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Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt

Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt

Titel: Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
Autoren: Joe Navarro
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Verhörsituation zu entkommen, in der sie psychischem Druck ausgesetzt sind (Kassin, 2006, 207-228). Dasselbe trifft auf Söhne, Töchter, Ehepartner, Freunde und Angestellte zu, wenn sie von einem übereifrigen Elternteil, Ehe-, Geschäftspartner oder Vorgesetzten in die Mangel genommen werden.
    8. Sorgen Sie dafür, dass die befragte Person konzentriert bleibt. Ihnen als Interviewer sollte klar sein, dass Sie weitaus aussagekräftigere körpersprachliche Hinweise erhalten, wenn Sie das Gespräch bewusst steuern. Lassen Sie Ihr Gegenüber hingegen seine Version der Geschichte erzählen, werden Sie weitaus weniger prägnante Signale zu Gesicht bekommen. Gezieltes Fragen ruft Verhaltensweisen hervor, die nützlich sind, um die Aufrichtigkeit einer Person zu bewerten.
    9. Geschwätz ist nicht gleich Wahrheit. Sowohl unerfahrene als auch erfahrene Interviewer machen häufig den Fehler und setzen Gesprächigkeit mit Wahrheit gleich. Antwortet eine befragte Person auf eine Frage mit einem Redeschwall, neigen wir dazu, ihr zu glauben; wenn die befragte Person eher reserviert ist und nur zögerlich antwortet, nehmen wir an, dass sie lügt. Aus einem unerfindlichen Grund wirken offenbar Menschen, die eine überwältigende Menge an Informationen und Details über ein Ereignis oder eine Situation liefern können, glaubhafter als eher zurückhaltende. Allerdings können Sie so auch einem Lügner auf den Leim gehen, der versucht, die Fakten zu verschleiern oder das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Die Wahrheit offenbart sich nicht im Wortumfang, sondern durch die Verifizierung der Fakten. Bis die Informationen bestätigt sind, gelten sie als subjektive und möglicherweise bedeutungslose Angaben (siehe Kasten 58 ).
    10. Nach jahrelangem Studium des Verhaltens von befragten Verdächtigen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass jemand mit einem schlechten Gewissen zwei typische Verhaltensweisen in Folge zeigt, sobald ihm eine schwierige Frage wie »Haben Sie jemals das Haus von Mr. Jones betreten?« gestellt wird. Zunächst einmal kommt es zu einer Stressreaktion des limbischen Systems, sobald die Frage wahrgenommen wird. Der Befragte wird dabei unbewusst mit Distanzverhalten reagieren und beispielsweise seinen Fuß zurückziehen, vom Befrager wegrücken, sich zur Seite lehnen und eventuell weitere Stressreaktionen zeigen, wie etwa das Anspannen von Kiefer und Lippen. Unmittelbar darauf folgen Beruhigungsgesten, die den Stress lindern sollen. Manche greifen sich an den Hals, reiben sich den Nasenrücken oder massieren den Nacken, während sie darüber nachdenken, wie sie am besten auf die Frage antworten sollen.
    11. Grenzen Sie die Ursache für den Stress ein. Stressreaktionen gefolgt von Beruhigungsgesten sind früher
    fälschlicherweise automatisch mit einer täuschenden Absicht in Verbindung gebracht worden. Anzeichen von Stress bedeuten aber nicht zwangsläufig, dass jemand die Unwahrheit sagt, obwohl diese Möglichkeit natürlich besteht. Hin und wieder
    Kasten 58
    ALLES NUR GELOGEN
    Ich erinnere mich an einen Fall, in dem ich eine Frau in Macon, im Bundesstaat Georgia, verhörte. Drei Tage lang lieferte sie uns auf rein freiwilliger Basis Unmengen an Informationen. Als das Verhör zum Abschluss kam, hatte ich wirklich das Gefühl, ein gutes Stück vorangekommen zu sein. Im Anschluss an die Befragung ging es darum, die Äußerungen der Frau durch Fakten zu untermauern. Ein Jahr lang untersuchten wir ihre Behauptungen (sowohl in den USA als auch in Europa), doch schlussendlich kamen wir dahinter, dass alles, was sie gesagt hatte, erfunden und erlogen war - allerdings erst nachdem wir Unmengen an Energie und Geld in die Untersuchung investiert hatten. Sie hatte uns unzählige glaubwürdige Lügen aufgetischt und dabei selbst ihren unschuldigen Ehemann in Verdacht gebracht. Hätte ich mir ins Gedächtnis gerufen, dass die Bereitschaft zur Kooperation nicht bedeutet, dass jemand die Wahrheit sagt, und die Dame nur etwas genauer unter die Lupe genommen, dann hätten wir uns eine Menge Zeit und Geld gespart. Die Informationen, die diese Frau geliefert hatte, klangen wirklich gut und plausibel, sie hatte uns damit aber einfach nur einen mächtigen Bären aufgebunden. Ich wollte, ich könnte behaupten, dieser Vorfall hätte sich ganz am Anfang meiner Karriere ereignet, aber leider ist dem nicht so. Ich bin weder der erste noch der letzte Verhörexperte, der einem vermeintlich kooperativen Informanten auf den Leim gegangen
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