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Memoria

Memoria

Titel: Memoria
Autoren: Raymond Khoury
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teils zum Vergnügen. Dann würden sie die Kettensäge holen und mir schließlich zum Fototermin meinen Kopf in den Schoß legen. Und das Schlimmste war, mein Heldentod wäre sinnlos. McKinnons Arbeit würde weiterleben. Und allem Anschein nach zu einem düsteren Ruhm gedeihen.
    Wieder ertönte knisternd Munros Stimme und hallte in meinem Schädel wider. «Von mir aus, vermasseln Sie’s. Geht auf Ihre Kappe, Mann. Ich bin draußen.»
    In diesem Moment gab es in meinem Kopf einen Kurzschluss.
    Es war, als ob eine urzeitliche Entschlossenheit jeglichen Widerstand in meinem Inneren umging und alles, was mich als Menschen ausmachte, einfach ausschaltete. Wie in einer außerkörperlichen Erfahrung sah ich zu, wie meine Hand sich roboterhaft hob, genau zwischen McKinnons schreckgeweitete Augen zielte und abdrückte.
    Der Kopf des Wissenschaftlers wurde mit einem Ruck zurückgerissen, eine dunkle Masse spritzte an den Schrank hinter ihm, dann kippte der leblose Körper einfach zur Seite.
    Ich brauchte nicht nach dem Puls zu tasten.
    Ich wusste, der Schuss war tödlich.
    Mein Blick hing noch für eine lange Sekunde an dem Toten, dann sagte ich heiser ins Mikro: «Ich komme jetzt raus.» Ich atmete tief durch, riss die Zünder aus zwei Brandgranaten und warf sie nach den
pistoleros,
die Jagd auf mich machten. Dann sprang ich auf, feuerte eine Salve hinter mich und rannte zum Ausgang. An der Tür blieb ich kurz stehen und warf einen letzten Blick zurück, ehe ich hinausstürmte. Im selben Moment ging der Raum hinter mir in Flammen auf.

III
    Los Angeles, Kalifornien
Vor sechs Monaten
    In seinem Eckbüro in der zwanzigsten Etage des Edward R. Roybal Federal Building starrte Hank Corliss auf seinen Monitor und brütete über den letzten Hintergrundinformationen, die er zutage gefördert hatte. Dann lehnte er sich zurück, drehte sich auf seinem Stuhl zum Fenster und betrachtete stirnrunzelnd seine zitternden Finger.
    Er ist es.
    Wieder.
    Corliss ballte die Fäuse, fest, atmete ein paarmal langsam und tief durch und versuchte, die Wut, die in ihm tobte, zu zügeln.
    Ich muss etwas unternehmen.
    Ich muss dieser Sache ein Ende machen.
    Ich muss dafür sorgen, dass er bezahlt.
    Seine Knöchel waren weiß.
    Corliss, Special Agent in Charge der DEA -Dienststelle in LA und Leiter der OCDETF , wandte sich um und blickte auf den Plasmabildschirm gegenüber von seinem Schreibtisch. Vier Tage zuvor waren die Nachrichten noch voll von Berichten über die jüngste Gräueltat gewesen, doch jetzt waren die endlosen Wiederholungsschleifen, mit denen Kabelsender anscheinend irgendwie Profit machten, noch geistloseren und weniger relevanten gelegentlichen Meldungen gewichen.
    Er seufzte erschöpft und veränderte seine Sitzhaltung, wobei ein vertrauter Schmerz durch sein Rückgrat fuhr. Er schloss die Augen, um den Schmerz zu verdrängen, und grübelte über das nach, was er eben gelesen hatte.
    Der Überfall hatte sich weiter oben an der Küste ereignet, im Schultes Ethnomedicine Institute. Das Institut, dreißig Meilen nordwestlich von Santa Barbara direkt am Meer gelegen, war ein hochmodernes Forschungszentrum, in dem nach neuen Heilmitteln für unterschiedlichste Krankheiten gesucht wurde – oder genauer, nach alten Heilmitteln, die in der modernen Welt bisher nicht bekannt waren. Die Forscher dort – Mediziner, Pharmakologen, Botaniker, Mikrobiologen, Neurobiologen, Linguisten, Anthropologen, Ozeanographen und andere – bereisten die ganze Welt. Sogenannte Bioprospektoren machten Eingeborenenstämme ausfindig, die bisher von der Außenwelt abgeschnitten waren, lebten eine Zeitlang mit ihnen und versuchten, die Gunst der Medizinmänner zu gewinnen. Sie hofften, von ihnen etwas über alte Behandlungsmethoden und Heilmittel zu erfahren, die über viele Generationen hinweg überliefert waren. In dem Forschungszentrum gab es eine Anzahl Ärzte und Geisteswissenschaftler von Weltrang, die nicht nur herausragende Wissenschaftler, sondern auch große Abenteurer waren und sich vor Urwaldexpeditionen nicht scheuten – lauter Indiana Joneses des wirklichen Lebens, deren Überlebenskünste sich auszahlten, wenn es darum ging, tief in die Regenwälder des Amazonasbeckens vorzudringen oder in dünner Bergluft zu Dörfern hoch in den Anden hinaufzuklettern.
    An jenem schicksalhaften Montag hatten ihre Überlebenskünste ihnen nicht viel genutzt.
    Gegen zehn Uhr morgens waren zwei Geländewagen am Eingangstor des Instituts vorgefahren. Der
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