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Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail

Titel: Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail
Autoren: Patricia Briggs
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auch in keine andere Richtung als geradeaus. Ich fragte mich, ob er Status verlieren würde, wenn er sich bewegte. Werwölfe spielen ebenfalls Machtspielchen, aber die Regeln dafür kenne ich gut. Ein Werwolf hätte einem fremden Wolf nie gestattet, hinter ihm zu stehen.
    Er ließ davon ab, mich zu streicheln, richtete sich wieder auf und ging um mich herum, bis er Stefan erneut gegenüberstand. »Du bist Stefan, Marsilias kleiner Soldat. Ich habe tatsächlich von dir gehört – obwohl dein Ruf nicht mehr das ist, was er einmal war. Auf diese Weise aus Italien zu fliehen, würde die Ehre jedes Mannes besudeln … Dennoch, irgendwie hatte ich mehr von dir erwartet. All diese Geschichten … ich erwartete, ein Ungeheuer unter Ungeheuern zu finden, ein Wesen aus einem Alptraum, das selbst andere Vampire einschüchtert – und ich sehe nur eine vertrocknete, abgehalfterte Möchtegern-Bestie. Ich nehme an, so etwas passiert, wenn man sich jahrhundertelang im Hinterland verkriecht.«
    Nach den letzten Worten des anderen Vampirs schwiegen beide kurz.
    Dann lachte Stefan und sagte: »Während du überhaupt keinen Ruf hast.« Er klang unbeschwerter als sonst und beinahe ein bisschen eilig, als hätte das, was er sagte, ohnehin keine Bedeutung. Ich machte unwillkürlich einen Schritt von ihm weg, irgendwie eingeschüchtert von dieser unbeschwerten, amüsierten Stimme. Stefan lächelte den anderen Vampir freundlich an und seine Stimme wurde noch leiser, als er sagte: »So etwas passiert, wenn man neu erschaffen und verlassen wird.«
    Das musste eine vampirische Superbeleidigung gewesen
sein, denn der zweite Vampir explodierte, als wären Stefans Worte eine extreme Provokation. Er stürzte sich allerdings nicht auf ihn.
    Stattdessen bückte er sich, packte die Unterseite des Sprungfederkastens des Doppelbetts und hob es zusammen mit der Matratze und dem Bettzeug über seinen Kopf. Er drehte seine Last zur Flurtür und drehte sie dann so, dass die Enden von Sprungfederkasten, Matratze und Bettzeug einen Augenblick lang in der Luft zu hängen schienen.
    Dann veränderte er seinen Griff und warf das ganze Bett durch die Wand in das leere Nachbarzimmer, wo es in einer Wolke von Gipsstaub auf dem Boden landete. Zwei Wandstützbalken splitterten, hingen verbogen im Putz und ließen das Loch aussehen wie eine grinsende Kürbislaterne. Das verbliebene Kopfende des Betts, das an die Wand geschraubt war, sah ziemlich verloren aus, als es dort einen Fuß über dem Boden hing.
    Das Tempo und die Kraft des Vampirs überraschten mich nicht – ich hatte schon ein paar Werwölfe während eines Wutanfalls gesehen. Also wusste ich auch, wenn der Vampir wirklich wütend gewesen wäre, hätte er nicht über die Beherrschung verfügt, die Einzelteile des Bettes zusammen durch die Wand zu werfen. Offenbar gab es ebenso wie bei Kämpfen unter Werwölfen auch bei Vampiren eine Menge beeindruckenden Feuerwerks vor dem Hauptakt.
    In dem folgenden Schweigen hörte ich ein heiseres Geräusch hinter der geschlossenen Badezimmertür – als hätte, wer immer es von sich gab, schon so viel geweint, dass die Person nur noch ein leises Wimmern von sich geben konnte, welches aber von viel mehr Entsetzen kündete als ein lauter Schrei.
    Ich fragte mich, ob Stefan wusste, was sich im Bad befand,
und ob er deshalb schon auf dem Parkplatz nervös gewesen war. Ich holte tief Luft, konnte aber weiterhin nur die bittere Dunkelheit spüren – und das immer stärker. Ich nieste, versuchte, meine Nase zu befreien, aber das funktionierte nicht. Beide Vampire blieben stehen, bis der Lärm sich gelegt hatte. Dann rieb der Fremde sich leicht die Hände, ein dünnes Lächeln auf den Lippen, als hätte er nicht erst einen Augenblick zuvor die Nerven verloren.
    »Oh, ich bin wirklich ein bedauerlich nachlässiger Gastgeber«, sagte er, aber die altmodischen Worte klangen falsch, als würde er nur vorgeben, ein Vampir zu sein, so wie die alten Vampire vorgegeben hatten, Menschen zu sein. »Du weißt offensichtlich nicht, wer ich bin.«
    Er deutete eine Verbeugung vor Stefan an. Es war selbst für mich deutlich zu sehen, dass dieser Vampir in einer Zeit und an einem Ort aufgewachsen war, wo man das Verbeugen eher aus einem Kung-Fu-Film lernte als im Alltagsleben. »Ich bin Asmodeus«, erklärte er prahlerisch und klang wie ein Kind, das sich als König vorstellte.
    »Ich sagte schon, dass dir kein Ruf vorausgeht«, erwiderte Stefan, immer noch auf diese lässige, beiläufige
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