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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen
Autoren: Amber Kizer
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tupfte sich die Augen mit einem Papiertaschentuch ab.
    Tens stand auf und hielt mir die Hand hin. »Dann wollen wir mal einen Drachen töten und ein Fräulein in Not befreien.«
    »Nein, wir bringen dem Fräulein ein Schwert, damit es den Drachen selbst erledigen kann.«
    »Eine viel bessere Idee.« Tony lächelte uns an. »Dein Pickup oder mein Transporter?«
    Auf der Motorhaube des Pick-ups lag ein Baumstamm. Bedrückt betrachtete ich den Schaden. Jaspers Pick-up hatte uns gute Dienste geleistet, nun war er nur noch ein Haufen Schrott.
    »Dann also mein Transporter.« Tony ging voraus und hob immer wieder Äste auf, die uns den Weg versperrten.
    »Ihr lasst mich nicht hier. Ich komme auch mit.« Joi stieg in den Wagen. »Ihr braucht mir nur zu sagen, was ich tun soll.«
    Custos erschien neben dem Auto. Sie war trocken und unverletzt und bellte.
    »Machst du bitte Platz für den Wolf?«, sagte ich.

[home]
    Kapitel 40
    Juliet
    M ein Haar peitschte mir über Gesicht und Arme. Wir zitterten vor Kälte, bis der fremde Mann uns hochhob.
    »Festhalten.« Eine dunkle Stimme mit starkem Akzent hüllte Enid und mich ein wie ein Wiegenlied, während kräftige Arme uns vom Boden hochzogen und uns an die Wand lehnten. Im nächsten Moment ging es in Windeseile die Treppe hinunter. Ehe ich mich versah, befanden wir uns unter der Treppe in der hintersten Ecke meiner Abstellkammer. Obwohl ich weder Taschenlampen noch Laternen entdecken konnte, war der Raum mit einem unglaublich warmen und hellen Licht erfüllt.
    »Jetzt seid ihr in Sicherheit.« Er roch nach Zucker, Sonne und Sommernächten. An der kleinen Tür drehte er sich noch einmal um. Das Licht folgte ihm. »Hör sie an, wenn sie kommen, um dir deine Geschichte zu erzählen, und glaube daran, dass Einigkeit stark macht …«
    Seine letzten Worte wurden von klirrendem Glas und zerberstendem Metall übertönt. Ein Donnern wie von Thors Hammer und ein Rauschen, das an einen gewaltigen Wasserfall erinnerte, hallten mir in den Ohren. Die Welt wurde schwarz, und ich kauerte, Enid im Arm, in der Dunkelheit. Wir hörten Mauern einstürzen und Metallträger bersten. Über unseren Köpfen bäumte sich die Treppe auf und wurde in großen Stücken mitgerissen, so dass sich ein Regen aus Holzsplittern und Putz auf meinen Rücken ergoss.
    Selbst nachdem der Wind verebbt war, regnete es gnadenlos weiter. Enid und ich klammerten uns weinend aneinander und ließen in dem Chaos, das um uns tobte, unserer Angst freien Lauf. Ich war wie erstarrt und wagte nicht, mich zu rühren oder die Augen zu öffnen, nur um herauszufinden, dass wir beide gestorben waren.
    Stattdessen zwang ich mich, einfach nur durchzuatmen.
    Nach einer schieren Ewigkeit wurde die Kälte stärker als meine Furcht, und außerdem schliefen mir Arme und Beine ein. Zarte Finger streiften meine Wangen und kitzelten mich an der Stirn.
    »Mein Kind, jemand ruft nach dir«, flüsterte Enid mir ins Ohr. »Bist du noch bei uns?«
    Als ich den Kopf hob, bemerkte ich, dass mein Gesicht schmerzte, so fest hatte ich die Augen zugekniffen.
    Ich hörte Stimmen. »Juliet? Juliet? Bodie? Juliet?«
    Zunächst konnte ich es nicht glauben, doch dann erkannte ich Meridian und Tens und noch zwei andere Stimmen. Mich zu bewegen war eine Herausforderung, da das Blut in meine protestierenden Knie und Schultern zurückströmte. Vorsichtig rutschte ich von Enid weg, um ihr nicht noch mehr weh zu tun. »Alles in Ordnung?«, flüsterte ich heiser.
    »Ich lebe noch. Geh sie holen. Ich warte hier.« Als Enid mich tätschelte, nickte ich, schob die Toilettenpapierrollen und Papierhandtücher beiseite, die auf uns gefallen waren, und arbeitete mich aus dem Haufen heraus.
    Die Treppe war fort. Der obere Rand der Wände sah aus wie mit einem Skalpell abgetrennt. Der Himmel war graublau. Da ich keinen freien Blick zum Horizont hatte, wusste ich nicht, ob eine weitere Gewitterfront unterwegs war. Ich stand in einer Schachtel ohne Deckel.
    Ich taumelte zur Tür, die den Schutt draußen ausgesperrt hatte, und zögerte. Eigentlich hatte ich mir gewünscht, dass sich das DG in Luft auflöste, aber ich hätte nie zu träumen gewagt, dass es eines Tages tatsächlich geschehen würde. Die Ungewissheit, was meine eigene Zukunft anging, lähmte mich.
    »Enid braucht Hilfe«, flüsterte ich, um mich dazu zu bringen, endlich etwas zu unternehmen, und griff nach dem Türknauf.
    Als ich drückte, schwang die Tür nach außen auf. Vom DG war nichts mehr übrig. Ich
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