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Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail

Titel: Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail
Autoren: Patricia Briggs
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mir klar, dass der Geruch unter anderem auch von dem BMW ausging. Wie war es möglich, dass dieses Auto mehr nach Vampir roch als Stefan der Vampir selbst?
    Ich bemerkte einen weiteren, subtileren Geruch, der bewirkte, dass ich die Zähne fletschte, obwohl ich nicht hätte
sagen können, was dieses bittere, dunkle Miasma war. Sobald es meine Nase berührte, wickelte es sich um mich, bis es alle anderen Düfte verdrängt hatte.
    Stefan kam eilig um das Auto herum, griff nach der Leine und zog fest daran, damit ich aufhörte zu knurren. Ich zog zurück und schnappte nach ihm. Ich war kein verdammter Hund. Er hätte mich einfach bitten können, still zu sein.
    »Ganz ruhig«, sagte er, sah mich aber nicht an. Er betrachtete das Hotel. Ich roch nun noch eine neue Note, den Hauch eines Dufts, der schnell wieder von dem stärkeren Geruch verdrängt wurde. Aber selbst diese Spur genügte, um die vertraute Ausdünstung von Angst zu erkennen – Stefans Angst. Was konnte einem Vampir Angst machen?
    »Komm«, sagte er und zog mich aus meiner Verwirrung heraus und auf das Hotel zu. Nachdem ich aufgehört hatte, mich dem Ziehen zu widersetzen, sagte er schnell und leise: »Ich will nicht, dass du irgendetwas tust, Mercy, ganz gleich, was du siehst oder hörst. Du bist einem Kampf mit diesem Gegner nicht gewachsen. Ich brauche nur eine unparteiische Zeugin, die sich nicht umbringen lässt. Also spiel die Kojotin, so gut du kannst, und wenn ich es nicht hier herausschaffen sollte, geh und sag der Herrin, um was ich dich gebeten habe und was du gesehen hast.«
    Wie konnte er erwarten, dass ich aus einer Situation entkommen konnte, die ihn umbringen würde? Vor unserem Aufbruch hatte er nicht so geklungen, und er hatte auch keine Angst gehabt. Vielleicht konnte er riechen, was ich roch, und wusste, was es war. Ich konnte ihn jedoch nicht fragen, denn ein Kojote hat nicht denselben Stimmapparat wie ein Mensch.
    Er führte mich zu einer Rauchglastür. Sie war verschlossen, aber es gab einen Kasten für eine Schlüsselkarte mit einem
kleinen, blinkenden LED-Licht. Er tippte mit dem Finger auf den Kasten, und das Licht wurde grün, als hätte er eine magnetisierte Karte eingesteckt. Die Tür ging ohne Widerstand auf und schloss sich hinter uns mit einem endgültig klingenden Klicken.
    Der Flur hatte nichts Unheimliches an sich, aber er beunruhigte mich trotzdem. Wahrscheinlich war es Stefans Nervosität, die mich ansteckte. Was konnte einem Vampir Angst machen?, fragte ich mich erneut.
    Irgendwo warf jemand eine Tür zu, und ich zuckte zusammen.
    Stefan wusste entweder, wo der Vampir wohnte, oder seine Nase wurde nicht so sehr von diesem anderen Geruch behindert wie die meine. Er führte mich schnell durch den langen Flur und blieb dann etwa auf halbem Weg stehen. Er klopfte an die Tür, obwohl er wahrscheinlich ebenso gut wie ich hören konnte, dass jemand im Raum schon auf die Tür zuging, sobald wir davor stehen geblieben waren.
    Nach diesem Augenblick der Spannung war der Vampir, der die Tür schließlich öffnete, beinahe enttäuschend, so als ob man erwartet, dass Pavarotti Wagner singt und stattdessen Bugs Bunny und Elmer Fudd vorgesetzt bekommt.
    Der neue Vampir war glatt rasiert und trug das Haar zu einem kurzen, ordentlichen Zopf zurückgebunden. Seine Kleidung war anständig und sauber, wenn auch ein wenig verknittert, als käme sie aus einem Koffer – aber irgendwie vermittelte er insgesamt den Eindruck von Unordnung und Schmutz. Er war erheblich kleiner als Stefan und erheblich weniger Furcht einflößend. Der erste Punkt ging an Stefan, und das war gut so, denn immerhin hatte er viel Sorgfalt auf seine Fürst-der-Finsternis-Aufmachung verwendet.

    Das langärmlige Polohemd des Fremden hing an ihm, als bekleidete es ein Skelett und kein lebendes Wesen. Als er sich bewegte, rutschte einer der Ärmel nach oben und enthüllte einen Arm, der so dünn war, dass man zwischen den Knochen des Unterarms eine Höhlung erkennen konnte. Er hielt sich ein wenig geduckt, als könne er nicht die Energie aufbringen, um sich gerade aufzurichten.
    Ich war zuvor schon anderen Vampiren begegnet, beängstigenden Blutsaugern mit glühenden Augen und Reißzähnen. Dieser hier sah eher aus wie ein Junkie, von dem fast keine Substanz mehr übrig geblieben war. Er wirkte, als könnte er jeden Augenblick verblassen.
    Stefan jedoch schien die offensichtliche Gebrechlichkeit des anderen nicht beruhigend zu finden – wenn überhaupt, wuchs seine
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