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Menschen minus X

Menschen minus X

Titel: Menschen minus X
Autoren: Raymond Z. Gallun
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„Genug, Junge! Glaub mir – was du im Sensipsych zu erleben wähnst, wird dir nur vorgegaukelt. Manches davon haben zwar andere Leute wirklich erlebt, das meiste aber ist einfach erfunden. Es kann interessant und sogar belehrend sein. Doch solange du so jung bist, würde dir zuviel davon auf jeden Fall schädlich sein. Willst du mir versprechen, von jetzt ab immer erst zu fragen, ob du dich unter den Sensipsych legen darfst?“ Besorgnis klang jedesmal aus der Stimme der Mutter, oft aber wirklich Angst.
    Auch der Vater pflegte sich zu diesem Thema zu äußern. Er war Mineraloge und galt als angesehener Experte. „Komm, Eddie – laß den Apparat“, sagte er in seiner gutmütigen, zwingenden Art. „Du sollst wissen, daß wir nicht nur die Zeit zwingen müssen, in der wir leben, sondern auch mancherlei in uns selbst. Mit Maschinen und Apparaten, die alles für uns erledigen, kann das Leben sehr bequem sein, all zu bequem. Auch die Träume, die dir der Sensipsych beschert, sind bequem – du brauchst dich um nichts zu bemühen. Träume, mein Junge, können dich weich und hilflos machen. Und das darf nicht geschehen. Wir müssen bereit sein, unser Gleichgewicht zu bewahren, was auch immer kommen mag! Denn unser Dasein kann schrecklich werden, falls die ungeheuren Naturkräfte, deren wir uns bedienen, mal irgendwie aus unserer Kontrolle geraten. Es gibt für uns keine Gewißheit, daß dies nicht geschehen kann. Wir haben Ungeahntes erreicht und werden noch viel mehr erreichen. Es gibt für uns nur ein Vorwärts oder ein Zurück, aber kein Stillstehen. Und das Zurück wird einem heutzutage allzu leicht gemacht. Das mußt du bekämpfen, Eddie! In dir selbst mußt du es bekämpfen!“
    Eddie hatte viele Fragen. Manche seiner Fragen beantwortete die Mutter. „Du, mein Junge“, sagte sie, „bist auf die alte Art zur Welt gekommen, du bist geboren worden. Doch da jetzt so sehr viele Leute gebraucht werden, um die Planeten, die Planetenmonde und die Planetoiden unseres Sonnensystems zu bevölkern, kann nicht jeder aus dem Leib einer Mutter geboren sein. Es gibt seit einiger Zeit eine andere Methode – man stellt die Babys in einem Laboratorium her. Ja – richtige Menschen. Aber Menschen ohne Eltern. Und da sie keine Eltern haben, wachsen sie in den Jugendzentren auf, wie du eines dort drüben auf dem Hügel liegen siehst.“
    Oft schon hatte Eddie aus den Gärten und Spielplätzen des Jugendzentrums Kinderstimmen herüberschallen hören, und diese Stimmen waren ihm, so fröhlich sie auch klangen, immer irgendwie geheimnisvoll vorgekommen. Auch die Unsicherheit, die seine Eltern erfüllte, spürte er – insbesondere, wenn er die Mutter etwa auf diese Art mit dem Vater sprechen hörte: „Jack – ich würde niemals wünschen, in einem anderen Zeitalter zu leben. Ich liebe unsere Zeit, denn sie ist reich, unendlich vielfältig und erregend. Aber manchmal bekomme ich Angst, wenn ich an die Jahrhunderte denke, die vor uns liegen, Jack. Was meinst du – werden wir am Ende alle zu Übermenschen? Oder werden wir eine Entwicklung nehmen wie die alten Marsianer? Wird es uns ergehen wie den Bewohnern des Verlorenen Planeten, der in Zehntausende von Planetoiden zerbarst – ausgelöst durch eine selbstverschuldete Superkatastrophe, ehe es ihnen gelungen war, sich viel weiter zu entwickeln, als wir es heute sind?“
    Solche und ähnliche Worte beunruhigten Eddie und gaben ihm manches zu denken.
    Eines Tages hörte er den Vater zur Mutter sagen: „Vielleicht, Eileen, sollten wir doch dem Gedanken nähertreten, zu gegebener Zeit auf die Venus zu übersiedeln, um ein neues, einfacheres Leben auf diesem wenig besiedelten Planeten zu beginnen, der geeignet ist, dem alten Menschengeschlecht eine Heimat voller natürlicher Voraussetzungen zu bieten. Es würde ein kargeres, aber am Ende wohl doch sinnvolleres Leben sein.“
    „Du magst recht haben, Jack“, antwortete die Mutter, „und sicher werden wir es eines gar nicht fernen Tages tun. Das heißt – falls unser angeblich ewiges Jungbleiben und unbegrenztes Leben sich nicht doch noch als große Irrtümer erweisen. Oder falls nicht plötzlich doch noch unsere übersteigerte Zivilisation feuerspeiend auseinanderbirst und alles verschlingt. Tod durch Gewalt ist immer noch möglich. Du weißt, Jack, daß viele unserer Freunde sich entschlossen haben, Körper und Geist nach Guido Schaeffers’ neuem Präzisionsverfahren registrieren zu lassen, damit es möglich sein würde,
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