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Menetekel

Menetekel

Titel: Menetekel
Autoren: Raymond Khoury
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nur ihr Schiff und dieses   …
was war das bloß?
Ihr fiel einfach keine angemessene Bezeichnung dafür ein. Es schimmerte noch immer hell, beinahe schien es transparent. Seine Konsistenz erinnerte sie an eine riesenhafte, in der Luft schwimmende Tiefseequalle. Außerdem schien es zu rotieren, ganz langsam nur, was dem Ganzen dreidimensionale Tiefe verlieh.
    Und irgendwie wirkte es
lebendig
.
    Gracie schob ihre widersprüchlichen, befremdlichen Gedanken beiseite und versuchte, die Größe abzuschätzen. Wie ein Heißluftballon, dachte sie erst, dann korrigierte sie ihre Einschätzung nach oben. Wie ein gigantisches Silvesterfeuerwerk. Es war riesig, aber ohne direkte Vergleichsmöglichkeit schwer einzuschätzen. Sie maß die Eisklippe ab, die an die fünfzig Meter hoch war. Das Licht schien ungefähr dieselbe Größe zu haben, fünfzig Meter Durchmesser also, vielleicht sogar mehr.
    Dalton sah vom Sucher auf und fragte: «Meinst du, es könnte irgendein seltenes Polarlicht sein?»
    An so etwas hatte sie auch schon gedacht: ein Trugbild vielleicht, hervorgerufen durch eine Spiegelung des Lichtsim Eis. In der Antarktis ging die Sonne während des südlichen Sommers nie unter. Am «Tag» stand sie ein bisschen höher, in der «Nacht» ein bisschen tiefer am Horizont, das war alles. Das war gewöhnungsbedürftig und verwirrte einen immer mal wieder, aber Gracie konnte sich nicht vorstellen, dass es sich damit erklären ließ.
    «Schon möglich», antwortete sie nachdenklich, «aber dafür ist es gar nicht die richtige Jahreszeit   … Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Polarlichter nur im Dunkeln auftreten.»
    «Gracie?» Roxberry, der auf eine Antwort wartete. Zum zweiten Mal war ihr entglitten, dass sie auf Sendung war.
    Die ganze Welt sah ihr zu.
    Grundgütiger.
    Sie versuchte sich zu entspannen und setzte trotz ihres inneren Aufruhrs ein Kameralächeln auf. «Das hier ist   … es ist ziemlich aufregend, Jack. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Vielleicht weiß jemand anders hier auf dem Schiff, was das ist; wir haben eine ganze Menge Experten an Bord.»
    Dalton hob sein Stativ, und während er mit der Kamera verfolgte, wie sie zu den Wissenschaftlern und Besatzungsmitgliedern hinüberging, versuchte er gleichzeitig, die Erscheinung im Bild zu behalten.
    Die anderen diskutierten erhitzt, und ihre Körpersprache beunruhigte Gracie. Wenn das hier ein seltenes, aber natürliches Phänomen gewesen wäre, hätten sie anders reagiert. Irgendwie hatte Gracie den Eindruck, dass ihnen dieser Anblick Unbehagen bereitete, ja, sie regelrecht verstörte.
    Die haben auch keine Ahnung, was das ist.
    Einer der Wissenschaftler, der die Erscheinung durchein Fernglas betrachtete, drehte sich zu Gracie um und sah sie an. Es war Jeb Simmons. Sie hatte den schon etwas älteren Wissenschaftler bei ihrer Ankunft kennengelernt. Ihm stand dieselbe Verwirrung, dieselbe Beklommenheit ins Gesicht geschrieben, die auch sie empfand.
    Gerade als sie etwas sagen wollte, ging erneut ein Raunen durch die Menge. Sie wandte sich noch rechtzeitig herum, um mitzubekommen, wie das schimmernde Etwas plötzlich pulsierte. Einen Herzschlag lang leuchtete es gleißend auf und verblasste dann wieder zu einem perlmuttartigen Schimmern.
    Gracie sah Simmons an, als Roxberry in ihrem Ohr aufgeregt fragte: «War das gerade ein Auflodern?»
    Das Bild, das er auf den Schirm bekam, war vermutlich körnig, vielleicht sogar verwackelt. Bei der Liveübertragung ins Studio büßte Daltons hochaufgelöstes Kameramaterial viel von seiner Qualität ein.
    «Jack, ich weiß nicht, wie deutlich diese Bilder zu Ihnen durchkommen, aber ich versichere Ihnen, der Anblick hier vor Ort lässt sich mit nichts vergleichen, was ich je gesehen habe.» Sie gab sich alle Mühe, ihren gelassenen Gesichtsausdruck beizubehalten, aber ihr Herz raste. Das ungute Gefühl vertiefte sich.
    Plötzlich hatte sie eine Idee und wandte sich an Finch und Dalton: «Wie schnell könnt ihr den Vogel hochkriegen?»
    Finch nickte nur und sah zu Dalton. «Wir sollten es ausprobieren.»
    «Wir schicken die Skycam aus, vielleicht sehen wir dann klarer», erklärte Gracie in Richtung Kamera, beeilte sich, dasMikrophon auszuschalten, und wandte sich mit einem nervösen Lächeln an Simmons: «Sagen Sie mir, dass Sie wissen, was das ist.»
    Simmons schüttelte den Kopf. «Wenn ich das bloß könnte. Ich habe so etwas wie das hier noch nie gesehen.»
    «Sie waren schon öfter hier, richtig?»
    «Aber ja. Das
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