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Merani und die Schlange unter dem Meer

Merani und die Schlange unter dem Meer

Titel: Merani und die Schlange unter dem Meer
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Zwillinge sahen sich nicht im Geringsten ähnlich. Argeela war ein ganzes Stück größer als ihr Bruder und bewegte sich so geschmeidig wie eine Katze. Careedhal hingegen wirkte so bedächtig, als müsse er über jeden einzelnen Schritt nachdenken. Dafür besaß er ein starkes magisches Talent, das er zum Leidwesen seiner Mutter und seiner Schwester noch nicht sicher beherrschte.
    Die beiden unterschieden sich auch in ihrer Kleidung. Als Erbprinzessin eines ardhunischen Fürstentums hätte Argeela einen weiten, bis zum Boden reichenden Rock aus violettem Tuch tragen müssen, doch sie hatte sich für eine Tunika entschieden, die knapp über dem Knie endete, und für feste Schuhe anstelle der Zierstiefelchen.Auch Careedhal besaß vernünftiges Schuhwerk, doch er hatte nicht auf seine knöchellange Adeptenkutte verzichten wollen. Die war kein ideales Kleidungsstück für eine Kletterei in den Bergen.
    Als die beiden zu Merani aufgeschlossen hatten, fauchte Argeela ihre Freundin an. »Wenn du glaubst, du kannst dich den ganzen Weg gemütlich von einem Platz zum anderen versetzen und wir rennen treudoof hinter dir her, hast du dich geschnitten!«
    »Ich wollte euch doch nur zeigen, was ich seit unserem letzten Zusammensein gelernt habe. Außerdem müssen wir nur noch die vorspringende Felswand dort passieren. Dann setze ich meine Spruchrolle ein, und wir sind schwuppdiwupp an dem Platz, an dem es die schönsten Kristalle gibt.« Merani hakte sich bei Argeela und Careedhal ein und stieg mit ihnen gemeinsam das letzte Stück bis zu einem Bergsporn hoch, der den Weg zu einer Spitzkehre zwang. Kaum hatten sie ihn passiert, legte Merani die Hände gegen die Stirn und konzentrierte sich.
    »Was machst du jetzt?«, wollte Careedhal wissen.
    Seine Schwester versetzte ihm einen Rippenstoß. »Mit deinen andauernden Fragen regst du mich echt auf. Merani wird es uns schon sagen.«
    »Ich habe vergessen, die Versetzungsspruchrolle mitzunehmen, und wollte sie jetzt hierherholen. Doch das will irgendwie nicht gelingen.« Merani klang verärgert, denn sie hatte sich vor ihren Freunden aufspielen wollen und sah sich jetzt schon in kurzen Versetzungssprüngen zur Burg zurückkehren, um die Spruchrolle zu holen. Da fiel ihr eine andere Möglichkeit ein, und sie begann zu grinsen.
    »Qulka, hörst du mich?«, sandte sie einen magischen Ruf zur Festung. Ihre Zofe war nicht besonders begabt, vermochte aber auf lautlose Art mit ihr zu kommunizieren.
    Die Kleine meldete sich sofort. »Herrin, seid Ihr es?«
    »Wer soll ich denn sonst sein?« Merani lachte kurz und erteilte ihrer Zofe rasch die nötigen Befehle.
    »Aber beeile dich!«, setzte sie zuletzt hinzu, dann brach sie die magische Verbindung ab und wandte sich wieder Argeela und Careedhal zu. »Gleich können wir weiter.«
    »Warum konnten wir uns nicht gleich aus der Festung heraus versetzen«, wollte Argeela wissen.
    »Wegen der magischen Abschirmung, die über der Festung liegt!«, erklärte ihr Bruder im belehrenden Ton. »Erst wenn wir diese Stelle dort oben passiert haben, kann Merani ihren Versetzungszauber anwenden.«
    »Aber sie hat sich doch schon vorhin selbst versetzt!«, rief Argeela verwundert.
    »Das war nur ein Kurzsprung innerhalb des Abschirmungsfeldes«, erklärte Careedhal.
    Merani zwickte es in den Fingern, ihm zu beweisen, dass sie sich sehr wohl aus diesem Feld hinaus teleportieren konnte. Allerdings bestand die Gefahr, dass sie an der Grenze abgewiesen und zurückgeschleudert wurde, und sie wollte diesem neunmalklugen Bengel nicht halb bewusstlos und völlig erschöpft vor die Füße fallen. Daher gab sie diesen Gedanken auf. »Weiter! Es sind nur noch tausend Schritte.«
    »Wollen wir nicht auf Qulka warten?«, fragte Argeela sie.
    »Warum? Ich halte magisch Verbindung zu ihr, so dass sie weiß, wo wir zu finden sind.« Ohne eine Antwort abzuwarten, ging Merani weiter. Careedhal schloss zu ihr auf und zupfte sie am Ärmel ihrer Tunika. »Glaubst du, dass deine Eltern den Feuerthron weiterhin beherrschen können? Das, was sie vorhin gesagt haben, klang nicht besonders gut!«
    »Natürlich können sie es!«, rief sie empört. »Wären diese magischen Stürme nicht, gäbe es auch kein Gerede. So aber müssen sie die ganze Kraft des Feuerthrons aufwenden, um unsere Inseln zu schützen. Das Artefakt ist einfach überlastet. Aber das gibt sich schon wieder.«
    Careedhal war davon nicht ganz überzeugt, aber Meranis Gesichtsausdruckverriet ihm, dass sie keine
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