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Merlin und der Zauberspiegel

Merlin und der Zauberspiegel

Titel: Merlin und der Zauberspiegel
Autoren: Thomas A. Barron
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ich werde
     euch nichts weiter tun. Darauf habt ihr mein Wort. Ich verlange dafür nur das Leben dieser beiden Attentäter, die so viel
     Unheil angerichtet haben.«
    Sie machte eine Pause und ließ ihre Worte wirken. »Oder ihr könnt in eurem Starrsinn entscheiden mich anzugreifen. Aber dann,
     ich warne euch, werde ich, bevor eure Pfeile treffen, noch Zeit genug haben, einen Feuerbrand auf euren Magierfreund und sein
     Mädchen zu werfen.« Ihre Fingerspitzen schienen zu glimmen, sie zischten in der Luft. »Vielleicht glückt es mir nicht, beide
     zu töten. Aber zumindest einer von ihnen, das verspreche ich, wird bestimmt sterben.«
    Während Hallia und ich reglos dasaßen, erhob sich ein leises Gemurmel von den versammelten Moorghulen. Ich zermarterte mir
     das Gehirn nach etwas, irgendetwas, das ich tun könnte. Aber jeder Versuch, mich zu bewegen, von Angreifen ganz zu schweigen,
     würde bestimmt Nimue veranlassen ihre gebündelten Flammen loszulassen und Hallia und mich zu verbrennen. Ich sah, dass auch
     Gwynnia zum gleichen schrecklichen Schluss gekommen war. Obwohl ihr Blick voller Qual war, blieb sie äußerst ruhig, hielt
     sogar die Flügel eng an den Rücken gepresst.
    Endlich verstummten die Moorghule. Ihre leuchtenden Augen schimmerten durch die Nebelschwaden, die um ihre ständig sich verändernden
     Gestalten waberten. Obwohl die Hexe bestimmt genau wie ich erwartet hatte,dass sie den Rückzug und ihre Rettung wählen würden, rührten sie sich nicht vom Fleck. Offensichtlich hatten sie entschieden
     Nimues Beschluss zu prüfen – und dabei Hallias und mein Leben zu retten.
    Nimues Gesicht verzerrte sich. Ihre Finger zischten noch mehr und schickten eine dünne Rauchfahne zum Himmel. Ich drückte
     Hallias Hand, während ich fieberhaft nach einem Fluchtweg suchte.
    Eine leichte Bewegung neben mir erregte meine Aufmerksamkeit. Mein Schatten! In diesem Moment schickte ich ihm einen stillen
     Befehl:
Auch wenn du mir nie mehr gehorchst, jetzt musst du es! Geh – halte sie auf, wenn du kannst.
    Der Schatten schien zu zögern und schrumpfte zu einem Bruchteil seiner Größe. Dann sprang er wie ein wütender Wolf los und
     stürzte sich auf die Hexe, er knallte direkt auf ihren Bauch.
    Nimue schrie und taumelte zurück. Der sengende Feuerbrand schoss zwischen ihren Fingern hervor und versprühte unschädlich
     in den Sumpfnebeln über ihrem Kopf. Bevor die Hexe sich fangen konnte, griff ich sie selbst an und stieß mit aller Kraft zu.
     Sie flog zurück und prallte gegen eine der Steinsäulen. Nebelfinger drangen aus der Oberfläche des Spiegels und griffen nach
     ihr. Sie schlug sie weg und stolperte zur Seite. Die Oberfläche schloss sich plötzlich zu einer harten schwarzen Wand. Nimue
     streckte die Arme aus, um das Gleichgewicht zu halten, und starrte einen Moment auf ihr eigenes dunkles Spiegelbild und auf
     etwas dahinter.
    »Nein!«, rief sie, noch während sie in den Spiegel stürzte. Sie verschwand in seinen Tiefen, ihr letzter Schrei erstarb in
     einem Klirren, das wiederum in der Stille erstarb.Während ihr süßer Duft verwehte, rührte sich lange niemand. Dann stieg plötzlich ein schallender Jubelruf auf – zuerst von
     Hallia und mir, dann von Gwynnia (die mit ihrem Schwanz auf den Boden schlug und Schlamm in alle Richtungen spritzte) und
     schließlich von den Moorghulen, deren Stimmen in unheimlichen, lang gezogenen Klagelauten ertönten.
    Als die Schreie schließlich verklangen, ließen die restlichen Kriegergoblins ihre Waffen fallen. Langsam, sehr langsam teilte
     sich der Kreis der Moorghule. Die Kriegergoblins näherten sich zuerst zögernd der Öffnung. Im nächsten Moment fingen sie an
     zu laufen und verschwanden im Sumpf, ihre schweren Stiefel stampften im Schlamm.
    Die Moorghule blieben dunkel schimmernd noch ein paar Sekunden stehen. Dann verschmolzen sie so still, wie sie gekommen waren,
     mit dem Nebel und waren nicht mehr zu sehen. Nur die leeren Spuren ihrer Pfeile blieben in der Luft bei dem alten Torbogen.
    Ich drückte Hallia an mich. Das Moor wirkte seltsam still. Gemeinsam lauschten wir unseren Atemzügen, noch konnten wir nicht
     glauben, dass wir am Leben geblieben waren.
    Dann kam aus der Stille ein neues Geräusch. Es entstand irgendwo in der Nähe. Obwohl es nur eine Sekunde oder zwei anhielt,
     klang es fast wie eine Stimme. Beinahe . . . wie eine Katze, die ein einziges zufriedenes Miau ausstieß.

XXVII
IHRE EIGENE GESCHICHTE
    W ährend ich neben Hallia
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