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Merlin und die Feuerproben

Merlin und die Feuerproben

Titel: Merlin und die Feuerproben
Autoren: Thomas A. Barron
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Ebenso wenig die Familie gesprenkelter Eidechsen, die seit Generationen in dem Moos auf der
     Nordseite des Felsens lebte.
    Nein, dass sich der Felsen an jenem Tag regte, hatte einen ganz anderen Auslöser. Einen, der, anders als die Eidechsen, noch
     nie an dieser Stelle gesehen worden war, obwohl er schon lange vor der Ankunft der ersten Eidechsenhier war. Denn die Bewegung entsprang dem tiefsten Innern des Felsens.
    Nebel sammelte sich zwischen den Flussufern und lag wie ein dicker weißer Mantel auf dem Wasser, ein schwaches, schabendes
     Geräusch war zu hören. Im nächsten Moment schwankte der Felsblock ganz leicht. Während Nebelschwaden um seinen Fuß wirbelten,
     neigte er sich plötzlich auf die Seite. Drei Eidechsen zischten erschrocken, sprangen ab und huschten davon.
    Falls die Eidechsen gehofft hatten im Moos auf einem der anderen Felsen ein neues Zuhause zu finden, so wurden sie enttäuscht.
     Denn weiteres Kratzen und Scharren mischte sich in das ständige Rauschen der Strömung. Die neun Felsblöcke, die den Fluss
     säumten, fingen nacheinander an zu schwanken, dann heftig zu schaukeln, als wären sie von einem Schauder befallen, den nur
     sie spüren könnten. Einer von ihnen, teilweise im sprudelnden Fluss versunken, rollte auf ein Hemlockstannengehölz am Ufer
     zu.
    Oben am ersten Felsblock, der lebendig geworden war, erschien ein winziger Sprung. Ein weiterer Riss tat sich auf, dann wieder
     einer. Plötzlich brach ein gezackter Splitter ab und ließ ein Loch zurück, in dem ein seltsames, oranges Licht glühte. Langsam,
     vorsichtig versuchte sich etwas aus dem Loch zu schieben. Es glänzte dunkel, während es an der Oberfläche kratzte.
    Es war eine Klaue.
     
    Weit im Norden, in den einsamen Bergen der verlorenen Länder, stieg eine Rauchfahne auf und wand sich wie eine Giftschlange.
     Sonst regte sich nichts auf diesen Hängen,noch nicht einmal ein Insekt oder ein Grashalm, der im Wind zitterte. In diesem Gebiet hatte ein Feuer gewütet – so heftig,
     dass es Bäume zerstörte, Flüsse austrocknete, sogar Felsen sprengte und nichts zurückließ als verkohlte, mit Asche bedeckte
     Hänge. Denn dieses Gebiet war das Lager eines Drachen gewesen.
    Vor Zeiten, auf der Höhe seines Zorns, hatte der Drache ganze Wälder verbrannt und Dörfer völlig verschluckt. Valdearg – dessen
     Name in Fincayras ältester Sprache
Feuerflügel
bedeutete – war der letzte und meistgefürchtete in einer langen Reihe von Kaiserdrachen. Ein großer Teil Fincayras war von
     seinem sengenden Atem geschwärzt und alle Bewohner lebten in schrecklicher Angst vor seinem Schatten. Schließlich war es dem
     mächtigen Zauberer Tuatha gelungen, den Drachen zurück in sein Lager zu scheuchen. Nach langem Kampf war Valdearg dem Schlafzauber
     des Magiers erlegen. Seither war er in seiner versengten Höhle geblieben und hatte unruhig geschlafen.
    Während viele Fincayraner murrten, Tuatha hätte den Drachen töten sollen, als er die Möglichkeit dazu hatte, behaupteten andere,
     dass der Zauberer ihn nicht ohne Grund verschont hatte – doch was das für ein Grund sein mochte, wusste niemand. Wenigstens
     konnte Feuerflügel im Schlaf keinen Schaden mehr anrichten. Die Zeit verging, so viel Zeit, dass die Leute sich fragten, ob
     der Drache jemals wieder aufwachen würde. Manche bezweifelten sogar die alten Geschichten von seinem Wüten. Andere gingen
     noch weiter und überlegten, ob er je wirklich existiert hatte, auch wenn nur sehr wenige bereit waren bis in die verlorenen
     Länder zu reisen, um es herauszufinden.Von jenen, die sich auf die gefährliche Fahrt machten, kamen nur die wenigsten zurück.
    Nur ein kleiner Teil dessen, was Tuatha am Ende des Kampfes der hellen Flammen gesagt hatte, war verständlich, denn der Zauberer
     hatte in Rätseln gesprochen. Und viele seiner Worte waren lange vergessen gewesen. Dennoch hielten einige Barden lebendig,
     was in Form eines Gedichts mit dem Titel
Der Drachenkampf
erhalten war. Obwohl es viele Versionen des Gedichts gab, eine so unklar wie die andere, waren sich alle darin einig, dass
     an einem finsteren Tag in der Zukunft Valdearg wieder erwachen würde.
    Selbst jetzt stank dieses Gebiet nach Holzkohle. In der Nähe der Höhle zitterte die Luft von der ständigen Hitze des Drachenatems.
     Das tiefe, dröhnende Geräusch von Valdeargs Schnarchen hallte durch die geschwärzten Berge, während die dunkle Rauchsäule
     weiter langsam aus seinen Nüstern zum Himmel
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