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Meleons magische Schokoladen

Meleons magische Schokoladen

Titel: Meleons magische Schokoladen
Autoren: Ann-Merit Blum
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mir.“ Er leckte sich Tränen von den Lippen. „Auch die beiden ganz Kleinen. Und deswegen hoffe ich, dass seine Rache das Schrecklichste wird, das eine Welt jemals gesehen hat.“
    Isabell schüttelte den Kopf, holte ein frisches Handtuch, brachte Niklas dazu, sich das Gesicht abzuwaschen und spendete ihm den wirksamsten Trost, den Meleons Kunst bereit hielt: Weiße Kirschtrüffel, wirksam gegen jeden Kummer und sanft beruhigend.
    Niklas aß ein halbes Dutzend der perfekt gerundeten Kugeln und saß dann gebeugt wie ein alter Mann am Tisch, tränenlos, aber immer noch mit spürbarer Wut. Gegen Wut kannte Isabell kein ebenso probates Mittel.
    „Wohin kann Meleon unterwegs sein?“, fragte sie, um ihn abzulenken.
    Niklas hob die Schultern.
    „Ich weiß es nicht. Aber ich glaube, er hat die Schwelle überschritten.“
    „Was meinst du damit?“, fragte Isabell beunruhigt.
    „Die Schwelle zu unserer Welt“, präzisierte Niklas. „Ich wünschte, ich könnte schneller lernen. Dann wäre ich schon ein Zauberer und würde ihn begleiten. Wir würden sie zurückschlagen, das Reich wiedererobern und noch einmal glücklich sein. Bis an unser Lebensende.“ Er wischte sich die Nase mit dem Handrücken. „Aber so ist es nicht. Ich bin nicht klug genug und meistere die hohen Künste nur mühsam. Es wird Jahre dauern, ehe ich an seiner Seite kämpfen kann.“
    „Darüber immerhin sollten wir froh sein“, sagte Isabell. „Mir gefällt das ganze Gerede über Kampf und Rache nicht. Räum nun fertig auf und lass uns überlegen, wie wir das Haus für die Nacht sichern können!“

    Immer noch beunruhigt verließ sie eine halbe Stunde später Meleons Pralinengeschäft und lief durch die nur wenig erhellten Straßen heimwärts. Ihre Eltern würden ungehalten sein, denn sie war über die Zeit ausgeblieben. Sie konnte behaupten, sie habe mit der Französischlehrerin noch ein Schwätzchen gehalten und so ernsteren Tadel vermeiden.
    Ganz in Gedanken überquerte sie das Gässchen, das zur Kirche hinauf führte, und erschrak, als sich plötzlich eine dunkle Gestalt aus den Schatten löste und den Hut zog.
    „Verzeihen Sie, dass ich mich noch einmal aufdränge…“
    „Ich verzeihe nicht!“, schnappte Isabell. „Es ist ganz genau, wie Sie selbst einräumen: Sie drängen sich auf. Verschwinden Sie, oder ich schreie!“
    „Oh, bitte“, sagte Phineas. „Ich möchte doch nicht mehr, als Sie sicher nach Hause geleiten und dabei einige Worte mit Ihnen wechseln.“
    „Ich hingegen möchte nichts davon!“
    „Meleon versteht es, Sie gegen mich einzunehmen und das verüble ich ihm nicht einmal. Aber das befreit mich nicht von der Verpflichtung, Sie vor einer großen Gefahr zu warnen.“
    Isabell ging weiter und zwang ihn damit, hinter ihr herzulaufen.
    „Hören Sie! Ich kann mir denken, was Meleon Ihnen erzählt hat…“
    „Herr Meleon hat mir nichts erzählt“, sagte Isabell und eilte weiter.
    „Umso schlimmer.“ Phineas bemühte sich, gleichauf zu kommen, doch das Trottoir war zu schmal und er musste auf die Straße hinunter, was den Größenunterschied ausglich und ihn weniger bedrohlich erscheinen ließ. „Ich möchte Ihnen doch nur helfen.“
    Isabell beschleunigte ihre Schritte so sehr, dass sie beinah schon rannte. Phineas hielt mühelos Schritt.
    „Bitte, erlauben Sie ihm niemals, Sie beim Vornamen zu nennen! Verbieten Sie ihm…“
    Isabell fuhr herum und ihre behandschuhte Hand traf ihn so fest auf den Mund, dass es vernehmlich klatschte.
    „Es genügt vollkommen, dass Sie mir gegen meinen Willen folgen. Aber ich dulde nicht länger, dass Sie fortgesetzt unverschämt werden. Ich bin weit davon entfernt, mit Herrn Meleon vertrauliche Anreden zu tauschen, doch selbst wenn es mir in den Sinn käme, wäre das nicht Ihre Sache. Jeder Satz aus Ihrem Mund ist eine Ungeheuerlichkeit. Ich werde bei der Polizei Klage über Sie führen und darauf bestehen, dass man Sie aus meiner Nähe fernhält.“
    „Fräulein Fechter…“
    Isabell stürmte davon und diesmal blieb er hinter ihr zurück. Keuchend langte sie an der Haustür an und bemühte sich zu Atem zu kommen. Soweit das Licht der Laternen reichte, war niemand zu sehen. Trotzdem zitterten ihr die Hände.
    Sie versuchte, ihr Zimmer zu erreichen, doch auf halber Treppe rief sie die Stimme ihrer Mutter zurück.
    „Isabell! Darf ich fragen, wo du zu dieser Uhrzeit herkommst?“
    Seufzend nahm Isabell den Hut ab und ging wieder in die Halle hinunter, um die Standpauke über
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