog ein paar fadenartige Dämpfe ab. »Was bedeutet das, junger Falke, für mein Volk, für unsere heiligen
     Länder? Für all diese versteckten Pfade und Lichtungen und Wiesen, über die du und ich zusammen als Hirsche liefen?«
    »Im Nebel ertrunken«, antwortete ich düster. »Genau wie alles und jeder in Fincayra.« Ich schlug nach ein paar weißen Wölkchen,
     die an meinen Leggings hingen. »Unser Heimatland ist verloren, das kann ich spüren. Alles, wofür wir kämpften, alles, wofür
     Cairpré und so viele andere starben – verloren.«
    Lange saßen wir still da und beobachteten, wie der Nebel dichter wurde. Meine Zweifel über die Zukunft kehrten zurück, aber
     mit einer anderen Wendung. Was wurde aus Hallia, wenn es kein Fincayra mehr gab? Aus uns? Vielleicht konnten wir unsere Tage
     in der Anderswelt durchleben, die unser Heimatland schluckte. Vielleicht war für mich wirklich die Zeit gekommen, mit Hallia
     an der Seite nach Britannien zu reisen. Oder vielleicht . . .
    In diesem Moment bemerkte ich, dass ein Besucher in unser Lager gekommen war. Er schritt rasch durch den zunehmenden Nebel
     den Hügel herauf. Als er sich dem Kreis näherte, blies ein warmer Windstoß über uns. Zugleich flogen Vögel aller Art zu den
     Steinen und setzten sich so, dass sie ihn sehen konnten. Viele andere Geschöpfe   – Zentauren und Kobolde, Schmetterlinge und Wölfe – folgten ihm in den Ring. Selbst die Bärin hoppelte mit Verbänden am ganzen
     Körper hinter ihm her. Auch der lebende Stein rollte ihm nach und knirschte dabei schwer auf der Erde.
    Er war ein älterer Mann, seine silbernen Haare so flaumig wie die Nebel um seine Knöchel. Ein Arm hing nutzlos an seiner Seite,
     aber sein zuversichtlicher Gang drückte Stärke aus. Sobald er näher kam, erkannte ich ihn. Ja, noch bevor ich wieder in diese
     tiefen braunen Augen voller Weisheit und Mitgefühl und Hoffnung schaute.
    »Dagda«, sagte ich ehrerbietig, ging hinüber und kniete vor ihm nieder.
    Er berührte leicht meine Schulter und lächelte traurig. »Es tut mir Leid um alles, was ihr verloren habt.«
    Ich fand darauf keine Antwort.
    Er betrachtete mich einen Moment, dann sagte er mit volltönender Stimme: »Alles ist jedoch nicht so, wie es aussieht.«
    »Das . . . verstehe ich nicht.«
    »Das wirst du noch mit der Zeit. Steh jetzt auf, Merlin. Ich habe jemanden mitgebracht, der dich sehen will.«
    Als ich wieder stand, griff er hinunter und hob einen Nebelkringel auf, der auf seiner Hand lag und sich spiralförmig bewegte.
     Dann blies Dagda sehr zart darauf. Der Kringel wurde größer und voller. Ein gerundeter Körper erschien, dann glänzende Flügel
     mit silbernen und braunen Streifen, schließlich ein stolzer Kopf mit gelb umrahmten Augen und einem gefährlichen Schnabel.
     Verdruss!
    Der Vogel pfiff, schaute Dagda an und flatterte mit den Flügeln. Er flog hoch und landete mit einem kalten Luftzug auf meiner
     linken Schulter. Wieder pfiff er, bevor er mich fest mit seinen Krallen packte.
    Ich spürte sein Gewicht wieder auf meiner Schulter und lächelte fast, doch mein Herz war immer noch zu schwer. »Danke«, sagte
     ich leise. »Er hat mir gefehlt.«
    »Und du ihm«, erwiderte der große Geist.
    Ich winkte Hallia und auch Rhia auf der anderen Seite des Kreises herüber. Sie wussten besser als jeder andere, wie viel dieser
     Falke mir bedeutete. Beide knieten zur Begrüßung vor Dagda, wie ich es getan hatte, dann streichelten sie Verdruss den fedrigen
     Rücken. Der Falke stolzierte glücklich über meine Schulter und blieb einmal stehen, um mit der Flügelspitze Rhias Nase zu
     kitzeln. Scullyrumpus,der scheu über den Rand von Rhias Ärmeltasche spähte, war ungewöhnlich still.
     
    Schließlich wandte ich mich wieder an Dagda. »Sag mir bitte, was du gemeint hast.«
    Er senkte den Blick. »Du weißt jetzt, dass der Schleier zwischen den Welten zerrissen, das kosmische Gleichgewicht verlagert
     wurde. Nichts kann das ändern.«
    Er spreizte die Finger, so dass der Nebel an unsere Beine schwappte wie Wellen auf dem offenen Meer. »Und jetzt . . . werden
     sich unsere Welten vereinigen. Sie kommen zusammen, wie die vergessene Insel zur Hauptinsel kam. Fincayra wird nicht länger
     abgesondert als Hafen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher