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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen
Autoren: Amber Kizer
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Küchenhilfe. Interessiert?« Sie nahm auch zu mir Blickkontakt auf.
    »Äh …«, wich ich aus, denn ich wusste, dass Tens anonym bleiben und weiterfahren wollte.
    »Unterkunft in der Gästehütte und so viel von dem, was am Tag übrig geblieben ist, wie Sie wollen, sind inbegriffen«, drängte sie. »Sie müssen mir nur vierundzwanzig Stunden vorher Bescheid geben, wenn Sie weiterziehen, damit wir abrechnen können.«
    »Warum bieten Sie uns das an? Sie kennen uns doch kaum.« Neugier und Vorsicht kämpften gegeneinander, doch mein Instinkt sagte mir, dass alles in Ordnung war: Weder Angst noch Unsicherheit meldeten sich zu Wort.
    Als sie lächelte, entstanden auf ihrem Gesicht Falten, die auf ein fröhliches und sanftes Naturell hinwiesen. »Ich habe, was Sie beide betrifft, einfach ein gutes Gefühl.«
    »Ein Gefühl?«, hakte Tens nach.
    »Intuition. Folgen Sie denn nie Ihrem Herzen?«
    »Manchmal.« Ich nickte und sah Tens an, um seine Reaktion abzuschätzen.
    »Mein Mann meint, ich neigte eben dazu, Heimatlose aufzunehmen.« Sie zwinkerte Tens zu. »Außerdem liegt Ihre Wölfin im Schatten neben der Hütte, seit Sie im Lokal sind. Ich glaube, es gefällt ihr hier.«
    Unfähig, meine Überraschung zu verbergen, schnappte ich nach Luft. Ich wäre eine miserable Pokerspielerin gewesen. »Sie haben sie gesehen?«
    »Sie ist wohl kaum zu übersehen. Folgen Sie mir, ich zeige Ihnen die Hütte. Dann können Sie sich entscheiden.« Joi winkte uns hinter die Theke und durch eine saubere, aber vollgestellte Küche. Im Spülbecken stapelte sich das Geschirr vom mittäglichen Ansturm. Sie seufzte. »Geschirrspülen gehört zu den Aufgaben der Küchenhilfe. Falls es einer von Ihnen schaffen sollte, die Spülmaschine wieder flottzumachen, umso besser.«
    Es behagte mir gar nicht, einfach zu gehen, ohne dass jemand auf die Teestube achtete. »Können Sie das Lokal allein lassen?« Die Tür befand sich unmittelbar gegenüber der Kasse. So viel Vertrauen war mir völlig fremd.
    »Ich bin ja gleich wieder da.« Joi tat meine Befürchtungen mit einer Handbewegung ab und schaute sich nicht einmal um.
    Wir trotteten hinter ihr her. Tens’ Finger ertasteten meine Wirbelsäule unter dem T-Shirt und blieben dort liegen. Sie erhitzten meine Haut und brachten sie zum Prickeln.
    Custos begrüßte uns schwanzwedelnd, und ich erkannte an Tens’ Fingerspitzen, dass er sich entspannte. Wenn Custos Joi und diese Hütte mochte, musste es dafür einen Grund geben.
    Die Hütte selbst bestand aus einem großen Raum mit Sitzecke, Küche und Bett. Ein Trockenblumengarten bedeckte die Wände und hing von der Decke. Der Rest der Wände wurde von Aquarellen und Fotos eingenommen, die lachende Kinder und spielende Hunde darstellten.
    »Ich benutze die Hütte als Lagerraum«, erklärte Joi. »Aber keine Sorge, ich platze nicht unangemeldet herein. Das Bad mit Waschmaschine und Trockner ist dort hinten.«
    Das Doppelbett stand an der Wand und war mit spitzenbesetzten Kissen und Teddybären geschmückt. Die Schränke und Arbeitsflächen in der Küche waren sonnengelb.
    »Nett«, sagte ich.
    »Gut. Warum übernachten Sie nicht hier und treffen morgen Ihre Entscheidung? Ich schicke Ihnen Kaffee und Gebäck rüber, damit Sie sich stärken können. In Carmel steht niemand früh auf.« Joi schloss die Tür hinter sich.
    »Sie hat dir den Schlüssel gegeben, richtig?«, fragte ich Tens, ohne mich umzudrehen.
    »Hmmm.« Tens ließ sich aufs Sofa fallen und die Beine über den Rand baumeln. Seine Stiefel waren an den Knöcheln rissig und hatten tiefe Furchen in den Sohlen. Außerdem waren die Schuhbänder mehrfach zusammengeknotet.
    »Du brauchst neue Stiefel.« Ich betrachtete ihn.
    »Hmmm.« Er schloss die Augen und kuschelte sich mit einem Seufzer tiefer in die Polster.
    »Bleiben wir hier?«, erkundigte ich mich und wusste genau, welche Antwort ich hören wollte.
    Er schlug die Augen nicht auf. »Für den Moment. Mach ein Nickerchen.«
    Ich legte mich aufs Bett und starrte an die Decke. Trotz meiner Erschöpfung surrte unter meiner Haut die Energie, als befände ich mich in der Nähe eines Elektronengewitters. Ich zwang mich, die Augen zu schließen, und machte Atemübungen.
    »Du schläfst doch nicht etwa richtig ein?«, brummte Tens von der anderen Seite des Zimmers aus.
    »Ich versuche es.« Entnervt kniff ich die Augen zu, bis Pünktchen und Regenbögen hinter meinen Lidern tanzten.
    Sein Gelächter ließ das Sofa erbeben. »Schon gut. Lass uns
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