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Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Memento - Die Überlebenden (German Edition)

Titel: Memento - Die Überlebenden (German Edition)
Autoren: Julianna Baggott
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der Boden unter dem Gewicht der Trümmer eingestürzt und in den Keller gefallen ist, bewegt sich etwas. Ein kleiner schwarzer Metallkasten mit Roboterarmen und vielen Rädern. Er buddelt und gräbt und räumt sich mit ruckenden Zahnrädern einen Weg nach oben. Die Lampen an der Oberseite des Kastens flackern, dann erlöschen sie.
    »Was ist das?«, fragt Pressia.
    »Vielleicht eine Blackbox«, sagt Bradwell. »Die Sorte von Apparat, die früher in Flugzeuge eingebaut wurde und einen Absturz überstehen konnte. Sie hat alles aufgezeichnet, sämtliche Fehler, die gemacht wurden oder an der Maschine aufgetreten sind, um daraus zu lernen und zu verhindern, dass sie noch mal gemacht werden.« Die Deckenbalken über ihnen knacken. Bradwell macht einen Schritt auf die Blackbox zu.
    Die Maschine weicht vor ihm zurück.
    Wind weht durch das Haus.
    »Wohin will sie jetzt?«, fragt Pressia.
    »Wahrscheinlich hat sie einen Heimatort einprogrammiert.«
    Einen Heimatort? Die Blackbox kommt ohne jeden Zweifel aus dem Kapitol, und das erinnert Pressia daran, dass sie keine Heimat mehr hat. Nicht mehr.
    Die Deckenbalken knacken und knirschen. Pressia sieht nach oben zur Decke. »Sie wird einstürzen«, sagt sie.
    Bradwell springt nach der Blackbox, packt den Metallkasten und drückt ihn an sich.
    Sie rennen aus dem Haus und ins hohe Gras, wo sie nebeneinander in Deckung gehen. Beide sind außer Atem.
    Das Haus knarrt und ächzt, die Bretter und Balken splittern. Dann geben sie nach, und in einer schweren Staubwolke stürzt endlich auch der Rest des Hauses in sich zusammen.
    »Bist du verletzt?«, fragt Bradwell.
    Pressia fragt sich, ob er sie erneut küssen will. Wird so ihr Leben von jetzt an aussehen? Wird sie sich ständig fragen, wann er sich wieder zu ihr herabbeugen wird? »Und du?«
    Er schüttelt den Kopf. »Wir haben keine Wahl«, sagt er. »Wir müssen auf uns aufpassen, richtig?«
    Sie sind Überlebende. Das ist es, womit sie sich auskennen. Er steht auf, streckt ihr die Hand entgegen. Sie nimmt sie und zieht sich daran hoch.
    Sie sehen die anderen auf dem Feld vor dem Haus. Es ist so kalt geworden, dass ihr Atem in der Luft dampft, kaum sichtbar im Rauch, der von den Trümmern aufsteigt.
    Bradwell hält die Blackbox an die Brust gedrückt. Er streichelt Pressias Gesicht mit den rauen Knöcheln seiner freien Hand.
    »Du hast gesagt, du wärst aus deinen eigenen, egoistischen Gründen bei uns geblieben. Du hast gesagt, du hättest welche«, sagt sie.
    »Hab ich auch.«
    »Ach ja? Und welche?«
    »Dich. Du bist mein egoistischer Grund.«
    »Sag mir, dass wir eines Tages so was wie ein Zuhause finden«, verlangt sie.
    »Das werden wir«, sagt er. »Ich verspreche es.«
    Sie begreift, dass sie Bradwell in diesem Augenblick so bedingungslos lieben kann, weil sie weiß, dass dieser Augenblick nicht von Dauer sein wird. Sie glaubt ihm sein Versprechen, für den Moment, und lässt sich von ihm halten. Sein Herz schlägt ruhelos wie die Flügel der Vögel auf seinem Rücken. Sie stellt sich vor, wie der Ruß die Erde erneut bedecken wird, schwarzer Schnee, eine Decke aus Asche.
    Plötzlich bewegt sich erneut etwas unter den Ruinen des eingestürzten Hauses. Eine weitere Blackbox gräbt sich aus dem Keller frei und bahnt sich ihren Weg auf dürren Beinen und Armen nach oben. Und dann geraten die verkohlten Balken vollends in Bewegung, und eine nach der anderen ziehen sich weitere Blackboxes aus den Trümmern.
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